Notfall & Hausarztmedizin 2009; 35(4): 219
DOI: 10.1055/s-0029-1222515
Forum der Industrie

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Hätten Sie daran gedacht? - Wenn scheinbar einfache pneumologische Fälle plötzlich knifflig werden ...

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Publication Date:
02 May 2009 (online)

 
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Detektivischer Spürsinn war bei einer Kasuistikkonferenz auf dem 50. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. gefragt. Mit der Fragestellung "Der spannende Fall - hätten Sie es gewusst?" traten 4 Pneumologen aus Praxis und Klinik an und präsentierten ihren Kollegen interessante, ungewöhnliche und schwierige pneumologische Kasuistiken. Auf den ersten Blick sahen die Fallbeispiele fast simpel aus, die tatsächliche Diagnose und damit die Auflösung der Fälle bot jedoch einige Überraschungen - wie zum Beispiel der Fall einer 14-jährigen Asthmapatientin, die seit 3 Monaten unter Reizhusten und nächtlicher Atemnot litt, den Dr. Heiner Steffen, Landsberg, vorstellte.

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Warum hilft selbst die intensivierte Asthmatherapie nicht?

Bei gutem Allgemeinzustand war die Patientin 1,50 Meter groß, 42 Kilogramm leicht. Fieber hatte sie nicht. Eine Lungenfunktionsprüfung bestätigte die reversible Obstruktion der Atemwege durch das Asthma, zeigte aber nichts Akutes. Um die Symptome in den Griff zu bekommen, intensivierte Steffen zunächst die bestehende antiasthmatische Behandlung des Mädchens. Es erhielt zusätzlich ein lang wirksames Betamimetikum. Zudem verordnete der Kinderarzt 2-mal täglich 100 µg inhalatives Beclamethason.

"Damit ging es dem Mädchen ganz gut", meinte Steffen, "jedenfalls 9 Monate lang. Dann kam sie wegen wochenlanger massiver Hustenattacken mit gelblichem Auswurf wieder, und sie litt erneut tags und nachts unter Dyspnoe." Daraufhin veranlasste der Pädiater einen Röntgenthorax. Das Bild zeigte oberfeldbetonte, zum Teil retikuläre, zum Teil alveoläre Einlagerungen. Im Labor wurden weder eine Entzündung noch erhöhte Immunglobuline gefunden.

An diesem Punkt, an dem "alles nicht mehr so recht zum Asthma passte", ließ Steffen bei dem untergewichtigen Mädchen schließlich einen Schweißtest machen: "Sie hat neben ihrem Asthma noch eine Mukoviszidose", so der Pneumologe.

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Infokasten

Weitere interessante und kniff elige Fallbeispiele und Informationen finden sich in dem Buch "Pneumologische Kasuistiken. Hätten Sie es gewusst?" aus dem Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle, München – Orlando (ISBN 978-3-87185-385-2) oder unter www.forum-lunge.de.

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Die Banane im Bami Goreng löste den Allergieanfall aus

Auch der Fall von Dr. Jan Baltsch aus Pulheim scheint auf den ersten Blick ganz klar. Er berichtete von einer 56-jährigen Frau, die beim Verspeisen von Bami Goreng in einem chinesischen Restaurant Atemnot, Schweißausbrüche, Unwohlsein und Schwäche erlitt. Nach einer halben Stunde waren diese Symptome wieder verschwunden. Die naheliegende Diagnose, ein sogenanntes "China-Restaurant-Syndrom", genauer eine Glutamat-Unverträglichkeit, schloss Baltsch allerdings schnell aus, da die Frau sonst problemlos in asiatischen Restaurants aß und zu Hause oft und gern mit Maggi würzte.

Ein Prick-Test ergab eine starke Reaktion auf Latex sowie eine mittelgradige auf Curry, Äpfel und Kümmel. Und ein spezifischer Antikörpertest bestätigte die Latexallergie und zeigte auch Antikörper gegen Gräser, Erle, Kokosnuss und Grapefruit. Baltsch befragte die Frau nun noch genauer und erfuhr, dass sie 6 Jahre zuvor auf eine Avocado allergisch reagiert hatte.

Schließlich fragte er bei dem Koch des Restaurants nach dem Rezept des Gerichts: Das Bami Goreng wird dort mit viel Banane zubereitet. Damit war Baltsch die Diagnose klar: Kreuzallergie gegen Latex, Banane und Avocado. Weitere häufige Kreuzallergien zu Latex sind nach seinen Worten Tomate, Kartoffel, Ananas und Kiwi.

Simone Reisdorf, Erfurt- Linderbach

Quelle: 4. Interaktive Pneumologische Kasuistikkonferenz, veranstaltet vom Forum Lunge im Rahmen des 50. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP); Sponsor: MEDA Pharma, Bad Homburg