Die chronisch venöse Insuffizienz (CVI) ist die häufigste Gefäßerkrankung in Deutschland
und stellt ein signifikantes Gesundheitsproblem dar. Laut deutscher Gefäßliga leiden
ca. 32 Millionen Menschen unter leichten Venenbeschwerden. Jede 2. Frau und jeder
4. Mann in der Bundesrepublik haben Krampfadern. Jeder 8. Erwachsene ist von einer
bereits fortgeschrittenen chronischen Venenerkrankung betroffen [1].
Eine Hauptursache ist die Klappeninsuffizienz der Vena saphena magna (VSM), deren
Symptome Seitenastvarikose, Beinschwellungen, Hautpigmentierungen und Ulzerationen
sind. Die herkömmliche Therapie beinhaltete die Ligatur der saphenofemoralen Einmündung
und die Exhairese der Vena saphena magna und, wenn notwendig, deren Seitenäste.
2011 verabschiedete das American Venous Forum und die American Society for Vascular
Surgery neue Leitlinien zur Behandlung von Patienten mit Krampfaderleiden und chronisch
venöser Insuffizienz [2]. In diesen Leitlinien werden endovenöse Thermoablationsverfahren (Laser und Radiofrequenzablation)
mit einer 1b Evidenz zur Therapie der Stammveneninsuffizienz empfohlen. Aufgrund einer
verkürzten Rekonvaleszenz sowie geringerer postoperativer Schmerzen und einer insgesamt
erniedrigten Morbidität, empfehlen die Leitlinien die endovenöse Thermoablation der
inkompetenten Vena saphena gegenüber der chirurgischen Ligation und Exhairese (cL/E)
ebenfalls mit einem Evidenzgrad 1b.
Bei der endovenösen Thermoablation der Stammvenen handelt es sich um ein minimal-invasives,
perkutanes Verfahren mit diversen Vorteilen gegenüber der chirurgischen Ligatur und
Exhairese. Hauptsächlich wird es unter Tumeszenzanästhesie in einem ambulanten OP-Setting
durchgeführt. Die Katheter werden perkutan unter Ultraschallkontrolle distal der Einmündung
der Vena epigastrica superficialis inferior in die VSM platziert. Vorteile liegen
in geringeren Schmerzen, einer höheren Patientenzufriedenheit und einer schnelleren
Rückkehr an den Arbeitsplatz im Vergleich zur cL/E. Zu den endovenösen Thermoablationsverfahren
gehören die endoluminale Lasertherapie (ELT) und die Radiofrequenzablation (RFA).
Als weiteres Verfahren wurde im Rahmen einer Proof of principle-Studie ein Verfahren
mit Heißdampf vorgestellt, wobei die bisherigen Daten eine genauere Beurteilung und
Einschätzung noch nicht erlauben. Ziel beider Verfahren ist der Verschluss der inkompetenten
Venen. Dies wird durch die direkte thermische Schädigung der Venenwand erreicht. Durch
die Erhitzung kommt es nicht nur zur Destruktion des Endothels, sondern auch zur Denaturierung
der Media und als Folge zum thrombotisch-fibrotischen Verschluss der Venen. Ferner
koaguliert Blut ab Temperaturen von 70 °C bis 80 °C, Dampfblasen entstehen ab ca.100 °C
und zur Karbonisierung der koagulierten Blutbestandteile kommt es ab 200 °C bis 300 °C.
Diese Temperaturen werden allerdings nur bei der ELT nicht jedoch bei der RFA erreicht.
RFA versus cL/E
Die RFA wurde 1998 in Europa und 1999 in den USA eingeführt. Bei der RFA handelt es
sich um ein endoluminales Katheter-gestütztes Verfahren. Das erste Closure-System
(Covidien, Neustadt/Donau, Deutschland) besteht aus einem Radiofrequenzgenerator und
einem Einmalkatheter. Der ClosureFast-Katheter wurde 2007 zugelassen und führt über
ein 7 cm langes Heizelement zu einer segmentalen Ablation. Während der Energieabgabe
bleibt der Katheter ortständig. Der Generator erhitzt das Heizelement auf 120 °C für
eine Zeitperiode für 20 Sekunden. Durch konduktiven Hitzetransfer wird das 7 cm lange
Venenwandsegment auf eine Temperatur von ca. 100 – 110 °C erhitzt. Die Vorteile der
RFA gegenüber der cL/E konnten mehrere randomisierte, prospektive, teils multizentrische
Studien zeigen.
In der multizentrischen, paneuropäsichen Zulassungsstudie des ClousurFast-Katheters
waren nach 5 Jahren von 295 behandelten Extremitäten 233 (79 %) zur Untersuchung verfügbar.
Nach Kaplan-Meier-Analyse, im Fünf-Jahres-Follow-up, war der komplette Verschluss
der behandelten Venen bei 92 % der Patienten festzustellen. Die überwiegende Mehrheit
(95 %) der Patienten waren frei von pathologischem venösem Reflux. Der durchschnittliche
venöse Clinical Severity Score verbesserte sich von 3,9 ± 2,1 vor der Behandlung auf
1,3 ± 1,7 nach 5 Jahren [3]. Ferner konnten vergleichende Studien signifikant geringere postoperative Schmerzen
nach RFA als nach cL/E zeigen. So war der Schmerzmittelverbrauch in einer Studie von
Rautio et al. während des 4. bis 14. postoperativen Tages in der RFA-Gruppe mit 0,4 ± 0,49
Tabletten Ibuprofen 600 mg pro Tag signifikant geringer als in der cL/E-Gruppe (1,30 ± 1,0
Tabletten pro Tag). Die Fehltage vom Arbeitsplatz waren ebenso signifikant geringer
(6,5 ± 3,3 versus 15,6 ± 6 Tage)
[4]. Hinchliffe et al. verglichen RFA und cL/E an Patienten mit bilateralen Stammvarikosen.
Bei 16 Patienten wurde je ein Bein mittels RFA und eines mittels cE/L behandelt. Die
RFA war schneller (25 Minuten versus 40 Minuten) und mit signifikant weniger postoperativen
Schmerzen, Hämatomen und mit einer höheren Patientenzufriedenheit verbunden
[5]. Die EVOLVeS-Studie (Endovenous Obliteration versus Ligation and Vein Stripping)
– eine prospektive, multizentrische, randomisierte Hersteller gesponserte Studie –
zeigte eine durchschnittliche Rückkehrzeit zum normalen Leben in der RFA-Gruppe mit
1,15 Tagen gegenüber 3,89 Tagen in der cL/E-Gruppe. 80,5 % der RFA-Patienten konnten
bereits am 1. Tag post-OP zu ihren Alltagsaufgaben zurückkehren (cL/E 46,9 %). Durchschnittlich
nahmen die RFA-Patienten nach 4,7 Tagen vs. 12,4 Tage (cE/L) ihre Arbeit wieder auf.
In der RFA-Gruppe zeigt sich eine signifikant geringere perioperative Morbidität (geringere
Rate von Ekchymosen, Hämatomen und Spannungsgefühlen). Der postoperative VCSS und
der CIVIQ 2 zeigten einen klaren Vorteil der RFA-Patienten mit den signifikantesten
Unterschieden in Global, Pain und Physical skills. Es zeigte sich kein Unterschied
in der Rezidivhäufigkeit der Varikose [6].
Ein weiteres auf Radiofrequenzablation basierendes System ist das Celon RFITT, welches
bisher nur in Europa zugelassen wurde (Olympus Medical Systems, Hamburg, Deutschland).
Bei dieser Thermookklusion werden noch niedrigere Temperaturen (60 °C bis 85 °C) genutzt
und der Rückzug des Katheters erfolgt kontinuierlich um 1 cm/s. Prospektive vergleichende
Studien fehlen zum aktuellen Zeitpunkt noch, sollen aber folgen.
ELT versus cL/E
2001 wurde die ELT erstmals durch Boné et al. publiziert und in den Folgejahren weiterentwickelt
[7]. Aktuell kommen Lasersysteme mit unterschiedlichen Wellenlängen zur Anwendung, einerseits
Hämoglobin-spezifische Wellenlängen (810, 940 und 980 nm) und Wasser-spezifische Wellenlängen
(1319, 1320 und 1470 nm).
Diverse Studien verglichen die ELT mit der cL/E. Rassmusen et al. untersuchten ELT
(980 nm) versus cL/E und fanden keinen Unterschied in Bezug auf Verschlussraten innerhalb
der ersten zwei Jahre. Ebenso fanden sich keine Unterschiede in der perioperativen
Morbidität oder im QOL. Allerdings war die ELT teurer als die cL/E [8]. Darwood et al. fanden einzig im return to normal life (rtnl) und in der Länge der
Arbeitsunfähigkeit (AU) einen signifikanten Unterschied (rtnl: ELT 2 Tage [0 – 7 Tage]
versus cL/E 7 Tage [2 – 26 Tage]; AU: 4 Tage [2 – 7 Tage] versus 17 Tage [7,25 – 33,25
Tage]) und folgerten daraus sozioökonomische Vorteile der ELT gegenüber der cL/E [9]. Kalteis et al. verglichen ELT (810 nm) und cL/E in 100 Patienten mit VSM-Insuffizienz.
Obwohl sich in den mit ELT behandelten Patienten weniger postoperative Hämatome fanden,
traten in der ELT-Gruppe mehr Schmerzen auf und die Länge der AU war signifikant höher
im Vergleich zur cL/E (20 versus 14 Tage) [10]. Pronk et al. randomisierten 130 Beine von 121 Patienten in eine ELT- (980 nm) und
eine cL/E-Gruppe. Die ELT-Patienten gaben an den Tagen 7, 10 und 14 eine signifikant
höhere Schmerzhaftigkeit an als die Patienten nach cL/E. Darüber hinaus waren Patienten
nach ELT an den Tagen 7 und 10 signifikant mehr in ihrer Mobilität eingeschränkt.
Die Rezidivrate war nach einem Jahr in beiden Gruppen vergleichbar [11]. Rass et al. verglichen ELT (810 nm) mit cL/E in 346 Patienten. Es fanden sich keine
signifikanten Unterschiede in der perioperativen Morbidität und in den Verschlussraten
nach 2 Jahren. Sie schlussfolgerten, dass ELT und cL/E gleich effektiv und sicher
seien. In der Evaluierung nach 2 Jahren waren die ELT-Patienten allerding signifikanter
zufriedener mit dem kosmetischen Ergebnis [12].
ELT vs. RFA
Nachdem endovenöse Thermoablationsverfahren in multiplen Studien mit der cL/E verglichen
wurden, stellt sich nun die Frage, ob und, wenn ja, welches Thermoablationsverfahren
– Laser beziehungsweise Radiofrequenz – überlegen ist. Hierfür muss man allerdings
anerkennen, dass im Bereich der Laserablation sowohl eine Reihe von Wellenlängen als
auch Laserfasern im Gebrauch sind.
Insgesamt finden sich hierzu fünf publizierte Studien [13]
[14]
[15]
[16]
[17].
Gale et al. verglichen die RFA mittels – dem heute nicht mehr gebräuchlichen – ClosurePlus-Katheter
und die ELT mit einer Wellenlänge von 810 nm. Die Verschlussraten wiesen keinen signifikanten
Unterschied nach einem Jahr auf. Ebenso fanden sich keine Unterschiede in der Patientenzufriedenheit
und den klinischen Scores. Einzig fanden sich bei den Patienten nach ELT tendenziell
mehr Blutergüsse [13].
Morrsion berichtet in einer randomisierten Single-center-Studie, in der bei bilateraler
Stammveneninsuffizienz je ein Bein mittels RFA (ClosurePlus) und das andere mittels
ELT (810 nm) behandelt wurden, von Verschlussraten nach einem Jahr von 80 % in der
RFA-behandelten und von 66 % in der ELT-behandeten Gruppe (nicht signifikant). Ebenso
fanden sich keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf interventionsbedingte oder
postoperative Nebenwirkungen [14].
Almeida et al. verglichen in der RECOVERY-Studie – einer multizentrischen, einfach-verblindeten
randomisierten, Industrie-gesponserten Studie – RFA (ClosureFast-Katheter) mit ELT
(980 nm). Im Beobachtungszeitraum von einem Monat fanden sich keine signifikanten
Unterschiede in den Verschlussraten der behandelten Venen. Allerdings zeigte sich
eine signifikante Reduktion von Nebenwirkungen in der RFA-Gruppe. So kam es nach der
RFA zu signifikant weniger Nebenwirkungen (Blutergüsse, Schmerzen und Spannungsgefühlen)
und auch die Ergebnisse der klinischen Scores waren signifikant besser als bei den
ELT-Patienten während der ersten zwei Wochen [15]. Shepherd et al. verglichen RFA (ClosureFast) und ELT (980 nm). Am Ende des Beobachtungszeitraums
von sechs Wochen fanden sich keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf Verschlussraten,
klinische Scores oder Nebenwirkungen. Allerdings hatten RFA-behandelte Patienten während
der ersten 10 postoperativen Tage signifikant weniger Schmerzen und einen signifikant
geringeren Schmerzmittelverbrauch [16]. Rasmussen et al. verglichen ELT (810 nm und 1470 nm), RFA, cL/E und endoluminale
Schaumsklerosierung. Zwischen der ELT- und RFA-Gruppe fand sich ein signifikanter
Unterschied in den postoperativen Schmerzen zugunsten der RFA-Gruppe und auch die
postoperativen Ausfallzeiten waren in der RFA-Gruppe signifikant kürzer [17].
Zusammenfassend lassen die publizierten Daten den Schluss zu, dass endovenöse Thermoablationsverfahren
der cL/E in Bezug auf die postoperative Morbidität überlegen sind und eine schnellere
Rekonvaleszenz der Patienten ermöglichen. Die Verschlussraten unterscheiden sich sowohl
im Vergleich ELT mit cL/E, RFA mit cL/E und RFA mit ELT in den überschaubaren Zeiträumen
(bis zwei Jahren) nicht. Im Vergleich von RFA und ELT gibt es eine Tendenz zu geringeren
postoperativen Schmerzen zugunsten der RFA gegenüber der ELT mittels Wellenlängen
von 810 nm und 980 nm. Allerdings bedarf es mehr Studien mit Lasern höherer Wellenlängen,
um eine abschließende Empfehlung aussprechen zu können.