Der Klinikarzt 2010; 39(11): 530
DOI: 10.1055/s-0030-1269791
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Akutes Koronarsyndrom – Europäische Zulassungsempfehlung für Ticagrelor

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Publication Date:
29 November 2010 (online)

 
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Mit Ticagrelor wird demnächst der erste orale reversible P2Y12-Rezeptorangagonist zur Behandlung des akuten Koronarsyndroms erwartet. Der Expertenausschuss der Europäischen Arzneimittelkommission (CHMP) hat am 24. September 2010 eine Zulassungsempfehlung gegeben.

Die Empfehlung basiert auf Ergebnissen der PLATO-(Study of PLATelet Inhibition and Patient Outcomes)-Studie, in der mehr als 18 500 Patienten mit akutem Koronarsyndrom (Myokardinfarkt mit/ohne ST-Hebung oder instabile Angina pectoris) behandelt wurden [1]. Diese legen nahe, dass Ticagrelor kardiovaskulär bedingte Todesfälle und Infarkte wirksamer verhindert als der momentane Therapiestandard Clopidogrel (jeweils in Kombination mit ASS). Nach einem Jahr Studienlaufzeit hatten mit Ticagrelor behandelte Patienten den kombinierten primären Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod, Myokardinfarkt und Schlaganfall signifikant seltener erreicht als mit Clopidogrel behandelte Patienten (9,8 % vs. 11,7 %, p<0,003). Das entspricht einer relativen Risikoreduktion von 16%.

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Ticagrelor wirksamer als momentaner Therapiestandard?

Zudem wurde bei Patienten im Studienarm mit Ticagrelor eine signifikante Senkung der kardiovaskulären Sterblichkeit um 21 % und der Gesamtsterblichkeit um 22 % beobachtet. Dieser Nachweis war weder in der CURE-Studie mit Clopidogrel bei Patienten mit NSTE-ACS noch in der TRITON-Studie mit Prasugrel gelungen. Keine der Studien, auch PLATO nicht, war statistisch auf einen solchen Nachweis ausgelegt, wie Prof. Uwe Zeymer, Ludwigshafen, einräumte. Er sieht hier aber dennoch einen Anhaltspunkt, dass die Reduktion z. B. der kardiovaskulären Sterblichkeit durch Ticagrelor nicht etwa durch einen Anstieg der Sterblichkeit wegen anderer Ursachen konterkariert wird. Zu dieser Interpretation passt der klinisch bedeutsame Befund, dass das bessere Überleben der Patienten im Studienarm mit Ticagrelor nicht mit einer Zunahme der Gesamtrate schwerer Blutungen verbunden war (11,2 % vs. 11,6 %, n.s.). Aufgrund der Resultate der PLATO-Studie wurde Ticagrelor in den Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie bei Patienten mit NSTEMI- und STEMI-ACS jeweils mit einer Empfehlungsstärke Klasse I und Evidenzgrad B eingestuft.

Ticagrelor wird chemisch den Cyclopentyl-Triazolo-Pyrimidinen zugerechnet. Da der ADP P2Y12-Rezeptorangagonist anders als Clopidogrel nicht durch Metabolisierung aktiviert werden muss, wird dessen Wirksamkeit nicht durch LOF (loss-of-function)-Varianten in CYP-Genen (CYP2C19 und/oder ABCB) potenziell eingeschränkt [2]. In Behandlungsalltag könnte bei Anwendung der Substanz somit die genetische Testung der Patienten auf (LOF-)Risikovarianten entfallen, so Prof. Hugo A. Katus, Heidelberg.

Daniel Neubacher, Frankfurt a.M.

Quelle: Satellitensymposium "Aktuelles zum Coronarsyndrom (ACS)" im Rahmen der DGK-Herbsttagung 2010, am 07. Oktober 2010 Nürnberg.

Veranstalter: Astra Zeneca

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Literatur

  • 01 Wallentin L , et al . N Engl J Med. 2009;  361 1045-1057
  • 02 Wallentin L , et al . Lancet. 2010;  376 1320-1328
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Literatur

  • 01 Wallentin L , et al . N Engl J Med. 2009;  361 1045-1057
  • 02 Wallentin L , et al . Lancet. 2010;  376 1320-1328