Der Klinikarzt 2011; 40(10): 473
DOI: 10.1055/s-0031-1295349
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Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern – Dabigatranetexilat: starke Alternative zu Warfarin

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Publication Date:
08 November 2011 (online)

 

Für Patienten mit Vorhofflimmern gibt es seit August diesen Jahres nach mehr als 50 Jahren eine neue Therapieoption zur Schlaganfallprävention. Der Gerinnungshemmer Dabigatranetexilat (Pradaxa®) erhielt von der EMA (European Medical Agency) die Zulassung für die Prävention von Schlaganfällen und systemischen Embolien bei erwachsenen Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern und mindestens einem Risikofaktor[ * ]. Basis der Zulassungserweiterung ist die im PROBE-Design (prospektiv, randomisiert, offen mit verblindeter Endpunktauswertung) durchgeführte RE-LY®-Studie, die Dabigatranetexilat in zwei fixen Dosierungen (110 bzw. 150 mg, 2 × täglich) im Vergleich zu gut kontrolliertem Warfarin (Ziel-INR 2,0–3,0) bei Patienten mit Vorhofflimmern geprüft hat. In der Dosierung 150 mg, 2 × täglich war Dabigatranetexilat gut kontrolliertem Warfarin (mediane Zeit im therapeutischen Bereich/TTR 67 %) in der Schlaganfallprävention (ischä­mischen und hämorrhagischen) oder systemischen Embolien signifikant überlegen [ 1 ], [ 2 ]. Dabigatranetexilat ist bereits seit 2008 für die Primärprävention von venösen thromboembolischen Ereignissen bei erwachsenen Patienten nach elektivem chirurgischen Hüft- oder Kniegelenksersatz zugelassen.

Meilensteinstudie RE-LY®

Die RE-LY® (Randomized Evaluation of Long-term anticoagulant therapY)-Studie [ 1 ], [ 2 ] ist mit über 18 113 Patienten eine der größten Ergebnisstudien zur Antikoagulation bei Vorhofflimmern. In der Studie reduzierte Dabigatranetexilat in der Dosierung 150 mg, 2 × täglich das Risiko für Schlaganfälle und systemische Embolien signifikant um 35 % (p < 0,001) im Vergleich zu gut kontrolliertem Warfarin (mediane Zeit im therapeutischen Bereich/TTR 67 %) (Abb. [ 1 ]). Gleichzeitig wurde in dieser Dosierung das Risiko für intrakranielle Blutungen signifikant um 59 % (p < 0,001) verglichen mit Warfarin gesenkt. Darüber hinaus senkte Dabigatran-etexilat (150 mg, 2 × täglich) das Risiko für lebensbedrohliche Blutungen um 20 % (p = 0,03) und die Gesamtblutungsrate um 9 % (p < 0,002) [ 1 ], [ 2 ]. In der niedrigeren Dosierung (110 mg, 2 × täglich) war Dabigatranetexilat ebenso gut wirksam wie gut kontrolliertes Warfarin, verursachte dabei aber um 20 % weniger schwere Blutungen (p = 0,003) und sogar um 70 % weniger intrakranielle Blutungen (p < 0,001) [ 1 ], [ 2 ].

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Abb. 1 Primärer Wirksamkeitsendpunkt der RE-LY®-Studie. Das Risiko für Schlaganfälle und systemische Embolien war unter Dabigatranetexilat (2 × 150 mg/d) signifikant niedriger als unter Warfarin [ 2 ], [ 4 ].

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Effektiv und verträglich für ein breites Patientenspektrum

Subgruppenanalysen der RE-LY®-Studie belegten die zuverlässige Wirksamkeit von Dabigatranetexilat zur Prävention von Schlaganfällen und systemischen Embolien bei einem breiten Spektrum von Patienten mit Vorhofflimmern, unabhängig von Schlaganfallrisiko [ 3 ], vorangegangenem Schlaganfall [ 4 ], Typ des Vorhofflimmerns [ 1 ], dem Grad der INR-Kontrolle (International Normalized Ratio) [ 5 ] oder der Nierenfunktion [ 6 ].


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Einfache Anwendung

Seine Eigenschaften machen Dabigatranetexilat zu einem einfach anwendbaren Antikoagulans. Es kann in fixer Dosierung gegeben werden [ 7 ]–[ 9 ], in der Standard-dosierung mit 150 mg, 2 × täglich, bei Pa-tienten ab 80 Jahren und bei Verapamil-Komedikation in reduzierter Dosis mit 110 mg, 2 × täglich [ 9 ]. Bei Patienten mit einem erhöhten Blutungsrisiko liegt die Entscheidung für eine Dosisanpassung nach einer Nutzen-Risiko-Bewertung für den einzelnen Patienten im Ermessen des Arztes. Dabigatranetexilat blockiert sowohl freies als auch gebundenes Thrombin [ 7 ]. Es erfordert keine routinemäßigen Gerinnungskontrollen [ 7 ], [ 8 ] und hat ein geringes Potenzial für Arzneimittelwechselwirkungen [ 10 ]. Da es nicht über das Cytochrom P450 verstoffwechselt und primär renal ausgeschieden wird, ist es mit der Mehrzahl der häufig eingesetzten Medikamente gut kombinierbar [ 7 ], [ 8 ]. Darüber hinaus gibt es keine Nahrungsmittelrestriktionen [ 8 ]. Sind die Voraussetzungen für den Einsatz von Pradaxa® erfüllt, ist die Umstellung von Vitamin-K-Antagonisten auf -Dabigatranetexilat einfach: Der Vitamin-K-Antagonist kann abgesetzt werden und sobald der INR-Wert unter 2,0 sinkt, kann die erste Gabe von Pradaxa® erfolgen [ 9 ].

Dr. Wiebke Kathmann, Karlsruhe

Dieser Text entstand mit freundlicher Unterstützung durch die Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG


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* Vorausgegangener Schlaganfall, TIA oder systemische Embolie; LVEF < 40 %; symptomatische Herzinsuffizienz gemäß NYHA ≥ Klasse 2; Alter ≥ 75 Jahre; Alter ≥ 65 Jahre einhergehend mit einer der folgenden Erkrankungen: Diabetes mellitus, KHK oder arterielle Hypertonie.


  • Literatur

  • 1 Connolly SJ et al. N Engl J Med 2009; 361: 1139-1151
  • 2 Connolly SJ et al. N Engl J Med 2010; 363: 1875-1876
  • 3 Oldgren J et al. Presented at the 59th Annual Scientific Session of the American College of Cardiology, 15th March 2010
  • 4 Diener HC et al. Lancet Neurol 2010; 9: 1157-1163
  • 5 Wallentin L, Yusuf S, Ezekowitz MD et al. on behalf of the RE-LY® investigators. Lancet 2010; 376: 975-83
  • 6 Healey JS, Eikelboom J, Wallentin L, Ezekowitz MD, Connolly SJ, Reilly P et al. J Am Coll Cardiol 2010; 55 (Suppl. 10) (Suppl A): A4.E37
  • 7 Stangier J et al. Clon Pharmacokinet 2008; 47: 285-295
  • 8 Stangier J et al. Clin Appl Thromb Hemost 2009; 15 (Suppl. 01) 9S-16S
  • 9 Pradaxa® 150 mg Fachinformation 2011 Stand: August 2011; Pradaxa® 110 mg Fachinformation 2011, Stand: August 2011
  • 10 Stangier J et al. Br J Clin Pharmacol 2007; 64: 292-303

  • Literatur

  • 1 Connolly SJ et al. N Engl J Med 2009; 361: 1139-1151
  • 2 Connolly SJ et al. N Engl J Med 2010; 363: 1875-1876
  • 3 Oldgren J et al. Presented at the 59th Annual Scientific Session of the American College of Cardiology, 15th March 2010
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  • 8 Stangier J et al. Clin Appl Thromb Hemost 2009; 15 (Suppl. 01) 9S-16S
  • 9 Pradaxa® 150 mg Fachinformation 2011 Stand: August 2011; Pradaxa® 110 mg Fachinformation 2011, Stand: August 2011
  • 10 Stangier J et al. Br J Clin Pharmacol 2007; 64: 292-303

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Abb. 1 Primärer Wirksamkeitsendpunkt der RE-LY®-Studie. Das Risiko für Schlaganfälle und systemische Embolien war unter Dabigatranetexilat (2 × 150 mg/d) signifikant niedriger als unter Warfarin [ 2 ], [ 4 ].