Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2012; 47(10): 612-621
DOI: 10.1055/s-0032-1329397
Fachwissen
Anästhesiologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Anästhesie bei Eingriffen an Herz, Thorax und den großen Gefäßen, Teil 2 – Endoskopische Thoraxeingriffe und endovaskuläre Aortenstentanlage

Anaesthesia in endoscopic and percutaneous procedures in cardio-thoracic and cardiovascular interventions, part 2 – Endoscopic thoracic interventions and endovascular percutaneous aortic aneurysm repair (EVAR)
Klaudia Adler
,
Barbara Pullmann
,
Christian Byhahn
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Publication Date:
24 October 2012 (online)

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Zusammenfassung

Trotz Weiterentwicklung hochauflösender bildgebender Verfahren (CT, MRT) bleibt die Mediastinoskopie und Thorakoskopie ein unverzichtbares Instrument z.B. zur Gewinnung mediastinaler Lymphknoten zur histologischen Diagnostik oder immer komplexer werdender thorakoskopischer Eingriffe. Des Weiteren ist im Zuge der Etablierung endoskopischer und perkutaner Eingriffe die Therapie der thorakalen Aortenaneurysmata heute zunehmend die Domäne der endovaskulären Verfahren. Im zweiten Teil dieses Reviewartikels soll nun auf die anästhesiologischen Abläufe und Besonderheiten bei endoskopischen Thoraxeingriffen und endovaskulärer Aortenstentimplantation eingegangen werden.

Abstract

Despite the ongoing further development of high definition imaging techniques (CT, MRI), mediastinoscopy and thoracoscopy remain essential instruments e.g. for extracting mediastinal lymph nodes allowing further histological diagnostics, or increasingly complex thoracoscopic procedures. Furthermore, in the course of the development of endoscopic thoracic and percutaneous interventions, the therapy of thoracic aortic aneurysms is increasingly the domain of endovascular procedures. In the second part of this review the anaesthesiological procedure and specialties concerning endoscopic thoracic interventions and percutaneous aortic aneurysm repair (EVAR) will be described.

Kernaussagen

  • Die Indikation zur VATS umfasst z. B. Keilresektionen peripherer Herde oder Bullae, Diagnostik (z. B. bei Pleurakarzinosen, Pleuramesotheliomen), Entlastung gekammerter Ergüsse, Pleuraempyeme, Dekortikationen oder Pleurodesen bei rezidivierenden Pneumothoraces.

  • Als häufigste Komplikationen werden atriale Herzrhythmusstörungen / Vorhofflimmern gefolgt von Lungenperforation, Pneumonie, Lungenversagen, Empyem und tiefer Venenthrombose beschrieben.

  • Lungenisolation bezeichnet die klassische absolute Indikation für die Einlungenventilation wie z. B. eine unilaterale Blutung oder Infektion mit dem Ziel, die nicht betroffene Lunge vor einer Kontamination zu schützen. Hingegen hat die Lungenseparation das Ziel, die chirurgische Sicht zu verbessern und dadurch eine VATS überhaupt erst zu ermöglichen.

  • Thorakoskopien können prinzipiell in Allgemein- und Regionalanästhesie (z. B. hochthorakaler PDK) unter Spontanatmung durchgeführt werden. Dies erfordert jedoch seitens des Patienten eine hohe Compliance und bedeutet eine eingeschränkte chirurgische Sicht. Daher ist dieses Verfahren nur wenigen thorakoskopischen Eingriffen vorbehalten.

  • Das endovaskuläre Verfahren eignet sich v. a. für ältere Patienten, die von der initial niedrigeren Morbidität und Letalität profitieren.

  • Bei einer notwendigen Überstentung des Abgangs der linken A.carotis oder sogar aller 3 supraaortalen Gefäße werden in einem sog. Hybridverfahren vor der Insertion des Stents die entsprechenden Gefäße durch einen teilweise hochkomplexen Crossover-Bypass und entsprechende Reimplantationen an der Aorta versorgt.

  • Für die endovaskuläre Versorgung liegen bezüglich der Liquordrainage bislang wenige Daten vor. Die Inzidenz für eine spinale Ischämie beträgt bis zu 12 % und steigt proportional mit der Länge des Stentgrafts. Liquordrücke bis 15 mmHg können oft gemessen werden, sodass ein Spinalkatheter rational und nachvollziehbar zu sein scheint.

  • Ein Postimplantationssyndrom ist häufig und von einem SIRS meist nicht abgrenzbar. Es wird als eine immunologische Reaktion auf das eingebrachte Fremdmaterial bzw. als Abbauvorgang des durch die Prothese ausgeschalteten thrombotischen Materials ohne Infektfokus gewertet. Eine tatsächliche Stentinfektion ist selten.

  • Postoperativ ist v. a. auf Zeichen einer Endograft-Migration mit konsekutivem Gefäßverschluss angrenzender Gefäßabgänge zu achten. Die Folge sind Darmischämie, Nierenischämie oder Ischämien der Extremitäten und erfordern daher regelmäßige (zu Beginn stündliche) Pulskontrollen sowie Kontrolle der Nierenausscheidung und des Laktatwertes. Auch Embolien durch abgelöstes Plaquematerial können Ursache akuter neurologischer Verschlechterung sein.

Ergänzendes Material