Der Klinikarzt 2010; 39(10): 439
DOI: 10.1055/s-0030-1268357
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Rettungsdienst – Konzessionsmodell ist laut EuGH-Generalanwalt vergaberechtsfrei

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Publication Date:
02 November 2010 (online)

 
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Leistungen des öffentlichen Rettungsdienstes, die von den Sozialversicherungsträgern vergütet werden (Konzessionsmodell), unterliegen nicht dem Vergaberecht. So jedenfalls sieht es der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), Ján Mazák. Anders als bei dem in den meisten deutschen Bundesländern vorkommenden Submissionsmodell zeichnet sich das Konzessionsmodell dadurch aus, dass der Auftragnehmer vom Auftraggeber keine unmittelbare Vergütung erhält. Der Rettungsdienstanbieter erhebt stattdessen selbst Entgelte bei den Sozialversicherungsträgern.

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Auffassung des Generalanwalts kommt überraschend

Die Auffassung des Generalanwalts ist insofern überraschend, als der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einer Klage das Submissionsmodell betreffend einen Verstoß gegen europäisches Vergaberecht festgestellt hatte. In den fraglichen Fällen hatten Kommunen in Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Sachsen die Vergabe rettungsdienstlicher Leistungen nicht ausreichend transparent gemacht (s. klinikarzt 2010; 39 (6): 279).

Das Fehlen einer unmittelbaren Vergütung des Rettungsdienstes durch die öffentliche Stelle, die die Dienstleistung vergeben hat, sei hinreichend, um die entsprechenden Verträge als Dienstleistungskonzession im Sinne des europäischen Rechts zu qualifizieren, so der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen zum Vorlageverfahren des Oberlandesgerichts (OLG) München.

Bei den Sozialversicherungsträgern handelt es sich nach Ansicht von Mazák ferner um von den Auftraggebern (den Kommunen oder kreisfreien Städten) hinreichend unabhängige Einrichtungen, "um die Annahme zu rechtfertigen, dass es sich um eine Vergütung des Dienstleistungserbringers ,durch Dritte' handelt". Die Frage, inwieweit das Kostendeckungsprinzip das wirtschaftliche Risiko für den Leistungserbringer senkt, sei dabei nachrangig zu beurteilen.

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Wird Deutschlands Rettungsdienst zweigeteilt?

Das OLG München hatte dem EuGH im Juli 2009 die Frage vorgelegt, ob die Beschaffung von Rettungsdienstleistungen nach dem bayerischen Konzessionsmodell als vergabepflichtige Dienstleistungsaufträge oder als vergaberechtsfreie Dienstleistungskonzessionen zu werten ist.

Die endgültige Entscheidung des EuGH steht noch aus. Ob die Luxemburger Richter den Schlussanträgen des Generalanwalts folgen, bleibt daher abzuwarten. Sollte das oberste EU-Gericht jedoch Mazáks Auffassung teilen, käme es in Deutschland zu einer Zweiteilung beim Rettungsdienst. Während Bundesländer mit Submissionsmodell die Vorschriften des europäischen Vergaberechts berücksichtigen und Ausschreibungen transparent machen müssten, würde dies für Länder mit Konzessionsmodell nicht gelten.

Petra Spielberg, Köln/Brüssel