Notfall & Hausarztmedizin 2009; 35(6): 295
DOI: 10.1055/s-0029-1233545
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Die Haut – ein interdisziplinäres Grenzorgan

Peter Altmeyer
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Publication Date:
30 June 2009 (online)

Hautkrankheiten werden oft als Ausschlag oder Pickel bezeichnet. In der Fachsprache ist von Ekzem, Exanthem oder Effloreszenzen die Rede – Ausdrücke, mit denen wir seit über 2000 Jahren Krankheitserscheinungen der Haut beschreiben. Ihren Ursprung haben diese Begriffe in der Theorie des inneren Gleichgewichts, zu dessen Erhaltung die Haut als Hülle und Austauschoberfläche mit der Umwelt beiträgt. Die Haut des Menschen ist jedoch viel mehr als eine bloße Hülle. Sie ist ein komplexes Organ und ein wahres Multitalent.

Als äußeres Grenzorgan wehrt die Haut physikalische oder chemische Einflüsse ab und leitet Empfindungen wie Kälte oder Wärme. Sie hat Sinnesorgane, mit denen sie Reize wahrnehmen kann, die zu Gänsehaut, Erblassen oder Erröten führen. Sie beteiligt sich am Stoffwechsel durch die Bildung des lebenswichtigen Vitamin D. Sie nimmt mit speziellen Zellen an der Immunabwehr des Körpers teil und schützt uns vor Bakterien, Viren und Antigenen. Dabei wird sie gescheuert, geschert, gepresst und gestreichelt. Um dies alles ein Leben lang zu überstehen, muss die Haut sich immer wieder kontrolliert selbst erneuern.

Letztlich ist die Haut ein Organ, das verschiedene medizinische Fachdisziplinen verbindet. Hier zeigen sich Zeichen für Erkrankungen innerer Organe, maligne Prozesse, psychische Störungen oder Beeinträchtigungen des Blut- oder Lymphabflusses. Die Haut wird daher nicht ausschließlich von Dermatologen behandelt. Zwar ist nicht zu verlangen und auch nicht wünschenswert, dass Chirurgen, Internisten oder Allgemeinmediziner alles über Hauterkrankungen wissen – dies ist Aufgabe des Dermatologen –, doch sie sollten sie erkennen, ihre Gefährlichkeit einordnen können und den Patienten beraten, wann ein dermatologischer Fachkollege hinzuzuziehen ist.

Auch wenn sie „nur“ die Haut betreffen, sind Hauterkrankungen keinesfalls immer harmlos. Insbesondere maligne Hauttumoren, allen voran das maligne Melanom, das Basalzell- oder das Plattenepithelkarzinom, chronische oder chronisch-rezidivierende Hauterkrankungen, die zur Generalisation neigen wie das atopische Ekzem oder die Psoriasis, aber auch schwere Arzneimittelnebenwirkungen können sowohl akut als auch dauerhaft zu schweren Beeinträchtigungen führen und sollten daher schnellstmöglich diagnostiziert und fachgerecht behandelt werden.

In den letzten Jahrzehnten hat die Forschung im Bereich der Dermatologie eine enorme Entwicklung erfahren und die Pathogenese zahlreicher lange bekannter Erkrankungen (wie z.?B. die Psoriasis) deutlich erhellt. Aus den gewonnenen Erkenntnissen ergaben sich hilfreiche Ansätze für moderne Therapieoptionen. Eine rein externe Therapie reicht für viele Erkrankungen nicht aus, die sich zwar an der Haut manifestieren, deren Ursprung aber nicht in der Haut selbst zu suchen ist. Moderne Systemtherapien und multimodale Therapiekonzepte sind demnach auch in der Dermatologie gefragt.

Ein weiterer wichtiger Ansatz der modernen Dermatologie ist die Prävention. Hier stehen vor allem die Hautkrebserkrankungen im Fokus. Obwohl die meisten Menschen in Deutschland mittlerweile um die Gefahren des Hautkrebses wissen und auch die Sonne bzw. die UV-Strahlung als wesentliche Gefährdungsfaktoren kennen, werden die entsprechenden Schutzmaßnahmen zugunsten einer – nach Einschätzung vieler Patienten – besseren Lebensqualität (Sonne, Sonnenbank etc.) vernachlässigt.

Prof. Dr. Peter Altmeyer

Bochum

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