Diabetes aktuell 2009; 7(7): 299
DOI: 10.1055/s-0029-1243448
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Beweg dich!

Antje Bergmann, Peter Schwarz
Further Information

Publication History

Publication Date:
25 November 2009 (online)

Bewegung ist eines der entscheidenden Therapeutika für Menschen mit Diabetes.

Vor einigen Wochen ging der Diabetesweltkongress der Internationalen Diabetesgesellschaft in Montreal zu Ende. Dort wurden erschreckende neue Zahlen zur weltweiten Entwicklung der Prävalenz und Inzidenz des Diabetes dargestellt. 12  % der Menschen in Deutschland leiden schon an einem Diabetes mellitus oder weisen ein bestehendes Diabetesrisiko auf. Weitere 4  % – so Schätzungen – sind noch unerkannt.

Diese Zahlen alarmieren und führen uns allen vor Augen, wie enorm wichtig es ist, frühzeitig zu diagnostizieren, schnellstmöglich zu intervenieren und effizient zu therapieren. Dies sollte im passenden Setting geschehen, jedoch mit fachübergreifenden praktikablen und mehrdimensionalen Therapieansätzen.

Eine weitere entscheidende Herausforderung der Gegenwart und Zukunft ist die Prävention des Diabetes. Hier müssen wir es in den nächsten 10 Jahren schaffen, Versorgungskonzepte und Strukturen zu etablieren und bei Übergewichtigen zu intervenieren. Ziel sollte sein, frühzeitig bestehende Risiken zu erkennen.

Ein Feld, auf dem der Diabetiker selbst viel erreichen kann, ist die körperliche Aktivität. Aber noch sehr häufig ist von Patienten zu hören: „Ich bin doch krank, ich darf mich nicht bewegen”. Diesen falschen Krankheitsvorstellungen sollten wir begegnen. Bewegung ist ein entscheidendes Therapeutikum für nahezu jeden chronisch Kranken. Aus diesem Grund widmet sich die vorliegende Ausgabe zu einem großen Teil diesem Thema. Bewegung hilft, langfristig die Stoffwechselsituation zu verbessern und reduziert in nahezu idealer Weise ein vorhandenes kardiovaskuläres Risiko. Ein aktiver Patient ist – das beweisen Studien – autonomer, verantwortlicher, selbstständiger und ein aktiverer Partner im Behandlungsprozess.

Das diabetische Fußsyndrom ist sowohl für Patienten als auch für das Behandlungsteam eine Herausforderung. Die Rehabilitation des Patienten mit diabetischem Fußsyndrom kann aufgrund der Komplexität, der Chronizität und der Neigung des Fußsyndroms zu Rezidiven häufig nur stationär erfolgen. Dies stellt hohe Anforderungen an die Geduld des Patienten und des therapeutischen Teams in der Klinik.

Bewegung ist im Bereich der kardiologischen Rehabilitation ein essenzieller Baustein. Der Herzinfarkt ist immer noch die Haupttodesursache bei Diabetikern. Leider warten wir heute noch viel zu häufig auf den Herzinfarkt, ehe mit einer Rehabilitation und präventiven Intervention begonnen wird – oder begonnen werden kann. Es wäre wünschenswert, hier viel früher bei Patienten mit beispielsweise Mikroalbuminurie oder gestörter Glukosetoleranz zu starten.

Im letzten Beitrag finden Sie ein ganz praktisches Thema, was jeden Diabetiker mit Blutzuckerselbstkontrolle betrifft. „Wie häufig wechselt der Patient seine Lanzetten?” Wir haben es selbst untersucht und getestet. Es ist erschreckend zu sehen, wie sich manche Lanzetten nach wenigen Benutzungen schon verformen und es bis hin zu Widerhakenbildung kommt. Die Mehrfachbenutzung solch verformter Lanzetten führt zu drastisch vergrößerten Einstichwunden und daraus folgend zu Eintrittspforten für Infektionen und somit zu chronisch verletzten und infizierten Fingerkuppen. Es gibt nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen zur Mehrfachbenutzung von Lanzetten, aber Berichte über Fingersepsis als seltene Komplikation bei Lanzettenmehrfachbenutzung sind dokumentiert. Wir glauben, dass dieses Thema relevant ist, da manche Patienten ihre Lanzetten hunderte Mal benutzen, bevor sie diese wechseln.

Wir hoffen, dass wir wieder ein interessantes Heft für Sie zusammengestellt haben und würden uns über Kommentare und Rückmeldungen sehr freuen.

Viel Freude beim Lesen!

Ihre Antje Bergmann und Peter Schwarz

PD Dr. med. habil. Antje Bergmann
Prof. Dr. med. habil. Peter Schwarz

    >