Geburtshilfe Frauenheilkd 2011; 71(7): 601-605
DOI: 10.1055/s-0031-1280052
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ethische Aspekte der Fertilitätsreservenschaffung bei gesunden Frauen

Ethical Reflections on the Preservation of Fertility in Healthy WomenU. Bittner1
  • 1Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Universität Ulm, Ulm
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Publication History

eingereicht 1.4.2011 revidiert 14.6.2011

akzeptiert 16.6.2011

Publication Date:
27 July 2011 (online)

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Zusammenfassung

Neuartige Einfrier- und Auftautechniken ermöglichen ein Einfrieren ohne Kristallisationsschäden, ein langjähriges Aufbewahren von unfertilisierten Oozyten und ihr unbeschadetes Auftauen. Dadurch ergeben sich – v. a. für Frauen – neue Wahlmöglichkeiten bei der Gestaltung der eigenen Lebens- bzw. Familienplanung. Frauen, die eine eigene Fertilitätsreserve anlegen, können dann in späteren Lebensjahren – wenn die ovarielle Funktion abnimmt – auf junge, unbefruchtete Eizellen zurückgreifen und – da die uterine Funktion mit dem Alter nicht wesentlich abnimmt – eine Schwangerschaft mit eigenen Keimzellen austragen. Da diese Form der Fertilitätsreservenschaffung in Deutschland gesetzlich erlaubt ist, kann es daher auch hierzulande zukünftig zu postmenopausalen Schwangerschaften kommen. Bisher war dies nicht möglich, da postmenopausale Schwangerschaften nur durch Fremd-Eizellspende möglich sind, diese jedoch gemäß Embryonenschutzgesetz verboten ist. Die ethisch brisante Frage, die sich mit den neuen reproduktionsmedizinischen Verfahren stellt, lautet: Wie kann bzw. sollte die Nutzung eigener Fertilitätsreserven zukünftig geregelt werden? Das simple Setzen willkürlicher Altersgrenzen scheint hier kein probates Mittel. Denn oftmals entspricht das chronologische Alter einer Frau nicht ihrem biologischen Alter. Frauenärzte, Reproduktionsmediziner und Ethiker sollten daher in einen intensiven Dialog treten, um sich über einen vernünftigen Umgang mit diesen neuen Herausforderungen unter biologischen wie ethischen Aspekten zu verständigen. Denn auch wenn sich z. B. das Verfahren der Vitrifikation derzeit noch im experimentellen Status befindet, so liegt es doch auf der Hand, dass schon in nächster Zukunft Patientinnen ihre Frauenärzte nach den Möglichkeiten der Fertilitätsreservenschaffung fragen und eine kompetente Antwort erwarten werden – v. a., da schon zu beobachten ist, dass bereits erste Fertilitätszentren in Deutschland „social egg feezing“ anbieten.

Abstract

The freezing of unfertilised oocytes (“egg freezing”) is an assisted reproduction technique that allows eggs to be available for fertilisation, even after female fertility has declined in later years. Cryopreserved, unfertilised oocytes offer women new possibilities of planning their lives and timing motherhood. Women are now able to get pregnant in later stages of life with their own gametes. Because uterine function does not necessarily undergo an age-related decline, postmenopausal pregnancies with one's own genetic germ cells has become a realistic option. This will have a great impact, even in Germany. Until now, postmenopausal pregnancies have been illegal because they depend on egg donation, which is prohibited in Germany. However, due to the fact that creating one's own fertility reserve is allowed in Germany, the phenomenon of late-stage pregnancies may become a widespread practice in family planning. These developments will challenge the work of gynecologists and fertility doctors because, presumably, women will soon start asking them about new possibilities and developments in egg freezing. Fertility clinics in the United States are already giving an indication of how this market may develop. What is needed right now is an ethical reflection in order to find the right way of handling of these challenges. Setting an arbitrary age limit for using one's own fertility reserves will not suffice because biological and chronological age may often be mutually exclusive. Gynecologists and ethicists should therefore engage in a process of ethical reflection as soon as possible.

Literatur

Uta Bittner, M.A., Dipl.-Kffr. (FH)

Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin
Universität Ulm

Frauensteige 6 (Michelsberg)

89075 Ulm

Email: uta.bittner@uni-ulm.de