Zentralbl Chir 2011; 136(03): 200-202
DOI: 10.1055/s-0031-1283068
Rechtliches - Urteile und Hintergründe
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Komplikationsmanagement – Galleleck nach Cholezystektomie

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Publication Date:
20 June 2011 (online)

 

Eine Patientin klagt, nachdem im Anschluss an eine laparoskopische Cholezystektomie sehr schwere Komplikationen auftreten.

Medizinischer Sachverhalt

Bei einer ansonsten gesunden 30-jährigen Patientin wurde am 27.01.2004 bei Vorliegen einer symptomatischen Cholecystolithiasis – viele kleine Steine, Ductus choledochos nicht erweitert – laparoskopisch eine Cholecystektomie vorgenommen. Die Aufklärung mit Hilfe eines standardisierten Aufklärungsbogens war korrekt und umfassend. Die Operation wurde standardmäßig durchgeführt und im OP-Bericht genau und nachvollziehbar beschrieben.

Auffällig war lediglich ein relativ kurzer Ductus cysticus, der sich jedoch sicher identifizieren und versorgen ließ. Beim retrograden Ausschälen der Gallenblase aus dem Leberbett fiel eine derbe Verschwielung der Gallenblasenwand auf. Die histologische Untersuchung bestätigte eine erhebliche Fibrose der Gallenblase in diesem Bereich.

Bei der intraoperativen Kontrolle des Leberbettes fand sich kein Hinweis auf einen aberrierenden Gallengang oder eine Gallenwegsleckage. Der postoperative Verlauf sowie die Laborwerte und Entzündungsparameter waren unauffällig. Lediglich eine Fieberzacke bis 38°C am 2. postoperativen Tag war vorhanden. Darauf musste diagnostisch und therapeutisch nicht reagiert werden, da sich spontan die Temperatur normalisierte. Lediglich Blähungen wurden im Pflegebericht in der postoperativen Phase bis zum Entlassungstag am 02.02.2004 dokumentiert, ansonsten keine Auffälligkeiten.

Eine Wiederaufnahme erfolgte am 04.02.2004 unter dem Bild eines akuten Abdomens (Laborwerte: Leukozyten 15000/mm3, Gesamt-Bilirubin 0,51mg%, GOT 207 U/l, GPT 523 U/l, GGT 201 U/l, alkalische Phosphatase 400U/l, Lipase 32U/l, Alpha-Amylase 122U/l, Kalium 3,3mmol/l). Umgehend wurde eine erneute Laparoskopie anberaumt und über einen möglicherweise erforderlichen Umstieg auf eine offene Operation aufgeklärt.

Es fand sich bei der Revisionsoperation am 04.02.2004 bei ansonsten intakten Operationssitusverhältnissen ein Galleaustritt im Bereich des Leberbetts. Als Ursache wurde ein aberrierender Gallengang oder ein tangential getroffener größerer Lebergang in der Leber bzw. im Leberbett diskutiert, diese Stelle wurde übernäht und durch Foto dokumentiert. Nach Spülung und Drainage-Einlage erfolgte die postoperative Überwachung auf der Intensivstation. Gleichzeitig wurden Schmerzmittel gegeben. Die gallige Sekretion sistierte weitgehend.

Am 06.02.2004 konnte eine Verlegung auf Normalstation erfolgen. Die Leukozyten sanken von 15000/mm3 (04.02.2004) auf 9400/mm3 (08.02.2004). Es kam jedoch zu einem leichten Bilirubin-Anstieg bis zum 07.02.2004 auf 4,6mg%. Die Gamma-GT als Cholestase-Parameter war rückläufig.

Bei ansteigendem Bilirubin-Wert und Wiedereinsetzen der Gallensekretion über die Drainage wurde am 09.02.2004 eine ERCP (endoskopisch retrograde Darstellung vom Ductus choledochos und Ductus pancreaticus) vorgenommen. Es fand sich eine Leckage des rechten Gallenganges und die rechtsseitigen Leberäste der Gallenwege stellten sich nicht dar.

Nach Verlegung (12.02.2004) in eine Univ.-Klinik wurde in der Abteilung für Gastroenterologie die Leckage mit einem Stent (14.02.2004) überbrückt. Ein intraabdomineller Abstrich ergab mäßiggradig positive Kokken, lediglich auf Vancomycin sensibel. Die endoskopische Maßnahme und die antibiotische Abdeckung führten allerdings nicht zu einem durchschlagenden Erfolg, so dass die Patientin in die chirurgische Klinik der Univ.-Klinik verlegt werden musste. Die Leukozyten waren zwischenzeitlich auf 42000/mm3 angestiegen. Eine CT-Untersuchung zeigte im Leberhilusbereich einen hypodensen Bezirk. Ein Cholangio-CT am 16.02.2004 bewies einen weiterhin vorhandenen Galleaustritt, der quantitativ über die interventionell eingelegte Drainage abgeleitet werden konnte.

Bei sich stabilisierenden Leberwerten aber konstantem Galleaustritt wurde am 18.02.2004 eine offene Laparotomie vorgenommen. Die Gallengangsleckage wurde über eine hochgezogene Dünndarmschlinge mit Fußpunktanastomose saniert. Die ursprüngliche Gallengangwand im Bereich des Leberbettes war im Leckagebereich nur noch zu ein Viertel vorhanden, möglicherweise war dies durch die andauernde Entzündung in diesem Bereich zusätzlich zu der initialen Verletzung bedingt. Die Stent-Anlage erfasste die Leckage nicht vollständig. Es blieb als einzige Alternative die Anlage einer biliodigestiven Anastomose, die trotz der Infektionen in diesem Bereich angelegt werden musste.

Der weitere Verlauf auf der Intensivstation vom 23.02.2004 bis 16.03.2004 war durch eine Arrosionsblutung aus der Arteria hepatica dextra und einer Anastomoseninsuffizienz sowie ein abdominelles Kompartmentsyndrom kompliziert. Die Patientin musste mehrfach relaparotomiert werden und kurzzeitig auch einer programmierten Lavage (7x) zugeführt werden. Nach mehreren Revisionseingriffen konnte das Abdomen definitiv am 16.03.2004 verschlossen werden. Im Rahmen einer prolongierten Beatmungstherapie vom 23.02.2004 bis 16.03.2004 wurde eine Dilatationstracheotomie (Luftröhrenschnitt) erforderlich, diese konnte am 16.03.2004 aufgehoben werden.

Die antibiotische Therapie erfolgte anfänglich sehr breit kalkuliert und bei Vorliegen des Keimspektrums und der Resistenzkriterien ansonsten kontrolliert. Eine Entlassung mit teilweise sekundär heilenden Wunden erfolgte am 26.03.2004. Die anschließend erforderliche Anschlussheilbehandlung wurde vom 07.04.2004 bis 28.04.2004 von der Patientin wahrgenommen, danach erholte sie sich allmählich von diesem sehr schweren Krankheitsverlauf.