Dtsch Med Wochenschr 2011; 136: S68
DOI: 10.1055/s-0031-1286097
Zusammenfassung | Abstract
Qualitätsmanagement
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Was erwartet der GKV-Spitzenverband von der sektorenübergreifenden Qualitätssicherung?

What does the National Association of Statuatory Health Insurance Funds expect from the transsectoral quality assurance?W-D. Leber1
  • 1GKV-Spitzenverband, Berlin
Further Information
#

Korrespondenz

Dr. Wulf-Dietrich Leber

GKV-Spitzenverband

Mittelstr. 51

10117 Berlin

Phone: 030/2062882200

Email: Wulf-Dietrich.Leber@gkv-spitzenverband.de

Publication History

Publication Date:
06 September 2011 (online)

Table of Contents

    In der Politik und im Kreise der QS-Experten besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass wesentliche Aspekte medizinischer Versorgungsqualität nur mit sektorenübergreifenden Instrumenten beurteilbar sind. Der gesetzgeberische Schritt zur sektorenübergreifenden QS im Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) war deshalb zukunftsweisend, auch wenn er bisweilen von romantisch-illusionären Rundum-Sorglos-Phantasien begleitet wird. Gleichermaßen übertrieben sind Befürchtungen in der Ärzteschaft, die in einer fundamentalistischen Widerstandsresolution auf dem Ärztetag ihren prägnanten Ausdruck fand (vgl. Beschlüsse des Deutschen Ärztetages 2011).

    Die Fortschritte bei der Einführung einer sektorenübergreifenden QS sind ernüchternd. Es ist derzeit absehbar, dass frühestens 2016 erste belastbare Zahlen diskutiert werden können – immerhin neun Jahre nach dem parlamentarischen Beschluss (Inkrafttreten des GKV-WSG am 01.04.2007). Nimmt man die Etablierung neuer Verfahren zum Maßstab, dann muss man von verlorenen Jahren in der QS reden. Ursächlich für die quälend langsame Entscheidungsfindung im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) sind die sektoralen Anbieterorganisationen Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die sektorenübergreifende Prozesse als Bedrohung der eigenen Organisationsmacht sehen. Konzeptionelles Neuland und die in der Tat nicht trivialen Datenprozesse sind willkommener Anlass, die Phase sektoraler QS ad infinitum zu perpetuieren.

    Zur Verzögerung der sektorenübergreifenden QS trägt auch bei, dass, u. a. getrieben vom neuen QS-Institut AQUA (Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen), die sektorenübergreifende QS als Neukonstruktion neben die bestehenden sektoralen Verfahren gesetzt wird. Wesentlich schneller wäre es, die bestehenden sektoralen Verfahren in Richtung sektorgleicher Anwendung und in Richtung sektorenübergreifender Verlaufsbeobachtung zu erweitern. Paradebeispiel für ein insuffizientes sektorales Verfahren, das in Richtung Verlaufsbeobachtung und sektorgleicher Anwendung erweitert werden müsste, ist das KV-dominierte QS-Verfahren der Dialyse. Ein erster Versuch, das Zeitfenster zu öffnen und fallübergreifende QS-Messung zu ermöglichen, wird derzeit für Hüft- und Kniegelenksersatz unternommen.

    Gesetzgeberischer Weiterentwicklungsbedarf besteht bei der Einbeziehung von Routinedaten zwecks aufwandsarmer Qualitätsmessung. Aussichtsreichster erster Schritt dürfte die Verwendung von Kassendaten zur Messung von Mortalität sein. Mittelfristig sind auch weitere Behandlungsdaten in die QS-Messung einzubeziehen.

    Die QS-Verfahren im Rahmen der integrierten Versorgung waren im Ergebnis wenig ergiebig. Es gibt kein einziges Verfahren, das es zu einem bundesweiten Standard für sektorenübergreifende Versorgung gebracht hätte. Wichtig ist, dass künftig auch Integrationsverträge und andere Formen selektiver Vertragsgestaltung Bestandteil der bundesweit obligatorischen QS-Verfahren bleiben.

    Die größten Fortschritte sind derzeit im Bereich Transparenz identifizierbar. Der Qualitätsbericht der Krankenhäuser wird gemäß Änderung im Infektionsschutzgesetz künftig jährlich erscheinen und aufgrund des G-BA-Beschlusses vom 19.05.2011 182 statt bislang 28 Indikatoren enthalten.

    Die bescheidenen Fortschritte im Bereich der G-BA-Verfahren erhöhen die Bedeutung von QS-Initiativen jenseits der kollektivvertraglichen Bundesregelungen. Oft bahnen sie (vgl. QSR, 4QD und Endoprothesenregister) den Weg für eine flächendeckende Anwendung in der Zukunft.

    Insgesamt bleibt die QS ein vieldimensionaler Prozess, der auch zur Grundlage einer ergebnisorientierten Vergütung (P4P) werden könnte. Eine Übersicht über mehr als 2000 Indikatoren bietet der Qualitätsindikatoren-Thesaurus Quinth des GKV-Spitzenverbandes (vgl. www.quinth.de).

    Was erwartet der GKV-Spitzenverband von der sektorenübergreifenden QS? Er erwartet, dass die QS künftig stärker aus der Patientenperspektive erfolgt. Es wäre falsch, die Patientenperspektive methodisch auf Patientenbefragung zu reduzieren. Da Patienten in der Regel ambulant und stationär behandelt werden, wird die sektorenübergreifende QS zum Normalfall werden müssen. Sektorspezifische QS wird nur ein zunehmend seltener Spezialfall der QS insgesamt sein.

    Autorenerklärung: Es bestehen keine finanziellen Interessenkonflikte in Bezug auf dieses Manuskript.

    #

    Korrespondenz

    Dr. Wulf-Dietrich Leber

    GKV-Spitzenverband

    Mittelstr. 51

    10117 Berlin

    Phone: 030/2062882200

    Email: Wulf-Dietrich.Leber@gkv-spitzenverband.de

    #

    Korrespondenz

    Dr. Wulf-Dietrich Leber

    GKV-Spitzenverband

    Mittelstr. 51

    10117 Berlin

    Phone: 030/2062882200

    Email: Wulf-Dietrich.Leber@gkv-spitzenverband.de