Z Sex Forsch 2010; 23(1): 23-35
DOI: 10.1055/s-0030-1247274
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag Stuttgart ˙ New York

Psychiatrische Diagnosen von Sexualstraftätern

Eine empirische Untersuchung von 807 inhaftierten Kindesmissbrauchstätern und VergewaltigernReinhard Eher, Martin Rettenberger, Frank Schilling
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Publication Date:
16 March 2010 (online)

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Übersicht:

In der vorliegenden Untersuchung werden die psychiatrischen Diagnosen von 807 Sexualstraftätern ausgewertet, die zwischen 2002 und 2009 in Strafhaft genommen wurden. Wie bereits früher berichtet, zeigt sich eine hohe Prävalenz sexueller Störungen, Persönlichkeitsstörungen und Substanzproblematiken. Bei einem Vergleich verschiedener Tätergruppen spielen die sexuellen Störungen in der Gruppe der Kindesmissbrauchstäter die größere Rolle, in der Gruppe der Vergewaltiger liegt eine höhere Rate an Persönlichkeitsstörungen vor. Eine weitere Differenzierung der Kindesmissbrauchstäter nach vorwiegenden Opfertypen zeigt eine Zunahme der psychiatrischen und sexologischen Pathologie bei geringerer Bekanntheit des Opfers. Abschließend wird die Relevanz der Ergebnisse für die ­forensisch-psychiatrische Praxis diskutiert.

Literatur

1 Für genauere Informationen über den Hintergrund, den Ablauf und die konkrete Durchführung dieser Begutachtungen siehe auch Eher (2009).

2 Dies entspricht einem üblichen Vorgehen, wonach die forensische und krimino­logische Bedeutung des Missbrauchstäters mit der Entfernung des Verwandtschaftsgrades zunimmt (Greenberg et al. 2000; Hanson et al. 2003).

3 Auch bei einigen leiblichen Vätern (3,8 %) diagnostizierten wir eine exklusive Pädo­philie, weil der Eindruck vorherrschte, dass die Zeugung des Kindes mit einer erwachsenen Frau gegen die eigentliche sexuelle Präferenz geschah.

Prof. Dr. med. R. Eher

Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter (BEST) · Vollzugsdirektion

Gerichtsgasse 6

1210 Wien

Email: reinhard.eher@justiz.gv.at