Rofo 2012; 184(5): 408
DOI: 10.1055/s-0031-1274851
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Akute Appendizitis und tubulär-ovarieller Abszess – CT-Merkmale helfen bei diagnostischer Abgrenzung

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Publication Date:
10 May 2012 (online)

Die CT-Merkmale, die bei einem rechtsseitigen tubulär-ovariellen Abszess (TOA) eine eindeutige Abgrenzung zur akuten Appendizitis (AA) erlauben, sind nach Kenntnis der Autoren bisher noch nicht systematisch untersucht worden. Eshed et al. untersuchten deshalb retrospektiv CT-Merkmale von oral und intravenös kontrastverstärkten CT-Protokollen von Patientinnen, die im Zeitraum von 2002 bis 2007 die klinische oder chirurgische Diagnose einer TOA oder AA aufwiesen.

Clin Radiol 2011; 66: 1030–1035

CT-Aufnahme einer Appendizitis mit gedeckter Perforation. Wandverdickte, flüssigkeitsgefüllte Appendix (lange Pfeile) mit ödematöser Verdichtung des umgebenden mesenterialen Fettgewebes. Nachweis einer ventralseitig gelegenen Flüssigkeitskollektion mit abgekapseltem Aspekt und Rand-Enhancement im Sinne einer Abszessformation (Stern). Umschriebene Kontinuitätsunterbrechung der Appendixwand als Zeichen der ursächlichen gedeckten Perforation (kurzer Pfeil), (Bild: Wiesner W, Kirchhoff TD, Opherk JP. Radiologie up2date 2009; 9: 35–47).

Ein tubulär-ovarieller Abszess als Spätkomplikation einer Entzündung im Beckenbereich wird gewöhnlich sonografisch abgeklärt. Bei mehrdeutigen Befunden kommt das CT zum Einsatz. Das CT-Erscheinungsbild eines rechtsseitigen TOA kann aber dem einer akuten Appendizitis gleichen. Dies gilt vor allem dann, wenn als Komplikation der Appendizitis ein peri-appendikulärer Abszess (PAA) auftritt. Übereinstimmende klinische und Laborbefunde helfen nicht weiter, sodass es nahelag, CT-Merkmale zu definieren, die differenzialdiagnostisch verwertbar sind. Eine frühzeitige Abklärung der beiden akuten Krankheitsbilder ist auch deshalb nötig, damit die Patientinnen ohne Verzug möglichst schon von der Notaufnahme zur Therapie an die entsprechenden Fachabteilungen (Allgemeinchirurgie oder Gynäkologie) überwiesen werden können.

Es konnten 48 Patientinnen (mittleres Alter: 39,3 ± 9,8 Jahre) mit rechtsseitiger TOA und 80 Patientinnen (mittleres Alter: 53,5 ± 19,9 Jahre) mit AA (einschließlich 24 mit PAA) im CT-Archiv eines Zentrums identifiziert werden. Basierend auf Literaturangaben und eigenen CT-Erfahrungen wurden 12 CT-Merkmale definiert, die zur Abgrenzung beider Krankheitsbilder brauchbar erschienen und in 1. Linie Wanddicke, Fettanlagerungen oder Flüssigkeitsansammlungen einzelner Darmabschnitte bzw. der Adnexe betreffen.

Zwei erfahrene Radiologen legten sich mithilfe dieser CT-Merkmale ohne Kenntnis der ursprünglichen CT-Befunde oder der Krankheitsverläufe übereinstimmend auf die Diagnosen TOA oder AA (mit oder ohne PAA) fest.

Die häufigsten Merkmale der TOA-Gruppe waren komplexe Veränderungen am Ovar (einschließlich vergrößerter Wanddicke und Flüssigkeitsansammlung), peri-ovarielle Fettanlagerung und eine verdickte Darmwand im rekto-sigmoidalen Bereich. Eine Appendix war in etwa der Hälfte aller TOA-Fälle nicht nachweisbar gegenüber 15% aller AA-Fälle.

In der AA-Gruppe waren die häufigsten Merkmale eine überblähte Appendix mit verdickter Wand bei normaler ovarieller und peri-ovarieller Fettverteilung sowie einem verdicktem Zäkum mit Fettanlagerung.

Im Abgleich zu den ursprünglichen klinischen Diagnosen konnten 118 von 128 (92%) korrekt differenziert werden (41 TOA = 85%, 77 AA = 96,3%). Mehrdeutige Befunde ergaben sich in 6 Fällen (5%), davon 4 (8,3%) Fälle von TOA und 2 (2,5%) mit der klinischen Diagnose AA. Es verblieben 4 Fälle (3%) mit inkorrekten Diagnosen, die klinisch als TOA in 3 Fällen (6,3%) und als AA in 1 Fall (1,3%) vordiagnostiziert waren.

Fazit

Mithilfe standardisierter CT-Merkmale können fast alle Fälle einer akuten Appendizitis von einem rechtsseitigen tubulär-ovariellen Abszess differenziert werden, wobei der fehlende Nachweis einer Appendix keine Rolle spielt. Die Abgrenzung etlicher Fälle einer TOA von einer akuten oder perforierten Appendizitis bleibt jedoch eine diagnostische Herausforderung und sollte nach Einschätzung der Autoren in weiteren Studien untersucht werden.

Maria Weiß, Berlin (Medizinjournalistin)

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