Dtsch Med Wochenschr 2013; 138(05): 167
DOI: 10.1055/s-0032-1332863
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Große Bedeutung einer unabhängigen klinischen Forschung für die Evaluation neuer Therapieverfahren

Major importance of independent clinical research for the evaluation of new treatment modalities
M. Hallek
1   Klinik I für Innere Medizin, Uniklinik Köln
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Korrespondenz

Prof. Dr. Michael Hallek
Klinik I für Innere Medizin, Uniklinik Köln
Kerpener Str. 62
50937 Köln

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Publication Date:
22 January 2013 (online)

 

    Die erfolgreiche Reihe der DGIM-Gesellschaftsausgaben wird mit diesem Heft der Deutschen Medizinischen Wochenschrift fortgesetzt. Das Heft zeigt in besonderer Weise die Breite des Faches Innere Medizin. Die Themen sind für alle Internisten relevant, unabhängig davon ob sie in einer zunehmenden Spezialisierung in einem Schwerpunkt tätig sind oder nicht. Es kommt in unserer alternden Gesellschaft immer häufiger vor, dass internistische Patienten gleichzeitig Störungen mehrerer Organsysteme aufweisen. Dies erfordert breite internistische Kenntnisse. Man kann daher nur hoffen, dass der breit ausgebildete Internist auch künftig seine Bedeutung im deutschen Gesundheitswesen behält.

    Ein weiterer wichtiger Aspekt wird in diesem Heft in mehreren Beiträgen sehr deutlich: die Bedeutung der Versorgungsforschung und der Evaluation neuer Therapieverfahren nach der Zulassung. Ein erstes Beispiel ist die kathetergestützte Aortenklappenimplantation zur Behandlung der Aortenklappenstenose, ein zunehmend angewandtes Verfahren zum Aortenklappenersatz bei älteren, inoperablen Patienten (s.  S. 218). Dieses Verfahren stellt eine der wesentlichen Neuerungen der interventionellen Kardiologie der letzten Jahre dar. Es erfordert erhebliche technische Fertigkeiten der Ärzte. Im Zusammenhang mit diesem Verfahren gibt es aber zurzeit auch ökonomische Anreize für die anwendenden Zentren. Gerade deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, dass die neue Methode mit einer systematischen, unabhängigen (!), akademischen Forschung nach der Zulassung evaluiert wird, um herauszufinden, welche Patientengruppen wirklich davon profitieren und welche strukturellen Voraussetzungen die Einrichtungen haben müssen, die ein solches Verfahren anwenden. Es ist daher zu begrüßen, dass in einigen europäischen Ländern und auch in Deutschland Register geführt werden, um diese und andere Fragen zu beantworten.

    Mit ähnlicher Sorgfalt muss auch der Stellenwert der kardiovaskulären Magnetresonanztomographie noch kritisch und unabhängig geprüft werden, wie der Artikel von Neizel-Wittke und Schulz-Menger zeigt (s. S. 192). Die neuen Verfahren des extrakorporalen Gasaustausches in der Intensivmedizin sind ein weiteres, zunehmend angewandtes Verfahren, das ebenfalls noch einer kritischen Bewertung durch die klinische Forschung bedarf (s. S. 188).

    Ein ähnliches Vorgehen wäre insbesondere auch für viele neue, oft teure Therapieverfahren in der Onkologie nach der Zulassung dringend geboten. Ein Beispiel hierzu erwähnt N. Harbeck für die neuen, zunehmend durch die Molekularpathologie gesteuerten Therapieverfahren des Mammakarzinoms (s.  S. 180). Häufig wissen wir noch nicht, ob die neu zugelassenen Medikamente im Alltag, d. h. im Einsatz bei unselektierten oder älteren Krebspatienten die Prognose oder die Lebensqualität wirklich verbessern.

    Die Entwicklung einer nationalen oder europäischen Strategie zur Evaluation von neuen Therapeutika oder Diagnostika nach ihrer Zulassung ist daher dringend geboten. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin wird in den kommenden Monaten verstärkt darauf einwirken, dass Strategien entwickelt werden, welche die Versorgungsforschung und Therapieoptimierungsstudien fördern, um eine unabhängige Bewertung neuer Verfahren in der Medizin zu erlauben. Die Kostenträger profitieren von einer durch unabhängige Studien ermittelten Evidenz für therapeutische und diagnostische Verfahren. Die Politik, die Kostenträger und wir Ärzte sollten daher gemeinsam darauf hinwirken, dass auch künftig genügend Mittel für die unabhängige Erarbeitung dieser Evidenz bereitstehen.

    Auch in dieser Hinsicht bietet dieses Heft die schnelle, unabhängige Orientierung über mehr oder weniger evidenzbasierte, in jedem Fall aber neue Therapieverfahren in der gesamten Inneren Medizin. Ich wünsche Ihnen viel Freude mit der hoffentlich auch für Sie informativen Lektüre.

    Ihr

    Prof. Dr. Michael Hallek, Köln


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    Prof. Dr. Michael Hallek
    Klinik I für Innere Medizin, Uniklinik Köln
    Kerpener Str. 62
    50937 Köln