Zeitschrift für Palliativmedizin 2012; 13(2): 64-65
DOI: 10.1055/s-0031-1274818
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Ein Notfallset für die Symptomlinderung am Lebensende – Ambulante Palliativversorgung im internationalen Vergleich

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Publication Date:
22 March 2012 (online)

Viele Menschen möchten zu Hause oder im Pflegeheim sterben und nicht zum Sterben in ein Krankenhaus eingewiesen werden. Um eine allgemeine ambulante Palliativversorgung (AAPV) für „alle die es brauchen” zu ermöglichen, ist die rasche Verfügbarkeit von Medikamenten zur Symptomlinderung am Lebensende ein wesentlicher Faktor. Schwierigkeiten bei der Bereitstellung, insbesondere von Opioiden, finden sich sowohl in der häuslichen Versorgung als auch in Pflegeheimen (1).

In Deutschland gibt es aktuell eine Debatte zur Verfügbarkeit von Morphin und anderen Medikamenten zur Symptomlinderung und zu palliativen Apotheken-Notfalldepots. Ein erster Schritt zur Verbesserung der Verfügbarkeit von Opioiden ist die Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung. Danach dürfen nun auch Hospize und Einrichtungen der ambulanten Palliativversorgung Notfalldepots anlegen (2,3).

Erfahrungen aus Bergen (Norwegen) haben gezeigt, dass es bei der ambulanten Palliativversorgung sterbender Menschen – zu Hause und in Pflegeheimen – häufig problematisch ist, Medikamente und Applikationsmaterial im Bedarfsfall (insbesondere nachts und am Wochenende) rasch verfügbar zu haben. Daraus entstand die Idee, ein Notfallset zu erstellen, das die 4 wichtigsten Medikamente zur Symptomlinderung am Lebensende ([Tab. 1]) inklusive Applikationsmaterial enthält ([Tab. 2], [Abb. 1]). Vorbild für das Bergener Modellprojekt in Norwegen waren seinerzeit Erfahrungen mit einem ähnlichen Ansatz aus England (4).

Tab. 1 Die 4 wichtigsten Medikamente zur Symptomlinderung am Lebensende. Indikation Medikament Dosierung Maximale Tagesdosis Art der Verabreichung Schmerz, Dyspnoe Morphin (Opioidanalgetikum) 2,5–5–10 mg oder 1/6 der vorherigen Tagesdosis (p.o.:s.c. = 3:1) bis zu 1 x pro Stunde vom Effekt abhängig (selten mehr als 400 mg) subkutan Angst, Unruhe, Panik, Muskelzittern, Krämpfe Midazolam (Benzodiazepin, Sedativum) 1 mg für alte / schwache Patienten; sonst mit 2–2,5 mg bis zu 1x pro 30 Minuten starten vom Effekt abhängig(selten mehr als 20 mg) subkutan Übelkeit, Unruhe, Agitation Haldol (Haloperidol, Neuroleptikum) 0,5–1 mg x 3 (gegen Übelkeit) 2 mg x3 (gegen Unruhe / Agitation) 10 mg subkutan Rasseln in den oberen Atemwegen, Ileus, Kolik Robinul (Glykopyron, Anticholinergikum) Startdosis 0,4 mg nach 4 Stunden 0,2 mg x 4 (jede 6. Stunde) 1,8 mg subkutan

Tab. 2 Inhalt des Notfallsets zur Symptomlinderung am Lebensende Medikamente: Morphin 10 mg / ml 10 ml Durchstechflasche x1 Midazolam 1 mg / ml 5 ml Ampulle x6 Haldol 5 mg / ml 1 ml Ampulle x3 Robinul 0,2 mg / ml 1 ml Ampulle x4 NaCl 9 mg / ml 10 ml Ampulle x1 Verbrauchsmaterial: Alkoholtupfer x4 Luerlock-Verschluss x4 Subkutannadel x4 Aufziehkanüle x8 Pflaster x4 Spritze 2 ml x4 Spritze 1 ml x4 Dokumente: Behandlungsalgorithmen (5 Stück) x1 Dosierungstabelle der 4 wichtigsten Medikamente x1 Anordnungsformular x1 Dokumentationsformular für applizierte Dosen x1 Anleitung zum Gebrauch einer Subkutannadel x1 Evaluationsbogen für Forschungszwecke x1

Abb. 1 Prototyp des Notfallsets in einer handelsüblichen Werkzeugbox aus einem Baumarkt.

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