Diabetes aktuell 2009; 7(7): 335
DOI: 10.1055/s-0029-1243362
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Tempora mutantur ... - LDL-Senkung reicht zur Risikoreduktion oft nicht mehr aus

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Publication Date:
27 November 2009 (online)

 
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Von der Notwendigkeit für ein "umfassendes Lipidmanagement" sprachen Experten bei einem Symposium im Rahmen des Kongresses der Europäischen Kardiologie-Gesellschaft (ESC). Es reiche oft nicht mehr aus, nur das "böse" LDL-Cholesterin zu senken, denn so Prof. Christie Ballantyne, Houston, auch bei einer erfolgreichen LDL-Senkung bleibe noch ein erhebliches Restrisiko für das Auftreten eines kardiovaskulären Ereignisses oder eines Schlaganfalls. Der Grund dafür ist in der sich verändernden Risikopopulation zu suchen: Übergewicht, Insulinresistenz und Typ-2-Diabetes nehmen zu und damit verbunden sind erhöhte Werte bei Triglyzeriden, Apolipoprotein B und sogenannten "small dense" LDL-Partikeln sowie erniedrigte Spiegel des schützenden HDL-Cholesterins.

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Unbestritten - die Statintherapie ist erfolgreich

Die Erfolge der Therapie mit Statinen sind mit einer Reduktion des Risikos für kardiale Ereignisse und Schlaganfälle zwischen 25 und 40 % unbestritten. Weil Statine aber in Monotherapie auf andere Risikofaktoren wie Triglyzeride, HDL-Cholesterin und Lp(a) kaum Einfluss nehmen, ist der positive Effekt in vielen Fällen auch dann limitiert, wenn die LDL-Spiegel noch stärker als bisher abgesenkt werden können (Abb. [1]). Ein Paradigmenwechsel muss sich vollziehen, bei vielen Patienten darf nicht mehr allein das LDL-Cholesterin im Fokus der therapeutischen Bemühungen stehen. Es gibt Substanzen, die dort angreifen, wo Statine nicht so gut wirken und Studien mit Surrogat-Endpunkten belegen auch den Erfolg eines solchen kombinierten Ansatzes mit einer weiteren Risikoreduktion und sogar einer Plaqueregression. Man sollte also diese therapeutischen Möglichkeiten nutzen, wenn auch noch Ergebnisse aus harten "Endpunktstudien" fehlen, so Ballantyne.

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Abb. 1 Statine senken das mit niedrigen HDL-C-Werten verbundene vaskuläre Risiko nicht.

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Risiko niedriges HDL

Viele Studien, wie die große Framingham-Studie, haben gezeigt, dass ein niedriges HDL-Cholesterin das kardiale Risiko erhöht, meint Prof. Philip Barter, Sydney. Dies ist keine Überraschung, so der Experte, denn HDL-Cholesterin fördert u. a. den Ausfluss von Cholesterin aus den Makrophagen, hat antioxidative, antiinflammatorische und antithrombotische Eigenschaften, verbessert und repariert die Endothelfunktion. Ob eine oder alle dieser Wirkungen (oder eine noch unbekannte) für den positiven Effekt einer HDL-Erhöhung auf das kardiovaskuläre Risiko verantwortlich sind, ist noch unbekannt. Es gibt aber dafür direkte Evidenz aus Tierversuchen, und sowohl Fibrate als auch die Nikotinsäure, die beide nachweislich das HDL-Cholesterin erhöhen, haben in klinischen Studien die Zahl kardiovaskulärer Ereignisse reduziert und die Progression der Atherosklerose verlangsamt.

Die Ursache für einen zu niedrigen HDL-Spiegel ist meist in den Lebensumständen der Betroffenen zu suchen. Genetische Ursachen gibt es zwar auch, diese sind aber selten. Viel häufiger liegt dagegen eine abdominelle Adipositas oder ein Typ-2-Diabetes vor. Mit nichtmedikamentösen Methoden, z. B. Gewichtsreduktion, sportliche Aktivität oder Rauchstopp, kann der HDL-Spiegel um bis zu 30 % erhöht werden. Bei den medikamentösen Möglichkeiten ist die Nikotinsäure mit 20-30 % Erhöhung am wirksamsten, sie erhöht die "richtigen", weil risikobehafteten Partikel und senkt zudem das LDL und die Triglyzeride.

Die positiven Wirkungen der Nikotinsäure sind in zahlreichen Studien belegt, oft im kombinierten Einsatz mit Statinen, erklärt auch Prof. John Kastelei vom Department of Vascular Medicine am Academic Center in Amsterdam. Eine häufige auftretende Flush-Problematik führte aber zu Therapieabbrüchen oder dazu, dass nicht die optimale Dosis eingesetzt werden konnte. Die Kombination einer langsam freigesetzten Nikotinsäure mit der Substanz Laropiprant könnte helfen, dieses Ziel zu erreichen. Die Nikotinsäure hat Rezeptoren in den Langerhansschen Zellen der Epidermis und der Flush wird vermutlich hier durch Freisetzung von Prostaglandin D2 (PGD2) hervorgerufen. Laropiprant blockiert die Rezeptoren, an die sich PGD2 normalerweise anlagert. Werden die Rezeptoren blockiert, kann PGD2 die Blutgefäße in der Haut nicht mehr erweitern, wodurch sich Häufigkeit und Intensität der Gesichtsrötungen zwar nicht ganz vermeiden, aber drastisch verringern lassen. Tredaptive®, die Kombination aus Nikotinsäure und Laropiprant, senkte in Studien das LDL um durchschnittlich 18,4 %, die Triglyzeride um 25,3 % und erhöhte das HDL um 20 %. Ihre Wirksamkeit bewies die Kombination sowohl bei Patienten mit primärer als auch gemischter Hyperlipidämie - und zwar unabhängig von Alter, Geschlecht, Rasse, Ausgangswerten der Lipide oder dem Vorliegen eines Typ-2-Diabetes. Tredaptive® wird über einen Zeitraum von 4 Wochen in einer Dosis von 1 g Nikotinsäure und 40 mg Laropiprant genommen, nach 4 Wochen wird die volle Dosis von 2 g Nikotinsäure eingesetzt. So lässt sich ein eventuell zu Beginn der Therapie auftretender leichter Flush gut tolerieren. Vor allem für besonders risikobehaftete Patienten, nämlich KHK-Patienten und Typ-2-Diabetiker, die trotz Therapie noch ein relativ hohes LDL und dazu erhöhte Triglyzerid- und niedrige HDL-Spiegel haben, eröffnet sich hier eine wertvolle neue Therapieoption.

Günther Buck

Quelle: Symposium "Comprehensive Lipid Management: An Evolving Atherosclerosis Treatment Paradigm", Barcelona 1.9.2009; Veranstalter: MSD Sharp & Dohme GmbH

 
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Abb. 1 Statine senken das mit niedrigen HDL-C-Werten verbundene vaskuläre Risiko nicht.