Aktuelle Neurologie 2012; 39(09): 467-474
DOI: 10.1055/s-0032-1327314
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Integrierte Versorgung Kopfschmerz: Erfahrungen aus Deutschland, Dänemark und den USA

Integrated Headache Care: Experiences from Germany, Denmark, and USA
H. C. Diener
1   Universitätsklinik für Neurologie und Westdeutsches Kopfschmerzzentrum Essen
,
C. Gaul
1   Universitätsklinik für Neurologie und Westdeutsches Kopfschmerzzentrum Essen
2   Migräne- und Kopfschmerzklinik Königstein
,
D. Holle
1   Universitätsklinik für Neurologie und Westdeutsches Kopfschmerzzentrum Essen
,
A. Straube
3   Neurologische Klinik und Poliklinik der LMU und Oberbayerisches Kopfschmerzzentrum, München
,
P. Storch
4   Universitätsklinik für Neurologie und Mitteldeutsches Kopfschmerzzentrum Jena
,
T. M. Wallasch
5   Kopf-Schmerzzentrum Berlin und MEDAS Ostschweiz, St. Gallen/Schweiz
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Publication Date:
07 December 2012 (online)

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Zusammenfassung

Obwohl Kopfschmerzen zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen gehören, erhält nur ein kleiner Teil eine leitliniengerechte Behandlung. Besonders problematisch gestaltet sich dabei die Versorgung der Patienten mit chronischen und therapierefraktären Kopfschmerzen sowie seltenen Kopfschmerzarten. Diese Patienten verursachen u. a. durch häufige Besuche in Notfallambulanzen, stationäre Krankenhausbehandlungen und wiederholte Zusatzdiagnostik große Kosten im Gesundheitssystem. Zusätzlich bestehen bei dieser Patientengruppe häufig Komorbiditäten (z. B. chronische Rückenschmerzen, Depression und Angststörung), die in die Therapieplanung miteinbezogen werden müssen. Daher bedarf es eines interdisziplinären Diagnose- und Therapieansatzes, der Neurologen, Psychologen, Physio- und Sporttherapeuten gleichermaßen miteinbezieht. Dieser Artikel beschreibt die Umsetzung dieser integrierten Versorgung in verschiedenen Kopfschmerzzentren in 3 Ländern (Deutschland, Dänemark, USA). Dieser umfasst komplexere Behandlungspläne, die neben medikamentöser Therapie, verhaltenstherapeutische Maßnahmen wie Entspannungsverfahren und Stressbewältigungstraining, Ausdauersport und Psychoedukation beinhalten. Bei Patienten mit Medikamentenübergebrauch wird zudem eine Medikamentenpause („Entzug“) durchgeführt. Neben ambulanten Therapien, steht in den Zentren auch eine tagesklinische Versorgung sowie für schwer betroffene Patienten eine stationäre Behandlung zur Verfügung. Die Auswertung der Patientendaten der in Kopfschmerzzentren versorgten Patienten konnte zeigen, dass diese deutlich zufriedener, die Therapieerfolge größer und die im Gesundheitssystem verursachten Kosten kleiner sind verglichen mit Patienten, die nicht an der integrierten Versorgung teilnahmen.

Abstract

Although headache is one of the most common neurological diseases only a small part of headache patients is treated according to the current guidelines. Especially, therapy for chronic or therapy-refractory headache as well as rare headache entities might be difficult. These patients generate high costs for the health system due to the frequent use of emergency room and inpatient treatment as well as repeated diagnostic procedures. Additionally, these patients often suffer from comorbidities such as chronic back pain, depression and anxiety disorder, which have to be taken into consideration for therapy. Therefore, an interdisciplinary diagnostic and treatment approach is needed involving neurologists, psychologists, physiotherapists, and sports therapists. This article describes the realisation of this integrated care model (“Integrierte Versorgung”) in different headache centres in three different countries worldwide (Germany, Denmark, USA). This multidisciplinary approach uses complex treatment plans including drug therapy, cognitive behavioural therapy such as relaxation techniques and stress coping techniques, endurance sports and psychoeducation. In patients who suffer from medication overuse, a headache drug detoxification can be performed. Besides outpatient clinic care, these centres offer day care units and inpatient treatment options for seriously affected patients. Evaluation of the data of patients treated in these headache centres reveals that they are more satisfied and the therapeutic success is greater than that of patients not participating in such integrated care systems.