Psychiatr Prax 2009; 36(8): 405-406
DOI: 10.1055/s-0029-1242899
Mitteilungen der BDK

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BDK Herbsttagung 22./23. Oktober 2009 in Liebenburg

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Publikationsdatum:
13. November 2009 (online)

 
Inhaltsübersicht

Verantwortlich für diese Rubrik: Manfred Wolfersdorf, Bayreuth; Iris Hauth, Berlin

Neues Entgeltsystem Psychiatrie und Psychotherapie - Aktueller Stand

Die Entwicklung des neuen Entgeltsystems in der Psychiatrie und der Psychosomatik hat in den letzten Monaten Konturen angenommen, sodass die Bundesdirektorenkonferenz auf ihrer Herbsttagung in der Privatnervenklinik Dr. med. Kurt Fontheim (Chefarzt Prof. Dr. Pajonk) den aktuellen Stand der Entwicklung in den Mittelpunkt der Vorträge und Diskussionen gestellt hat.

Dankenswerterweise war der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Georg Baum, der Einladung nach Liebenburg gefolgt und berichtete in seinem ausführlichen, kenntnisreichen Vortrag zum Thema aus Sicht der DKG, der deutlich machte, dass er das Thema Entgeltsysteme Psychiatrie zur Chefsache gemacht hat. Gesetzlich vorgegeben ist zur Umsetzung des neuen Vergütungssystems ein ehrgeiziger Zeitplan, der bis Ende dieses Jahres die Vereinbarungen der Grundstrukturen des Vergütungssystems sowie des Verfahrens zur Ermittlung der Bewertungsrelation des neuen Entgeltes zwischen DKG und GKV vorsieht.

Im September 2012 werden die ersten Entgelte und deren Bewertungsrelationen verabschiedet, sodass am 1.1.2013 die budgetneutrale Phase der Umsetzung erfolgen wird, die, ähnlich wie in der Psychosomatik, durchaus mehrere Jahre der Konvergenz nach sich ziehen kann. Die Position der DKG ist, ein eigenständige Vergütungssystem für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen zu entwickeln. Die Eigenständigkeit bezieht sich vor allem auch in der Abgrenzung zu dem Entgeltsystem in der Somatik speziell zu den dort vorhandenen Fallpauschalen. Herr Baum sieht weiterhin gesetzgeberischen Handlungsbedarf bei den 2012 notwendigen ordnungspolitischen Rahmenbedingungen, wobei ausreichend Finanzmittel für die zukünftige Entwicklung zur Verfügung stehen müssen und eine ausreichende Übergangsphase für Krankenhäuser und Krankenkassen.

Das neue Vergütungssystem wird eine jährliche Weiterentwicklung und Anpassung erfahren, insbesondere an medizinische Entwicklungen, Veränderungen der Versorgungsstrukturen und Kostenentwicklungen. Die jährliche Anpassung der Relativgewichte und der Kalkulation der Entgelte wird auf der Grundlage der durch das InEK ermittelten empirischen Datenbasis erfolgen. Dazu sind tagesgenaue PsychPV-Einstufung der Patienten und der Abbildung der Leistungen durch OPS ab 1.1.2010 in allen Krankenhäusern durchzuführen. Darüber hinaus werden, wie beim DRG-Prozess, Kalkulationshäuser die ihrer Leistung zugrunde liegenden Kosten dem InEK übermitteln. Bei der sachgerechten Auswahl der Kalkulationshäuser wird auf Proporz zwischen Abteilungen an allgemeinen Krankenhäusern und Fachkrankenhäusern mit jeweils unterschiedlicher Trägerschaft Wert gelegt. Der Beginn der Kalkulation wird im Jahr 2012 auf Grundlage der Daten von 2011 erfolgen. Neben den stationären Leistungen werden von Beginn an die teilstationären Leistungen erhoben. Die Leistungen der PIA sind zunächst wegen der Komplexität der Materie zurückgestellt worden.

Am Ende seines Vortrags betonte Herr Baum, dass aus Sicht der DKG eine Begleitforschung frühzeitig etabliert werden müsse, um rechtzeitig einzuschätzen, welche Auswirkungen das neue Vergütungssystem auf die bestehenden Versorgungsstrukturen und die Qualität der Versorgung haben wird.

Im weiteren Verlauf der Tagung berichteten Prof. Kunze von der Aktion Psychisch Kranke (APK) und Frau Dr. Hauth über die Aktivitäten der Fachgesellschaften. Bereits im Spätsommer 2008 gründete sich eine Arbeitsgruppe der Fachgesellschaften Psychiatrie (DGPPN, BDK, ACKPA) unter Einbeziehung der Fachgesellschaften der Psychosomatik und der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Im April dieses Jahres suchte die Arbeitsgruppe den Kontakt zum InEK, BMG und DIMDI. Es erging der Auftrag an die Fachgesellschaften, Leistungsbeschreibungen im Sinne der OPS-Logik zu erstellen (Operationen - Prozeduren - Schlüssel)

Zwischen BMG, InEK und DIMDI sowie den Fachgesellschaften bestand Konsens, die Leistungsbeschreibungen in den Psych-Fächern nicht im Sinne einer Vielzahl von Einzel-OPS, wie im bisherigen OPS-Katalog, sondern als Komplexcodes wochenbezogen zu entwickeln. Dies erscheint sinnvoll wegen des komplexen multiprofessionellen Behandlungsangebots der akut und besonders auch chronisch kranken Patienten. Als Kriterien für die Komplexcodeentwicklung war vorgegeben, dass diese eine klare Zuordnung der erbrachten Leistungen abbilden, trennscharf für die Kostenkalkulation sind, möglichst geringen bürokratischen Aufwand haben, pro Woche abgebildet werden, Strukturmerkmale wie in der PschPV enthalten, sowie die Abbildung von Therapieleistungen differenziert nach Berufsgruppenzeiten und verschiedenen Therapiedosen enthalten. Das Problem, das in der Akutpsychiatrie viele Interventionen nicht in Zeittakten abzubilden sind, sondern es sich um kurze ungeplante Einzelkontakte handelt, ließ sich in der Kürze der Vorbereitungszeit nicht lösen. Bis zum 28.2.2010 nimmt das DIMDI die Weiterentwicklung der OPS an, bei der es gilt, die Besonderheiten der Psychiatrie besser abzubilden.

Nach einem intensiven Diskussionsprozess innerhalb der Fachgesellschaften wurden am 11.09.2009 beim DIMDI für die Psychiatrie und Psychotherapie 3 Komplex-OPS plus 3 Zusatzcodes eingereicht. Die Komplex-OPS beziehen sich zunächst auf Leistungen in der Regelbehandlung, Intensivbehandlung und Psychotherapie. Durch die Zusatzcodes werden aufwendige Einzelbetreuung, Krisenintervention und aufwendige Diagnostik abgebildet. Leider ließ sich im Verlauf der Diskussionen keine einheitliche Lösung mit den Verbänden der Psychosomatik finden, da diese auf eigenständige "closed shop")-OPS bestanden. Dies ist in Bezug auf die Psychotherapie nicht zu akzeptieren, da psychotherapeutische Leistung sowohl in der Psychiatrie als auch in der Psychosomatik stattfindet und nicht mit unterschiedlichen Codes beschrieben werden sollte. Die Diskussion über diese Fehlentwicklung muss in nächster Zeit auf allen Ebenen nachdrücklich fortgesetzt werden.

Zusammenfassend werden für die Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie ab 1.1.2010 folgende Aufgaben zu bewältigen sein:

  1. Tagesgenaue Einstufung der Patienten in die bekannten PsychPV-Behandlungsbereiche zu Beginn der Behandlung und bei jedem Wechsel.

  2. Codierung der am Patienten erfolgten Leistungen in die vom DIMDI und InEK überarbeiteten Komplexcodes, die am 30.10.2009 in den offiziellen OPS-Katalog übernommen werden (www.dimdi.de).

Sowohl die Übermittlung PsychPV-Behandlungsbereiche als auch der OPS-Komplexcodes werden über §21 KHG im Rahmen des §301 Datenfeldes an das InEK und die Krankenkassen erfolgen. Zur Datenübermittlung dienen die schon vorhandenen OPS-Felder, sodass dies weniger problematisch erscheint. Wichtig ist jedoch, dass die Übermittlung der PsychPV-Behandlungsbereiche nur zur Kalkulation dienen und nicht in den Jahren 2010-2012 für die Budgetverhandlungen genutzt werden. Dies wurde vom GKV-Spitzenverband zugesagt.

Für die Kliniken bedeutet dies für die nächsten Wochen, ihre Mitarbeiter zu informieren, zu schulen und in den Kliniken entsprechende Vorbereitungen zu treffen. Dazu gehört die Definition der Leistungen, deren Erfassung und Dokumentation sowie die Sammlung und Auswertung der Daten mit abschließender Codierung. Der enorme zeitliche Druck zur Umsetzung dieser Veränderungen wurde von der BDK beim BMG nachdrücklich aufgezeigt. Die kritische Sorge fand jedoch aufgrund des engen Zeittaktes, den die Gesetzgebung vorgesehen hat, kein Gehör, sodass allen Kliniken zu empfehlen ist, sich intensiv in den nächsten Wochen mit der Thematik zu befassen. Falls Beratungen notwendig sind, steht die Geschäftsstelle der BDK in Berlin (eMail: i.hauth@alexius.de) gern zur Verfügung.

Dr. med. Iris Hauth, Vorsitzende BDK