Zeitschrift für Phytotherapie 2011; 32(5): 218-219
DOI: 10.1055/s-0031-1286029
Forschung
Leserbrief
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Wirksamkeit von Olivenblättern gegen Bluthochdruck

Antwort zum Kommentar über eine kürzlich publizierte Vergleichstudie von Olivenblätterextrakt mit CaptoprilTania Perrinjaquet-Moccetti
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Publication Date:
04 November 2011 (online)

Prof. Schulz diskutiert in seinem Kommentar [1] die Ergebnisse der kürzlich publizierten klinischen Studie von Susalit et al. [2], in der die Wirksamkeit von Olivenblättern gegen Hypertonie im Vergleich zum blutdrucksenkenden Arzneistoff Captopril untersucht wurde. Hiermit möchten wir Stellung nehmen zu den diskutierten Schwächen dieser Studie.

Der Autor kommentiert einerseits, dass eine Senkung im einstelligen Bereich nicht ausreichend im praktischen Nutzen für die Behandlung von Bluthochdruckbetroffenen sei. Der Olivenblätterextrakt senkte den systolischen Blutdruck im Mittel um 11,5 mmHg, den diastolischen um 4,8 mmHg. Die Größe dieser Senkung ist effektiv, zumindest für den systolischen Blutdruck, also zweistellig. Das primäre Ziel für hypertensive Patienten ist die maximal langfristige Reduktion des kardiovaskulären Risikos, die über die Behandlung des erhöhten Blutdrucks per se und der assoziierten Risikofaktoren zu erreichen ist. Dazu werden um 10–15 mmHg systolisch bzw. 5–10 mmHg diastolisch tiefere Blutdruckwerte gefordert, gemäß WHO-Leitlinien [3]. Außerdem wirken sich schon geringe Blutdrucksenkungen positiv auf die Gesundheit aus: Besonders bei Patienten im mittleren und höheren Lebensalter (wie in der Studie) haben tiefere Blutdruckwerte bis auf 115/75 mmHg signifikante Auswirkungen auf die Wahrscheinlichkeit vaskulärer Mortalität [4]. In dieser Hinsicht ist die mit dem Olivenblätterextrakt erzielte Senkung von klinischer Bedeutung.

Obwohl die absolute Senkung des Blutdrucks für die Behandlung der Hypertonie sicherlich wichtig ist, ist gemäß internationaler Organisationen (ESH-ESC, JNC) der Zielblutdruck selbst noch wichtiger, welcher für alle Hypertoniker angestrebt werden sollte [5], [6]: Es wird empfohlen, bei Hypertonikern 1. oder 2. Grades mit geringem oder moderatem kardiovaskulären Risiko den syst. Blutdruck auf Werte unter 140 mmHg zu senken. Dieses ist der Grenzwert, oberhalb dessen das Risiko einer Schädigung kardiovaskulärer Organe signifikant zu steigen beginnt. In der Studie von Susalit et al. erreichte der größte Teil der Teilnehmer sowohl in der Olivenblätterextrakt- als auch in der Captopril-Gruppe dieses Ziel, nämlich 72,2 bzw. 88,2% (unpublizierte Daten). Im Vergleich miteinander waren diese Daten zwar statistisch signifikant unterschiedlich (p = 0,025), jedoch vergleichbar mit den Erfolgsraten von verschiedenen blutdrucksenkenden Arzneimitteln (inkl. Captopril 25–100 mg/d) nach einem Jahr Behandlungszeit als Monotherapie, wie in einer früher publizierten großen placebokontrollierten klinischen Studie ermittelt wurde [7].

Abb. Extrakte aus Olivenblättern: Möglicherweise doch relevant bei leichter Hypertonie?

In unserer Studie war die Blutdruckmessung – wie im Manuskript erwähnt – standardisiert, um die Wahrscheinlichkeit zu reduzieren, dass die gemessenen Blutdruckdifferenzen auf eine rein messtechnisch bedingte Varianz zurückzuführen sind. Der Studienablauf beinhaltete außerdem eine 4-wöchige einfachblinde Run-in- Phase mit Placebo. Nur solche Teilnehmer, die nach dieser Periode dennoch erhöhten Blutdruck hatten (syst. > 140 mmHg und diast. normal oder 90–99 mmHg), wurden in die Behandlungsphase mit Olivenblätterextrakt oder Captopril eingeschlossen. Damit wurden die Ausgangsbedingungen für die nachfolgende Versuchsphase klarer standardisiert und der Placebo-Effekt quasi zur Baseline gemacht, damit er nicht signifikant zur Blutdrucksenkung beitragen würde. Deswegen ist die Reduzierung des Blutdrucks nach dieser Run-in-Phase eher der Studienbehandlung als dem Placebo- Effekt zuschreibbar.

Andererseits bemängelt der Autor, dass das eingesetzte Vergleichspräparat Captopril zu niedrig dosiert sei. Dazu möchten wir erklären, dass für die Auswahl der Dosierung die für die Praxis gültigen Empfehlungen für die Behandlung der Hypertonie berücksichtigt worden sind, nach denen die pharmakologische Therapie mit einem antihypertensiven Medikament bei niedriger Dosis begonnen werden sollte. Wir machen darauf aufmerksam, dass die Teilnehmer der Studie bisher unbehandelte Hypertoniker 1. Grades waren. Für diese Patienten ist gemäß WHO-Leitlinien [3] eine anfängliche Behandlung mit Captopril in der minimal effektiven Dosierung angesagt, d.h. 12,5 mg, welche alle 1–2 Wochen in Abhängigkeit der Therapieantwort titriert werden kann. Diese Empfehlung wurde auch in der Studie angewendet. Dazu kommt, dass die Behandlung in Indonesien, wo die Studie durchgeführt wurde, üblicherweise mit der 12,5 mg-Tagesdosis begonnen wird – unter Berücksichtigung des unterschiedlichen mittleren Körpergewichts von Indonesiern und Bewohnern westlicher Industrieländer. Die Dosierung des Vergleichspräparates ist in Anbetracht der für diese Studie gewählten Zielgruppe deshalb durchaus sinnvoll.

Mit Hinsicht auf alle oben erwähnten Erläuterungen scheinen deshalb die Resultate der Olivenblätterextrakt-Captopril- Vergleichsstudie doch sehr interessant. Sie tragen dazu bei, die in der Volksmedizin länger bekannte Wirkung von Olivenblättern bei Bluthochdruck wissenschaftlich zu belegen.

Schlussendlich weisen wir auf einen Fehler im Text des Kommentars hin: Der korrekte Name des Handelsprodukts ist nicht EFLA®Hyperpure, sondern EFLA®943 Olive leaf extract. EFLA®Hyperpure ist der Handelsname des in der Herstellung des Extrakts angewendeten patentierten Verfahrens zur Entfernung von Verunreinigungen, wie z.B. der schützenden Wachsschicht der Olivenblätter.

Online

http://dx.doi.org/10.1055/s-0031-1286029

Literatur

  • 1 Schulz V. Olivenblätter-Extrakt wirksam gegen Bluthochdruck? Doppelblindstudie im Vergleich mit niedrig dosiertem Captopril.  Z Phytother. 2011;  32 128-129
  • 2 Susalit E. Agus N. Effendi I. et al.. Olive (Olea europaea) leaf extract effective in patients with stage-1 hypertension: comparison with Captopril.  Phytomedicine. 2011;  18 251-258
  • 3 Clinical guidelines for the management of hypertension. WHO EMRO Technical Publications Series 29. Ed. Khatib OMN El-Guindy MS 2005. Cairo: World Health Organization; Regional Office for the Eastern Mediterranean
  • 4 Lewington S. Clarke R. Qizilbash N. et al.. Agespecific relevance of usual blood pressure to vascular mortality: a meta-analysis of individual data for one million adults in 61 prospective studies.  Lancet. 2002;  360 1903-1913
  • 5 Mancia G. De Backer G. Dominiczak A. et al.. 2007 Guidelines for the Management of Arterial Hypertension: The Task Force for the Management of Arterial Hypertension of the European Society of Hypertension (ESH) and of the European Society of Cardiology (ESC).  J Hypertens. 2007;  25 1105-1187
  • 6 Chobanian AV. Bakris GL. Black HR. et al.. Seventh report of the Joint National Committee on Prevention, Detection, Evaluation, and Treatment of High Blood Pressure.  Hypertension. 2003;  42 1206-1252
  • 7 Materson BJ. Reda DJ. Cushman WC. et al.. Single-drug therapy for hypertension in men. A comparison of six antihypertensive agents with placebo. The Department of Veterans Affairs Cooperative Study Group on Antihypertensive Agents.  N Engl J Med. 1993;  328 914-921

Tania Perrinjaquet-Moccetti



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