PiD - Psychotherapie im Dialog 2009; 10(4): 325-330
DOI: 10.1055/s-0029-1223388
Aus der Praxis

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Autonomie und Empathie

Komplementäre Schlüsselkonzepte in der Behandlung chronisch Schmerzkranker[1] Nikola  Biller-Andorno, Anna-Karina  Jakovljevic
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Publikationsdatum:
20. November 2009 (online)

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Zusammenfassung

Chronischer Schmerz stellt in therapeutischer, aber auch in medizinethischer Hinsicht eine beträchtliche Herausforderung dar. So wirft der Umgang mit chronischen Schmerzpatienten eine Vielzahl an problematischen Konstellationen auf, die im Beitrag mit Blick auf ihre ethische Dimension – insbesondere die Rolle von Autonomie und Empathie – exploriert werden. Einleitend werden zunächst maßgebliche theoretische und institutionelle Entwicklungen im Umgang mit chronischen Schmerzpatienten identifiziert: die Modulierbarkeit des Schmerzerlebens, das biopsychosoziale pathogenetische Konzept und das Setting multidisziplinärer Schmerzkliniken. In einem weiteren Schritt werden medizinethische Konfliktkonstellationen beschrieben und analysiert, welche unter den Vorzeichen einer an Ganzheitlichkeit und Multidisziplinarität orientierten Behandlung auftreten können. Dabei steht der Konflikt zwischen einer Orientierung am Patientenwohl und dem Respekt vor der Autonomie und der Authentizität der Patienten im Vordergrund. Schließlich wird aufgezeigt, wie Empathie und Fürsorge (care) zur Vermeidung der beschriebenen Konfliktkonstellationen beitragen können.

1 Danksagung: Unser herzlicher Dank gilt Herrn Dr. Jörg Klein für intensive und einsichtsreiche Gespräche zur Behandlung chronisch Schmerzkranker ebenso wie Frau Dr. Margaret Caudill, welche NBA während mehrerer Aufenthalte an der Harvard Medical School als Mentorin begleitet hat. Ihr genuines Anliegen, das Wohl ihrer Patienten zu befördern durch umfassende medizinische Behandlung einerseits und durch Empowerment andererseits, die Treffsicherheit ihres klinischen Urteils und ihre Offenheit als Gesprächspartnerin waren eine nachhaltige Quelle der Inspiration.

Literatur

1 Danksagung: Unser herzlicher Dank gilt Herrn Dr. Jörg Klein für intensive und einsichtsreiche Gespräche zur Behandlung chronisch Schmerzkranker ebenso wie Frau Dr. Margaret Caudill, welche NBA während mehrerer Aufenthalte an der Harvard Medical School als Mentorin begleitet hat. Ihr genuines Anliegen, das Wohl ihrer Patienten zu befördern durch umfassende medizinische Behandlung einerseits und durch Empowerment andererseits, die Treffsicherheit ihres klinischen Urteils und ihre Offenheit als Gesprächspartnerin waren eine nachhaltige Quelle der Inspiration.

2 Im nachfolgenden Text wird in der Regel die männliche Form verwandt.

3 Vgl. http://www.paineurope.com/index.php?q=en/book_page/pain_in_europe_survey (letzter Zugriff am 2. Juli 2009).

4 Die eben genannten Faktoren mögen als pathogenetische Kofaktoren immer noch eine Rolle spielen, aber eben nicht mehr als ausschließliche Erklärungsansätze.

5 Dabei sollen keineswegs die theoretischen und praktischen Errungenschaften im Umgang mit chronischen Schmerzpatienten infrage gestellt werden.

6 Es handelt sich um Gespräche mit Betroffenen, die NBA u. a. während ihrer Zeit als postdoctoral research fellow an der Harvard Medical School und auch danach im Zusammenhang mit ihrer medizinethischen Tätigkeit geführt hat. Es werden in der Aufstellung nur einige Momente wiedergegeben, die Patienten berichtet haben, ohne dass die Perspektive des ärztlichen Gegenübers eingeholt wurde. Intendiert sind somit keine Aussagen über die Qualität der jeweiligen ärztlichen Versorgung, sondern das Aufzeigen möglicher Gefahren angesichts der Vulnerabilität chronisch Schmerzkranker im jeweiligen, durch theoretische Konzepte und institutionelle Vorgaben mitgeprägten Kontext.

7 Damit soll nicht gesagt sein, dass chronischer Schmerz in jedem Falle eine biopsychosoziale Genese hat, wohl aber, dass jeder chronisch Schmerzkranke in biopsychosozialer Hinsicht tangiert ist.

8 Übersetzung NBA.

Prof. Dr. med. Dr. phil. Nikola Biller-Andorno

Direktorin
Institut für Biomedizinische Ethik
Universität Zürich

Zollikerstraße 115

8008 Zürich, Schweiz

eMail: biller-andorno@ethik.uzh.ch

Anna-Karina Jakovljevic, M. A.

Universität Göttingen
Ethik und Geschichte der Medizin

Humboldtallee 36

37073 Göttingen

eMail: ajakovl@gwdg.de