Frauenheilkunde up2date 2013; 7(4): 283-297
DOI: 10.1055/s-0032-1325083
Allgemeine Gynäkologie und gynäkologische Onkologie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Borderline-Tumoren des Ovars

Stefan Kommoss
,
Florin Andrei Taran
,
Bernhard Krämer
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Publication Date:
21 August 2013 (online)

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Kernaussagen

Die Borderline-Tumoren des Ovars stellen eine eigenständige, von den Ovarialkarzinomen klar abzugrenzende Entität dar. Sie enthalten per definitionem atypisch proliferierte (v. a. seröse oder muzinöse) Epithelien ohne destruierende Stromainfiltration und zeichnen sich durch eine exzellente Prognose aus. Der Altersgipfel liegt mit ca. 40–52 Jahren mindestens 10 Jahre vor dem der Ovarialkarzinome, weshalb das Thema „Fertilitätserhaltung“ für Beratung und Therapieplanung oftmals eine bedeutsame Rolle spielt. Aufgrund in der Regel nur unspezifischer Symptome, in vielen Fällen sogar völliger Beschwerdefreiheit handelt es sich häufig um Zufallsbefunde, eine zuverlässige präoperative Diagnostik ist nicht verfügbar. Das entscheidende diagnostische Kriterium ist die minutiöse feingewebliche Aufarbeitung und stellt für die Behandlung von Borderline-Tumoren den vielleicht bedeutsamsten Schritt dar.

Bei Patientinnen mit Borderline-Tumoren kann eine Fehldiagnose „Ovarialkarzinom“ weitreichende Konsequenzen haben. Patientinnen könnten durch eine ggf. nicht indizierte radikale Tumorchirurgie ihre Fertilität verlieren, eine bei Borderline-Tumoren nicht notwendige, gesundheitlich belastende Chemotherapie könnte diesen Patientinnen bei korrekt gestellter Diagnose möglicherweise erspart werden. Eine spezialisierte histopathologische Zweitbegutachtung kann zur optimalen Patientenversorgung beitragen und sollte in schwierigen Fällen großzügig in Betracht gezogen werden. Die obligate operative Therapie besteht aus einer sorgfältigen Staging-Operation, die als zentrale Bestandteile eine beidseitige Adnexektomie, Hysterektomie, Omentektomie sowie die systematische Entnahme peritonealer Gewebeproben enthält. Bei muzinösen Tumoren sollte zusätzlich die Appendektomie durchgeführt werden. Ist ein fertilitätserhaltendes Vorgehen gewünscht, muss die Patientin über ein erhöhtes Rezidivrisiko aufgeklärt werden; nach abgeschlossener Familienplanung sollte die Entfernung des verbliebenen inneren Genitales erfolgen. Eine adjuvante Therapie ist grundsätzlich nicht indiziert, wichtigster Bestandteil des postoperativen Managements ist eine langjährige onkologische Nachsorge. Rezidive sind insgesamt betrachtet selten, können jedoch auch nach deutlich über 10 Jahren noch auftreten. Therapie der Wahl in der Rezidivsituation ist die erneut anzustrebende komplette chirurgische Tumorentfernung. In Einzelfällen kommt es in der Rezidivsituation zur malignen Transformation, die weitere Therapie richtet sich dann nach den Maßgaben für Ovarialkarzinome.