Zusammenfassung
Fragestellung Mit Einführung des § 116 b SGB V im Zuge des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) wurden
von bundespolitischer Seite strukturelle Voraussetzungen geschaffen, die Versorgungssituation
von Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen zu verbessern. Vor allem die Abrechnungsmöglichkeiten
nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) sollen die bisherigen Finanzierungsengpässe
beseitigen. Methodik Für definierte Gruppen neuromuskulärer Erkrankungen wurde ein standardisierter Leistungskatalog
erarbeitet, der Grundlage für die Kosten- und Erlösberechnungen war. Für die Schätzung
der Kosten wurden der Deutsche Krankenhausgesellschaft Normaltarif (DKG-NT) und die
Interne Leistungsverrechnung (ILV) des Universitätsklinikum Erlangen herangezogen.
Bei der Ermittlung der Erlöse wurden die bisherige Pauschale nach § 117 für Hochschulambulanzen
und die Einzelleistungsvergütung nach § 116 b zugrunde gelegt. Ergebnisse Die verschiedenen Gruppen sind hinsichtlich des benötigten Leistungsumfangs, und
damit der Kosten, sehr heterogen. Werden die anfallenden Kosten den Erlösen nach altem
oder neuem Abrechnungsmodell gegenübergestellt, so ist nach beiden Berechnungsmethoden
grundsätzlich eine Lücke festzustellen. Die Abrechnung nach § 116 b bringt bei der
1. und bis zu 7 ambulanten Untersuchungen Vorteile, wobei sich dieser Effekt ab der
8. ambulanten Untersuchung umkehrt. Schlussfolgerung Die momentan gültigen Vergütungsstrukturen sind nicht kostendeckend. Auch die Einführung
des § 116 b bringt je nach Struktur der ambulanten Einrichtung nur teilweise eine
Verbesserung mit sich, wobei dann insbesondere die Häufigkeit der ambulanten Untersuchungen
begrenzt werden muss, um diesen Effekt nicht umzukehren. Eine Nachbesserung mit dem
Ziel einer kostendeckenden Vergütung im Rahmen des § 116 b oder zusätzliche Erlösverhandlungen
zwischen Ambulanz und Krankenkasse könnten helfen, die Versorgungssituation weiter
zu verbessern.
Abstract
Background The health care of patients with rare neuromuscular diseases needs to be improved.
The novel German legal directive according to paragraph 116b of the Social Security
Code V (§ 116 b SGB V) was a first step for reimbursement in regard to rare diseases
which could possibly encourage specialised ambulatory clinical institutions to provide
ambulatory care for patients suffering from rare diseases. Particularly, the implementation
of „Einheitlicher Bewertungsmaßstab” (EBM) should resolve the previous financial shortages.
Methods Costs and profits were calculated for six groups of neuromuscular diseases characterised
by homogenous medical needs. For all groups a standardised service package was defined
and priced with different fee catalogues. In detail, the „Deutsche Krankenhausgesellschaft
Normaltarif” (DKG-NT) and internal service charges (ILV) of the University Hospital
of Erlangen were applied. To calculate the profits, the so-called flat charge according
to § 117 was compared with the EBM. Results The service packages and accordingly the costs for the different groups are heterogeneous.
Neither the previous calculation base for reimbursement nor the recent one are cost-covering.
To take advantage of § 116 b the frequency of outpatient treatments has to be restricted,
in the presented analysis after 7 treatments the new model is at a disadvantage. Conclusion § 116 b was enacted to improve the care for patients suffering from rare diseases.
This was achieved only partially. Compared to the model which uses the flat charge
according to § 117, the model using the EBM has economic advantages only when the
number of ambulatory treatments is severely restricted, but is not yet cost-covering.
To improve the health care of patients suffering from neuromuscular diseases further
efforts are required.
Schlüsselwörter
§ 116b SGB V - Chancen-Risiko-Analyse - neuromuskuläre Erkrankungen - ambulante Versorgung
Keywords
§ 116b SGB V - risks and opportunities - neuromuscular diseases - out-patient treatment
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Email: florian.meier@wiso.uni-erlangen.de