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DOI: 10.1055/s-0031-1286696
Hypoglykämien – die unterschätzte Gefahr – Diabetestherapie ohne zusätzliches Hypoglykämierisiko
Publication History
Publication Date:
30 August 2011 (online)
Welche Risiken die "Polypharmazie" mit möglichen Wechselwirkungen gemeinsam verabreichter Medikamente hinsichtlich der Gefahr einer Hypoglykämieentwicklung aus klinisch pharmakologischer Sicht birgt, legte Prof. Dr. Walter Haefeli, Heidelberg, dar. Nicht nur Insulin, sondern auch Sulfonylharnstoffe und Glinide seien aufgrund ihrer blutzuckerunabhängigen Wirkung als Mono- oder Kombinationstherapie mit einem erhöhten Risiko für Hypoglykämien assoziiert. Diese Gefahr sei hingegen bei blutzuckerabhängiger Wirkung, wie sie DPP-4-Hemmer, z. B. Sitagliptin oder GLP-1-Analoga zeigen, gering. Pharmakologisch betrachtet könne auch der Eliminationsweg eines Wirkstoffes das Hypoglykämierisiko beeinflussen. So spiele für die hepatische Elimination von Sulfonylharnstoffen und Gliniden insbesondere CYP2C9 (Cytochrom P450 2C9) eine wichtige Rolle. Haefeli wies darauf hin, dass bei Typ-2-Diabetikern, die unter einer Sulfonylharnstofftherapie eine schwere Hypoglykämie entwickelten, über fünfmal häufiger eine CYP2C9-Enzymvariante mit geringer Aktivität vorhanden sei ("langsame Metabolisierer"). Diese Variation des Enzyms, so Haefeli, trage zu einer Erhöhung des Risikos für schwere Hypoglykämien unter Sulfonylharnstoffgabe bei. Auch könne CYP2C9 z. B. durch Medikamente wie Fluconazol oder Trimethoprim (Cotrimoxazol) gehemmt werden, was bei der Auswahl einer antidiabetischen Therapie stets zu berücksichtigen sei.
Hypoglykämiewahrnehmung – gefährlicher Nachtschlaf
Praktische Aspekte standen auch im Zentrum der Ausführungen von Prof. Dr. Werner Kern, Ulm, der der Frage nach den klinischen Zeichen von Hypoglykämien und den Veränderungen in der Pathophysiologie der betroffenen Patienten nachging. Subjektiv wahrnehmbar seien insbesondere Frühwarnsymptome des autonomen Nervensystems wie Schwitzen, Zittern, und Herzklopfen, die jedoch nur in einem relativ schmalen Blutzuckerfenster auftreten, so Kern. Auch ändere sich die Wahrnehmung von Hypoglykämien im Krankheitsverlauf. Bereits nach einer leichten hypoglykämischen Episode seien die Gegenregulationsmechanismen bis zu 24 Stunden lang reduziert, Symptome einer erneuten Hypoglykämie könnten bei den betroffenen Patienten verzögert wahrgenommen werden, so Kern. Insbesondere nachts sei die Gefahr für Hypoglykämien zusätzlich erhöht, da im Schlaf die Gegenregulationsmechanismen herabgesetzt seien. Um das Risiko für Hypoglykämien so weit wie möglich zu reduzieren, sei die Auswahl der Therapie entscheidend. Häufig Hypoglykämie auslösende orale Antidiabetika wie Sulfonylharnstoffe und Glinide, seien bei Risikopatienten nur zurückhaltend einzusetzen, so Kern. Neben Metformin seien bei diesen Patienten DPP-4-Hemmer wie z. B. Sitagliptin oder auch GLP-1-Analoga besser geeignet, denn für diese Medikamente ist das Hypoglykämierisiko äußerst gering.
Quelle: Pressemitteilung Berlin-Chemie
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