Rofo 2012; 184(2): 88
DOI: 10.1055/s-0031-1274731
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Migräne – Spielt der venöse Blutabfluss eine Rolle?

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Publication Date:
24 January 2012 (online)

 

Die genauen pathophysiologischen Mechanismen der Migräne sind nach wie vor unklar. Eine der Hypothesen vermutete arterielle Gefäßspasmen, doch neuere Untersuchungen legen nahe, dass der Mechanismus komplexer ist. I. K. Koerte et al. gingen der Frage nach, ob das venöse System eine Rolle spielt.

Invest Radiol 2011; 46: 434–440

An der Studie beteiligten sich 26 Patienten (19 Frauen und 7 Männer) im Durchschnittsalter von 37,3 Jahren, die an rezidivierenden Migräneattacken litten. Die mittlere Dauer der Migräneerkrankung betrug 16,6 Jahre mit durchschnittlich 2 Tagen Kopfschmerzen pro Monat. Diesen Patienten stellten die Autoren 26 nach Alter und Geschlecht angepasste Kontrollen gegenüber, die frei von neurologischen Erkrankungen waren. Alle Studienteilnehmer unterzogen sich einer MRT mit einem 3-T-Gerät, wobei eine MR-Venografie der primären und sekundären Venenkanäle der infratentorialen und der oberen Zervikalregion im Time-of-Flight-Modus erfolgte.

Alle Teilnehmer wiesen eine normale Neuroanatomie auf. Bei den Migränepatienten fand sich im Vergleich zu den Kontrollen ein signifikant erhöhter mittlerer venöser Fluss in den 3 sekundären Hauptwegen (84,7 vs. 37,2 ml/min). Ein betonter Fluss zeigte sich hierbei insbesondere in den tiefen zervikalen Venen beider Seiten. Auch die Drainage durch sekundäre Kanäle, ausgedrückt als Prozentanteil am individuellen gesamten zerebralen Blutfluss, zeigte bei Migränepatienten signifikant höhere Werte (10,5 vs. 5,5%). Die relative Drainage über die Jugularvenen war im Gegenzug bei den Patienten niedriger (62,1 vs. 78,2%), wobei die rechte Vene den Hauptanteil trug. Morphologisch fanden sich bei 15 Migränepatienten dichte, sekundäre extrakranielle Venennetze, was nur bei 2 Kontrollen der Fall war.

Fazit

Migränepatienten zeigten gegenüber Kontrollen einen signifikant höheren Anteil des venösen Abflusses über sekundäre Kanäle, wobei die zugrundeliegenden Mechanismen bisher unklar sind. Denkbar sind Vasodilatationen oder Gefäßneubildungen durch wiederholte Freisetzung vasoaktiver Substanzen während der Schmerzattacken, so die Autoren.

Dr. Johannes Weiß, Bad Kissingen

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