Der Klinikarzt 2010; 39(1): 11
DOI: 10.1055/s-0030-1249231
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Antiangiogenetische Therapie in der klinischen Onkologie

Lothar Kanz
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Publication Date:
11 February 2010 (online)

Über 30 Jahre hatte es gedauert, bis die Idee der antiangiogenetischen Therapie den Weg „from bench to beside“ schaffte. Judah Folkman schlug bereits 1971 vor, die Neoangiogenese zum therapeutischen Ziel bei Malignomen zu erklären. Die erste Substanz, die in klinischen Studien untersucht wurde, war Bevacizumab, ein monoklonaler Antikörper gegen VEGF (vascular endothelial growth factor). Bei Patienten mit metastasierten kolorektalen Karzinomen verlängerte Bevacizumab in Kombination mit Chemotherapie das Überleben dieser Patienten um durchschnittlich 4,5 Monate im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie. Diese Beobachtungen wurden seinerzeit wohlwollend und enttäuscht zugleich aufgenommen: einerseits hatte man einen wirksamen neuen Kombinationspartner für etablierte Zytostatikatherapien gefunden, andererseits war das Ausmaß der klinischen Effektivität enttäuschend gering, besonders wenn man die Daten mit den präklinischen Untersuchungen vergleicht (vor allem im Tiermodell). Auch beim Bronchial-, Nierenzell- und Mammakarzinom ist der Anti-VEGF-Antikörper wirksam, wenngleich er nicht als Meilenstein in der Behandlung dieser Erkrankungen anzusehen ist. Mittlerweile sind 2 weitere, den VEGF-Signalweg inhibierende Substanzen zugelassen: Sunitinib und Sorafenib. Beide blockieren VEGF-Rezeptor-Tyrosinkinasen und zeigen in den Zulassungsstudien Effektivität bei verschiedenen Malignomen, wobei die zusätzlichen Angriffspunkte dieser beiden Substanzen an mehreren anderen Tyrosinkinasen zum therapeutischen Ansprechen beitragen.

Im klinischen Alltag sind häufig Unsicherheiten im Umgang mit den neuen Substanzen und ihren Nebenwirkungen festzustellen. Im vorliegenden Schwerpunktheft versuchen wir deshalb, die Leserschaft des klinikarzt möglichst praxisnah zu informieren:

Herr Prof. H. G. Augustin (DKFZ Heidelberg) gibt ein Update zu den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Strategien einer antiangiogenetischen Therapie. Es folgen Überblickarbeiten über die etablierten Indikationen in der Klinik. Hier versuchen wir, die Originaldaten aus den Zulassungsstudien kritisch für Sie zu diskutieren und den praktischen Einsatz zu erörtern.

Von besonderer Bedeutung beim zunehmenden Einsatz antiangiogenetisch wirksamer Therapeutika sind die häufig auftretenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen. Zu diesem Thema präsentieren wir Ihnen einen praxisorientierten Aufsatz, der Sie als Kliniker mit der Pathophysiologie und dem klinischen Management solcher Nebenwirkungen vertraut machen soll.

Wir hoffen, Ihnen mit diesem Schwerpunktheft die Bewertung der derzeitigen und zukünftigen Entwicklungen auf diesem so wichtigen und vielversprechenden Gebiet der Onkologie zu erleichtern.

Prof. Dr. med. Lothar Kanz

Tübingen

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