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DOI: 10.1055/s-0029-1243360
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Restenoseprophylaxe nach infrainguinaler PTA - Endovaskuläre Brachytherapie mit Rhenium-188
Publication History
Publication Date:
27 November 2009 (online)
- Problem: diabetischer Fuß
- Lösung: Endovaskuläre Brachytherapie mit Re-188
- Beschreibung der Rhenium-PTA
- Klinische Datenlage
- Vorteile des Verfahrens
- Anwendende Kliniken und Zulassung
- Korrespondenz
- Literatur


Die DiabetesStiftung DDS fördert die Gesundheitspflege in Klinik und Forschung insbesondere auf dem Gebiet der PräÂvention des Metabolisch-vaskulären Syndroms und Diabetes. Zur nachhaltigen Sicherung dieser Aufgabe pflegt die Stiftung Beziehungen u. a. zu den Einrichtungen, die sich der wissenschaftlichen Erforschung der mit dem Diabetes eng assoziierten vaskulären Komplikationen und ihren Behandlungsmöglichkeiten befassen. In diesem Zusammenhang besteht eine Kooperation mit der itm FlowMedical in Garching bei München, ITM Isotopen Technologien München AG und dem Klinikum Augsburg. Im folgenden Beitrag geht es um erste Ergebnisse einer neuen, innovativen minimal-invasiven Therapie der arteriellen Verschlusskrankheit, insbesondere auch bei Diabetikern.
In der diabetischen Bevölkerung beträgt die Prävalenz des Fußulkus 2-10 %. Eine entsprechende jährliche Inzidenz von 2-6 % wurde berichtet. Ulzerationen sowie Minor- und Majoramputationen stellen schwere Komplikationen des diabetischen Fußsyndroms dar. Unterschiedliche Risikofaktoren begünstigen die Entstehung einer Ulzeration oder die Notwendigkeit einer Amputation.
Zu den endogenen Hauptursachen gehören einerseits peripher neuropathische Veränderungen und andererseits durch eine periphere Verschlusskrankheit bedingte Durchblutungsstörungen. Weitere prädisponierende Faktoren sind Deformitäten, repetitive Traumata, vorangegangene Ulzerationen oder Amputationen sowie eine schlechte Diabeteseinstellung.
Problem: diabetischer Fuß
Bei vielen Diabetikern mit cruralen und pedalen Läsionen stellt die Arteriosklerose den Hauptrisikofaktor für das Ausbleiben der Wundheilung und eine evtl. Amputation dar. Zur Therapie der durch die Arteriosklerose verengten Gefäße stehen interventionelle und operative Revaskularisationsverfahren zur Verfügung. Bei beiden Verfahren wird der Erfolg entscheidend durch die Offenheitsrate bestimmt.
Die Offenheitsrate nach perkutaner transluminaler Angioplastie (PTA) im femoropoplitealen Stromgebiet wird von der Indikation (Claudicatio besser als kritische Ischämie), der Lokalisation (iliakal besser als femoropopliteal), der Art der Läsion (Stenose besser als Verschluss, kurzstreckig besser als langstreckig), und dem Run-off (guter Run-off = bessere Prognose) bestimmt [1]. In einem unselektionierten Patientengut (alle femoropoplitealen PTAs über 5 Jahre) zeigte sich nach 2 Jahren lediglich noch eine kumulative Offenheitsrate von 46 % [2]. Lange und komplexe femoropopliteale Stenosen erreichen nach PTA eine Offenheitsrate von nur 23 % nach einem halben Jahr beziehungsweise von 20 % nach 3 Jahren [3], [4].
Lösung: Endovaskuläre Brachytherapie mit Re-188
Nach der vorliegenden Datenlage stellt die endovaskuläre Brachytherapie (EVBT) das erste wirksame Therapiekonzept zur Vermeidung einer Restenose im peripheren Stromgebiet gerade bei diabetischen Patienten dar [5].
Trotz ihrer inzwischen gesicherten Wirksamkeit hat die endovaskuläre Brachytherapie peripherer Arterien zur Restenoseprophylaxe nach PTA bisher keinen Einzug in die klinische Versorgungsroutine gehalten. Gründe hierfür waren u. a. der organisatorische und technische Aufwand der bisher verfügbaren Systeme sowie die Markteinführung von Drug-Eluting-Stents, welche zur Aufgabe der kommerziellen Vermarktung der EVBT geführt hat [6].
Im Folgenden werden Erfahrungen und die aktuellen technischen und klinischen Ergebnisse eines optimierten Verfahrens dargestellt, bei dem der flüssige Betastrahler Rhenium-188 mittels eines neuen Applikationssets zur endovaskulären Brachytherapie direkt über einen konventionellen PTA-Ballon in die Zielläsion eingebracht wird (Rhenium-PTA).
Beschreibung der Rhenium-PTA
Bei jedem Patienten wird zunächst eine konventionelle PTA im peripheren Stromgebiet durchgeführt. Bei zufriedenstellendem Ergebnis wird das Gefäßlumen angiografisch vermessen und ein neuer PTA-Ballon ausgewählt, der den vordilatierten Gefäßabschnitt proximal und distal um 10 mm überragt. Aus den Gefäßabmessungen und der Aktivität zum Bestrahlungszeitpunkt werden Bestrahlungsdauer und Dosis individuell kalkuliert (Zieldosis im femoropoplitealen Bereich: 10 Gy in 2 mm Gewebetiefe zur Bestrahlung der Media). Der Rhenium-PTA-Ballon wird in das Gefäß an den Bestrahlungsort eingebracht, anschließend wird der Ballon mit einem speziell konstruierten Applikationsgerät verbunden und mit dem in flüssiger Form vorliegenden Isotop Rhenium-188 befüllt (Abb. [1]). Im Anschluss an die Behandlung wird der Ballon evakuiert und das Rhenium-188 sicher im Applikationsgerät asserviert. Die Anwendung dauert aufgrund der hohen Aktivitätskonzentration des Rhenium-188 (ca. 5 GBq/ml) nur wenige Minuten. Sie kann aufgrund des schnellen Dosisabfalls und der geringen Eindringtiefe des Betastrahlers Rhenium-188 in der Angiografieeinheit durchgeführt werden [7]. Die flüssige Applikation ermöglicht eine optimale selbstständige Zentrierung in der Zielregion. Die Halbwertszeit beträgt ca. 17 Stunden. Der Eingriff erfolgt unter periinterventioneller intraarterieller Gabe von 5000 I. E. Heparin. Nach dem Eingriff wird eine PTT-wirksame i. v. Heparinisierung über 48 Stunden durchgeführt und eine duale Thrombozytenaggregationshemmung mit ASS 100 1 ×/die auf Dauer und Clopidogrel 1 ×/die für 1 Jahr empfohlen.


Abb. 1 Der speziell konstruierte Wolfram-Applikator zur Befüllung des Ballonkatheters mit Rhenium-188 im geöffneten Zustand.
Klinische Datenlage
Bisher wurde im Klinikum Augsburg bei insgesamt 77 Patienten mit 102 femorocruralen Läsionen (Stenose oder Verschluss) eine endovaskuläre Brachytherapie zur Restenoseprophylaxe durchgeführt. Von den bisher therapierten Patienten wurden inzwischen 40 Patienten mit 53 behandelten Gefäßabschnitten (klinische und angiologische Untersuchung, farbkodierte Duplexsonografie) nachuntersucht. Das durchschnittliche Alter der Patienten betrug 73,4 Jahre. Ein Diabetes mellitus lag bei 26 (65 %) und eine Hypertonie bei 33 (82,5 %) der 40 Patienten vor. Ein Großteil der bestrahlten Segmente befand sich in der A. femoralis superficialis und A. poplitea (81,1 %). Bei einem durchschnittlichen Nachbeobachtungszeitraum von 12,7 Monaten lag die Gesamt-Restenoserate nach Rhenium-PTA bei 15,1 % und damit unter dem in vergleichbaren Kollektiven.
Es traten keine Komplikationen, wie z. B. Ballonruptur, arterielle Thrombose oder periphere Embolie bei der Bestrahlung auf. Bei allen Patienten wurde keinerlei Aktivität inkorporiert. Die Patienten tolerierten die Unterbrechung des Blutflusses während der Bestrahlung gut. In der farbkodierten Doppler-Sonografie (FKDS) zeigten sich keine Aneurysmen oder Dissektionen.
Die bestehende Datenlage soll durch eine randomisierte und doppelblinde klinische Multicenterstudie, die im ersten Quartal 2010 starten wird, weiter untermauert werden. Das Ziel der Studie wird die Behandlung von Restenosen im femoropoplitealen Bereich sein. Insgesamt sollen Daten von ca. 140 Patienten erhoben werden, ein Follow-up soll nach 6 und 12 Monaten erfolgen.
Außerdem wird derzeit ein Register mit 30 Patienten geführt, bei denen Verschlüsse im Unterschenkel nach Revaskularisation mit der Rhenium-PTA behandelt werden. Zudem ist die Durchführung einer Studie zum Einsatz der endovaskulären Brachytherapie bei diabetischem Fuß für 2010 geplant.
Vorteile des Verfahrens
Das Verfahren der Rhenium-PTA weist eine Reihe von zentralen Vorteilen im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren der EVBT auf:
-
kurze Bestrahlungszeiten von 7-12 Minuten
-
Therapie in Angiografie-Einheit/Katheterlabor möglich
-
flüssiger Strahler erlaubt genaue Zentrierung der Strahlenquelle und damit gleichmäßige Bestrahlung des Gewebes
-
gezielte Bestrahlung der Gefäßwand aufgrund kurzer Strahlenreichweite des Beta-Strahlers
-
einfache Entsorgung aufgrund kurzer Halbwertszeit des Rhenium-188 (17 Stunden)
-
Dosis von 10 Gy kann gesichert in 2 mm Gefäßwandtiefe (Media/Adventitia) appliziert werden, um Zellmigration/Proliferation, die Ursache der Intimahyproliferation und des konstriktiven Gefäßumbaus, zu verhindern
-
hohe Sicherheit für Patient und Anwender durch Wolfram-Applikator [8]
Anwendende Kliniken und Zulassung
Derzeit wird die Therapie bereits von einigen anerkannten deutschen Kliniken erfolgreich eingesetzt, wie u. a. Klinikum Augsburg (Prof. Klaus Bohndorf/ Dr. Giesbert Leissner), Parkkrankenhaus Leipzig (Prof. Dierk Scheinert), Klinikum Ingolstadt (Prof. Dierk Vorwerk), Klinikum Dortmund (Prof. Klaus Mathias), Klinikum Fulda (Prof. Christoph Manke), Augusta Krankenanstalt Bochum (Dr. Detlev Longwitz), Universitätsklinikum Essen (Dr. Franz E. Brock).
Die Systemkomponenten (ASK-System, PTA-Katheter und Rhenium-188) zur Anwendung des Verfahrens sind seit September 2008 als Medizinprodukte der Klasse II b für den Vertrieb in Europa zugelassen. Hersteller ist die itm FlowMedical mit Sitz in Garching bei München.
Korrespondenz
Dr. Giesbert Leissner
Klinik für Diagnostische Radiologie und Neuroradiologie, Klinikum Augsburg
Stenglinstraße 2, 86156 Augsburg
Email: giesbert.leissner@klinikum-augsburg.de
Dr. Hermann Wengenmair
Medizinische Physik und Strahlenschutz
Klinikum Augsburg
Literatur
- 01
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- 03
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1987;
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- 04
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- 06
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Eine Übersicht.
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Abb. 1 Der speziell konstruierte Wolfram-Applikator zur Befüllung des Ballonkatheters mit Rhenium-188 im geöffneten Zustand.