Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2009; 44(9): 568-577
DOI: 10.1055/s-0029-1241160
Fachwissen
Schmerztherapie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Schmerztherapie bei Osteoporose – Medikamentöse Konzepte: Nutzen und Risiken

Osteoporosis Pain ManagementGerhard Dinges
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Publikationsdatum:
11. September 2009 (online)

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Zusammenfassung

Die Osteoporose ist eine Volkskrankheit mit erheblicher gesundheitsökonomischer Bedeutung. In Deutschland sind etwa 8 Mio. Menschen erkrankt. Ein großer Anteil dieser Patienten leidet unter akuten und/oder chronischen Schmerzen infolge von osteoporotischen Frakturen und muskuloskeletalen Fehlfunktionen. Die Schmerztherapie folgt den Regeln der Akut– und der chronischen Schmerztherapie; Wirkungen und Nebenwirkungen der eingesetzten Medikamente in Hinblick auf die Frakturheilung, Knochendichte und das Frakturrisiko sind zu bedenken.

Abstract:

Osteoporosis is a chronic disease with an enormous impact on health care costs. Approximately 8 Mio. people are affected in Germany. A reasonable part of them is suffering from acute and/or chronic pain due to osteoporotic bone fractures and musculosceletal malfunctioning. Therefore, pain therapy is based on the principles of acute pain treatment and chronic pain therapy.Drug effects and side effects have to be considered with respect to fracture healing, bone mineral density and fracture risk.

Kernaussagen

  • Osteoporose ist eine Volkskrankheit mit aktuell etwa 8 Mio. Erkrankten in Deutschland. Im Rahmen der demographischen Veränderungen wird die Osteoporose in Zukunft an Häufigkeit zunehmen.

  • Sturzprävention und damit Frakturprävention sind gesundheitsökonomisch von großer Bedeutung, da die Behandlungs– und sozialen Folgekosten im Bereich von einigen Milliarden Euro liegen.

  • Muskuloskeletale Schmerzen sind ein Leitsymptom der Osteoporose: An erster Stelle stehen akute und chronische Rückenschmerzen nach Wirbelfrakturen.

  • Die Behandlung der Osteoporose sollte idealerweise innerhalb eines interdisziplinären Netzwerks der beteiligten medizinischen Fachbereiche erfolgen.

  • Die Therapie akuter osteoporotischer Frakturen folgt den Grundsätzen der Akutschmerztherapie mit Nichtopioid–Analgetika, die bedarfsweise mit Opioiden kombiniert werden. Eine schmerzbedingte Immobilisierung kann so verhindert werden.

  • Ziele bei der Therapie chronischer Osteoporose–Schmerzen sind neben einer relevanten Schmerzreduktion eine Zunahme an Lebensqualität und der Erhalt der sozialen Aktivität.

  • Eine multimodale Schmerztherapie als effektivste Form moderner Schmerztherapie ist bei chronischen Osteoporose–Schmerzen und biopsychosozialen Konsequenzen angezeigt.

  • NSAID und Coxibe haben ein ähnliches kardiovaskuläres Risikoprofil. Naproxen und Celecoxib sind die Substanzen mit dem geringsten Risiko; dies ist bei den meist älteren Osteoporose–Patienten zu bedenken.

  • Eine Hemmung der COX–2 hat möglicherweise negative Auswirkungen auf die Frakturheilung.

  • Vor der Verordnung von Opioiden sind deren psychotrope Wirkungen (Sedierung, Vigilanzminderung) vor dem Hintergrund eines möglichen Sturzrisikos gegen die intendierte Schmerzlinderung abzuwägen.

  • Buprenorphin scheint als einziges Opioid nicht zu einem Anstieg der osteoporosebedingten Sturz– und Frakturrate zu führen.

  • Kyphoplastie und Vertebroplastie können bei Wirbelfrakturen zu einer effektiven Schmerzlinderung beitragen. Die Kyphoplastie hat hier ein günstigeres Nebenwirkungsspektrum. Langzeitergebnisse zur Beurteilung eines nachhaltig positiven Therapieeffekts stehen noch aus.

  • Psychotrope Medikamente wie Opioide, Antidepressiva, Hypnotika und Antikonvulsiva können – insbesondere in Kombination – zu einer Erhöhung des Sturz– und Frakturrisikos bei Osteoporose–Patienten führen.

Literatur

Dr. med. Gerhard Dinges

eMail: Gerhard.Dinges@med.uni-marburg.de