Dtsch Med Wochenschr 2011; 136(12): 601-602
DOI: 10.1055/s-0031-1274549
Korrespondenz | Correspondence
Leserbriefe
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Ein weiterer „Verdächtiger”: Homöopathikum mit akuter interstitieller Nephritis assoziiert?

Another „suspect“: homeopathic agent associated with acute interstitial nephritisG. Mekle
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Publication Date:
16 March 2011 (online)

Zum Beitrag von Türkoglu-Raach, G, Gröne, H-J, Sitter, T, Fischereder, M. Dtsch Med Wochenschr 2010; 135: 1224 – 1227

Hiermit möchten wir Stellung nehmen zu einem Artikel, der in der DMW im letzten Jahr erschienen ist [1]. In diesem Artikel wurden unsere Firma SANUM-Kehlbeck GmbH & Co. KG und das Präparat Notakehl D4 Kapseln erwähnt. Im folgenden möchten wir einige Aussagen des Artikels richtig stellen.

Aussage 1

„Es ist nicht bekannt, in welchem Ausmaß Penicillin enthalten ist oder ob in einem geeigneten Medium (Hilfsmittel in Notakehl: Laktose) ein verdünnter Schimmelpilz möglicherweise geringe Mengen an Penicillin produzieren kann” [9] (Weigel G. Sanum-Therapie in Basismitteln. Notakehl, Quentakehl, Fortakehl und Pefrakehl in praktischer Anwendung. Sanum-Post 1999; 49: 12 – 14).

„…the patient had taken a homeopathic agent which is a dilution of penicillium chrysogenum.”

Kommentar 1

Die o. g. Aussage ist in der zitierten Publikation Weigel 1999 nicht enthalten. In Notakehl D4 Kapseln sind keine lebensfähigen Zellen vorhanden, so dass die von den Autoren der o. g. Publikation getätigte Vermutung des Wachstums von „verdünnten Schimmelpilzen” auf der Basis der in den Kapseln vorhandenen Laktose falsch ist.

Das für die Produktion von Notakehl D4 Kapseln verwendete Ausgangsmaterial „Penicillium chrysogenum” wird aus Kulturen eines definierten Stammes von Penicillium chrysogenum gewonnen. Die Herstellung erfolgt unter Einhaltung hoher Qualitätsstandards (GMP) und in einem nach AMG überwachten Arzneimittelbetrieb. Nach der Fermentation unter reproduzierbaren Bedingungen werden die Zellen am Ende der Wachstumsphase geerntet, gereinigt (Entfernung von Kulturmedium) und mittels einer Zellmühle aufgeschlossen. Nach verschiedenen Reinigungs- und Trennverfahren wird ein wasserlösliches Produkt erhalten, das den Anforderungen des Europäischen Arzneibuches (Ph. Eur.) hinsichtlich der Sterilität in jedem Fall entspricht. Jede produzierte Charge muss der Prüfung auf Sterilität entsprechen. Analytische Daten der in den Verkehr gebrachten Chargen des Ausgangsstoffes belegen die Sterilität des Materials (Tab. [1]).

Tab. 1 Mikrobiologische Untersuchungen der Ausgangsstoffe. Penicillium chrysogenum Ausgangsstoff – Charge Sterilität PN203/28050 steril PN297/19030 steril PN257/27038 steril PN231/14105 steril PN220/08045 steril PN289/26093 steril

Das somit nach Gefriertrocknung gewonnene Ausgangsmaterial wird mit Laktose in Arzneibuchqualität bis zur Verdünnungsstufe D4 (1:10.000) potenziert und in Kapseln gefüllt. Die Herstellung der Arzneiform (Kapseln) erfolgt ebenfalls unter qualitätskontrollierten GMP-Bedingungen. Die reproduzierte Qualität der Herstellung sind analytisch belegt (Tab. [2]).

Tab. 2 Mikrobiologische Untersuchungen des Fertigarzneimittels. Notakehl D4 Charge TAMC1 [KBE2/g] TYMC3 [KBE/g] Escherichia coli/g 07080 < 10 < 10 abwesend 14010 < 10 < 10 abwesend 12058 < 10 < 10 abwesend 02058 < 10 < 10 abwesend 20106 < 10 < 10 abwesend 1 TAMC: Total Aerobic Microbial Count 2 KBE: Koloniebildende Einheit 3 TYMC: Total combined Yeasts/ Mould Count

Gleichzeitig belegen die Daten, dass weder Pilze und Hefen (TYMC) noch Bakterien (TAMC) gefunden werden. Die Qualität wurde auch über den Zeitraum der Laufzeit (Haltbarkeitsdauer) mittels „International Conference of Harmonization” (ICH)-konformer Stabilitätsuntersuchungen nachgewiesen. Die in dem Artikel getroffene Aussage ist daher sachlich falsch und ohne wissenschaftliche Grundlage. Weder das homöopathische Ausgangsmaterial noch das Fertigprodukt in Kapseln enthalten lebende Keime. Die Untersuchungen belegen die einwandfreie pharmazeutische Qualität der hergestellten Chargen. Die Firma SANUM-Kehlbeck kann auch analytisch die Abwesenheit von Penicillin und Penicillinderivaten in den eingesetzten Ausgangsstoffen nachweisen.

Aussage 2

„Beschrieben ist ein makulopapullöses Exanthem, das bei einem Kind 3 Tage nach Notakehl-Einnahme aufgetreten sei [4] (Heidl R. Statistische Auswertung einer Anwendungsbeobachtung mit Notakehl. Sanum-Post 2001; 56: 20 – 26)”. Diese Beobachtung kann als allergische Reaktion vom verzögerten Typ gedeutet werden. Bei bekannter Penicillinallergie kann eine Allergen-Reexposition auch in sehr niedrigen Dosierungen zu einer wiederholten allergischen Reaktion führen.

Kommentar 2

Dieses Beispiel wird von der Autorin fehlinterpretiert. Es handelt sich hierbei eher um ein in der homöopathischen Arzneimittelanwendung bekanntes Phänomen der Erstverschlimmerung. Das Exanthem verschwand von selbst trotz weiterer Anwendung des Präparates. Bei einer Reexposition würden die Symptome nicht abklingen wie jedoch nachweislich im vorliegenden Fall. Daher sehen wir die Argumentationskette nicht schlüssig und als sachlich falsch zu bewerten.

Wenn man homöopathische Arzneimittel als „wahrscheinlichen Auslöser” einer akuten interstitiellen Nephritis (AIN) in Betracht zieht, müsste man ebenfalls die Mengen von Penicillinderivaten aus Lebensmitteln (z. B. Fleisch, Milch, Fisch etc.) berücksichtigen, die durch die breitflächige Anwendung von Antibiotika in der industriellen Nutztierhaltung in Lebensmittel gelangen können. In der Verordnung (EU) Nr.37/2010 der Kommission vom 22. Dezember 2009 über pharmakologisch wirksame Stoffe und ihre Einstufung hinsichtlich der Rückstandshöchstmengen in Lebensmitteln tierischen Ursprungs werden beispielsweise die folgenden Rückstandshöchstmengen festgelegt:

  • Amoxicillin, Ampicillin und Benzylpenicillin
    alle zur Lebensmittelerzeugung genutzten Tierarten: 50 µg/kg (Muskel, Fett, Leber, Nieren) und 4 µg/kg (Milch)

  • Phenoxymethylpenicillin
    Schweine: 25 µg/kg
    (Muskel, Leber, Nieren)
    Geflügel: 25 µg/kg (Muskel, Haut und Fett, Leber, Nieren)

Leider ist in der vorliegenden Publikation nicht exakt beschrieben worden, mit welchem „Penicillin” die beschriebene Patientin zuvor behandelt worden ist.

Aus den oben genannten Gründen sehen wir die dargestellte Nebenwirkung mit Ursache in der Behandlung der Patientin mit Notakehl D4 Kapseln als lediglich hypothetische Betrachtung an.

Literatur

  • 1 Türkoglu-Raach G, Gröne H J, Sitter T, Fischederer M. Ein weiterer „Verdächtiger”: Homöopathikum mit akuter interstitieller Nephritis assoziert.  Dtsch Med Wochenschr. 2010;  135 1224-1227

Dr. med. G. Mekle

Leiterin Medizin und Wissenschaft
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