Suchttherapie 2013; 14(01): 29-36
DOI: 10.1055/s-0032-1312652
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Explorativ-vergleichende Untersuchung zum Einfluss der Therapie auf die Abstinenzzuversicht Alkoholabhängiger mit unterschiedlichen Graden der Emotionsregulation

Exploratory Comparative Analysis on the Influence of Therapy on the Abstinence Confidence of Alcohol Addicts with Different Forms of Emotion Regulation
J. Domurath
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Publication Date:
04 October 2012 (online)

Zusammenfassung

Der Einfluss der Emotionsregulation – operationalisiert am Konstrukt der Handlungs- vs. Lageorientierung – auf die Abstinenzzuversicht alkoholabhängiger Patienten wird mittels Fragebogenverfahren im Rahmen einer stationären Alkoholentwöhnungsbehandlung untersucht.

Das Patientenkollektiv (N=68) lässt sich klar in Handlungs- und Lageorientierte trennen. Beide profitieren in ähnlicher Weise von der Therapie, erarbeiten sich aber gänzlich andere Bewältigungsstile, um Abstinenzzuversicht herstellen zu können. Diese Stile unterscheiden sich u. a. in der Nutzung kontextsensibler Informationen. Handlungsorientierte präferieren die Einfühlsamkeit zum Therapieende als wichtigen Abstinenzzuversicht vermittelnden Stil. Die kognitive Dissonanz zum kontrollierten Trinken bleibt sowohl für handlungs- als auch lageorientierte Patienten schwer auflösbar. Dieser Beitrag gibt Hinweise für die individualisierte Implementierung therapeutischer Strategien zur verstärkten Nutzung kontextsensibler Informationen und zur differenzierten Betrachtung des kontrollierten Trinkens.

Abstract

This study investigates the influence of emotion regulation – operationalized with the constructs of action vs. state orientation (ACS-90) – on alcohol addicts’ abstinence confidence with a questionnaire among inpatients in a rehabilitation program. The participants can be precisely divided into groups of action and state orientated patients. Both groups benefit from the therapy in similar ways, however, they develop entirely different coping styles for abstinence confidence. These styles differ, among other things, in the use of context-sensitive information. Action oriented patients prefer empathy as an important style enhancing abstinence confidence at the end of the therapy. The cognitive dissonance of controlled drinking remains difficult to resolve for both, action and state oriented patients. This paper provides suggestions for the individualized implementation of therapeutic strategies for the increased use of context-sensitive information and for a differentiated view on controlled drinking.

 
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