Zusammenfassung
Einführung: Bei der medizinischen Planung von Massenveranstaltungen sind die Notaufnahmen betroffener
Kliniken kritische Schnittstellen in der Versorgung und müssen daher in besonderer
Weise berücksichtigt werden. Über die Belastung der Notaufnahmen bei Ereignissen in
der Vergangenheit liegen keine konkreten Zahlen vor, wären aber für eine kosteneffiziente
Planung notwendig. Wir stellen anhand der Loveparade 2010 eine Methode vor, mit der
sich retrospektiv aus den ICD-Kodierungen der Patienten ein Belastungsprofil der Notaufnahme
berechnen lässt, um eine Planungshilfe für zukünftige Veranstaltungen zu erhalten.
Methodik: Aus den Daten der Loveparade 2010 wurden über Indexdiagnosen die Anzahl an Schockraumaufnahmen,
chirurgischen Wundversorgungen, Orthesen- und Gipsanlagen sowie das Vorliegen eines
Rauschmittelabusus abgeleitet. Zusätzlich wurde für jeden Patienten eine Eingruppierung
nach dem Manchester-Triage-System vorgenommen. In Verbindung mit der Anzahl der stationären
Aufnahmen resultierte ein chronologisches und quantitatives Belastungsprofil der Notaufnahme.
Dieses wurde anhand der klinischen Erfahrungen von Ärzten und Pflegekräften evaluiert.
Ergebnisse: Das berechnete Belastungsprofil liefert ein realistisches Abbild der Situation am
24. 07. 2010. Lediglich die retrospektive Einteilung in MTS-Gruppen erscheint für
chirurgische Patienten nicht realistisch. Die Notaufnahme hatte als Maximalbelastung
6 Schockraumaufnahmen, 6 stationäre Aufnahmen, 4–5 Wundversorgungen, 3 Orthesen- und
3 Gipsbehandlungen und die Behandlung von 2 Rauschmittelintoxikationen pro Stunde
zu leisten. Schlussfolgerung: Mit dem vorgestellten System lässt sich retrospektiv die Belastung der Notaufnahmen
realitätsnah abschätzen. Die berechneten Zahlen können als Hilfe für zukünftige Planungen
dienen. Die retrospektive Einteilung in MTS-Gruppen ist noch verbesserungsbedürftig
und liefert zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine ausreichend validen Daten.
Abstract
Background: For the clinical planning of mass events the emergency departments are of critical
importance, but there are still no data available for the workload in these cases.
As this is essential for an effective medical preparation, we calculated the workload
based on the ICD codes of the vicitims at the Loveparade 2010 in Duisburg. Material and Methods: Based on the patient data of the Loveparade 2010 we used a filter diagnosis to estimate
the number of shock room patients, regular admittances, surgical wound treatments,
applications of casts or splints, and diagnosis of drug abuse. In addition every patient
was classified to a Manchester Triage System category. This resulted in a chronological
and quantitative work-load profile of the emergency department, which was evaluated
by the clinical experiences of the departmental medical staff. Results: The workload profile as a whole displayed a realistic image of the real true situation
on July 24, 2010. While only the number, diagnosis and chronology of medical surgical
patients was realistic, the MTS classification was not. The emergency department had
a maximum of 6 emergency room admittances, 6 regular admittances, 4–5 surgical wound
treatments, 3 casts and 2 drug abuse patients per hour. Conclusion: The calculation of workload from the ICD data is a reasonable tool for retrospective
estimation of the workload of an emergency department, the data can be used for future
planning. The retrospective MTS grouping is at present not suitable for a realistic
calculation. Retrospective measures in the MTS groups are at present not sufficiently
suitable for valid data publication.
Schlüsselwörter
MANV - Notaufnahme - Belastung
Key words
mass accident - emergency department - work load
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Dr. Ole Ackermann
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