physiopraxis 2012; 10(06): 14-17
DOI: 10.1055/s-0032-1321693
physiopolitik
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Publication Date:
22 June 2012 (online)

Fachtagung Interdisziplinäre Frühförderung – Vielversprechende Praxismodelle

Unklare Vorgaben geben Freiheiten, verunsichern aber auch. Dies ist bei der Interdisziplinären Frühförderung (IFF) ebenso der Fall. Die Komplexleistung wird im SGB IX auf Bundesebene geregelt, aber es gibt keine bundesweiten Vorgaben, wie sie umgesetzt werden soll. Die an der IFF Beteiligten müssen also selbst Konzepte und Modelle entwickeln, um entwicklungsverzögerte, behinderte oder von Behinderung bedrohte Kinder optimal zu fördern. Mit einer Tagung wollten die Projektgruppe IFFEK(t) und der Studiengang Elementarpädagogik, beide von der Hochschule Osnabrück, den Austausch anregen. Etwa 120 Erzieherinnen, Pädiater, Studierende, Logopäden, Physio- und Ergotherapeuten reisten am 29. Februar 2012 nach Osnabrück, um zwei aktuelle Modelle kennenzulernen.

Auf große Begeisterung stieß das Konzept der Frühförderstelle Göttingen, das Pädagoge Wolfgang Dahms vorstellte. Dort gibt es kein Standard-Diagnostikteam, stattdessen werden immer die Fachrichtungen beteiligt, die zur Klärung erforderlich scheinen. Falls zudem eine ärztliche Diagnostik notwendig ist, steht der Arzt am Ende des Prozesses und greift auf die Vorergebnisse zurück. Außerdem regelt eine zentrale Koordinatorin Antrag und Vergabe von passenden Kita-Plätzen und organisiert Arbeitskreise gemeinsam mit Erzieherinnen und IFF-Therapeuten. Sie koordiniert auch die Aufgaben zwischen Leistungsträgern, Kitas und der interdisziplinären Frühförderung - eine große Erleichterung für die Beteiligten.

Ein ebenfalls praxisnahes Konzept präsentierte Physiotherapeutin Silke Reichert vom sozialpädiatrischen Zentrum der Lebenshilfe Berlin. Im sogenannten Berliner Modell findet Frühförderung ohne Frühförderstelle statt. Zusätzliches Personal in Kitas ermöglicht flächendeckend die Integration von Kindern mit Behinderung und von Behinderung bedrohten Kindern. Die medizinische Frühförderung übernehmen Kinder- und Jugendambulanzen sowie sozialpädiatrische Zentren, die pauschalisiert finanziert werden.

Lena Kaisersberger