Rofo 2012; 184(7): 603
DOI: 10.1055/s-0032-1318794
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Mammakarzinom – Was tragen Screening und Hormontherapie zur Inzidenz bei?

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Publication Date:
28 June 2012 (online)

In den meisten Ländern hat die Inzidenz invasiver Mammakarzinome für einige Jahrzehnte kontinuierlich zugenommen, sich aber in den westlichen Ländern in letzter Zeit auf stabilem Niveau eingependelt oder gar abgenommen. H. Weedon-Fekjær et al. gingen nun der Frage nach, welchen Anteil hieran Mammografie-Screening und Hormontherapie haben.

BMJ 2012; 344: e299

Laut den Autoren sind die veränderten Inzidenzen invasiver Mammakarzinome in Norwegen größtenteils auf Mammografie-Screenign und Hormonersatztherapie zurückzuführen. Im Bild zu sehen: duktales Carcinoma in situ bei einer 37-jährigen alten Patientin mit neu aufgetretener bräunlicher Sekretion links aus einem Milchgang. a MLO-Ebene mit CAD-Markierung der Verkalkungen. b Entsprechende fotografische Vergrößerung der Mikroverkalkungen. c CC-Ebene mit CAD-Markierungen. Parenchymdichte vom ACR-Typ 4. Das System kennzeichnet in beiden Ebenen (MLO und CC) die thoraxwandnahe gruppiert angeordneten polymorphen Mikrokalzifikationen (richtig positiv) (Bild: Obenauer S, Hermann K-P. Radiologie up2date 2012; 12: 55–72).

Die Autoren nutzten für ihre Studie verschiedene norwegische Datenquellen, um die relativen Beiträge von Mammografie-Screening und Hormontherapie zu differenzieren. Für eine klare und einheitliche Analyse beschränkten sie sich auf invasive Mammakarzinome. Für jeden der 19 norwegischen Regierungsbezirke sammelten sie hierzu jährliche Populationsdaten und Daten zu dieser Tumorart. Eingeschlossen wurden sämtliche Frauen im Alter zwischen 39 und 90 Jahren für die Periode von 1987 bis 2008. Die Inzidenz der Mammakarzinome korrelierten die Autoren mit den Daten zum Mammografie-Screening und zur Hormontherapie, angepasst bezüglich möglicher Störfaktoren wie Alter oder Geburtskohorte. Endpunkte waren die relativen Beiträge von Mammografie-Screening und Hormontherapie zur Inzidenzentwicklung invasiver Mammakarzinome sowie die verbleibende Variation der Inzidenz.

Insgesamt gingen 50 102 Fälle neu diagnostizierter invasiver Mammakarzinome in die Analyse ein. Die Inzidenz dieser Malignome nahm in Norwegen bis zum Jahr 2002 kontinuierlich zu, um dann zunächst auf einem stabilen Niveau zu bleiben und schließlich ab dem Jahr 2006 wieder geringfügig zu sinken. In den altersspezifischen Gruppenanalysen fanden sich die betontesten Veränderungen seit den 1990er-Jahren in der Altersgruppe 50–69 Jahre. In dieser Population nahm die Inzidenz während der späten 1990er-Jahre steil zu, um dann allmählich in mäßigem Ausmaß von etwa 2003 an zu sinken. Hormonbehandlungen nahmen in Norwegen während der 1990er-Jahre stark zu und gingen kurz nach dem Jahr 2000 wieder zurück. Um diese Zeit herum wurde auch das allgemeine Mammografie-Screening eingeführt. Alle nicht linearen Veränderungen der Mammakarzinom-Inzidenz ließen sich durch die Hormontherapie und die Screening-Aktivitäten erklären, wobei jeder der beiden Faktoren in etwa den gleichen Beitrag leistete. Im Jahr 2002, als die Karzinominzidenz in der Altersgruppe 50–69 am höchsten war, waren geschätzte 23% der Fälle in dieser Altersgruppe auf das Mammografie-Screening zurückzuführen und 27% auf eine Hormonbehandlung.

Fazit

Veränderungen in der Inzidenz invasiver Mammakarzinome seit den frühen 1990er-Jahren lassen sich größtenteils auf Mammografie-Screening und Hormontherapie zurückführen, wobei die Beiträge beider Faktoren in etwa gleich groß sind, so die Autoren.

Dr. Johannes Weiß, Bad Kissingen

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