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DOI: 10.1055/s-0033-1344613
Abheilung eines therapierefraktären schweren chronischen Handekzems nach zwei Alitretinoin-Zyklen
Complete Healing of a Treatment-Resistant Severe Chronic Handeczema after Two Toctino-CoursesKorrespondenzadresse
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
26. August 2013 (online)
Zusammenfassung
Das Management des chronischen Handekzems stellt oftmals eine Herausforderung für Dermatologen dar. Wenn die Krankheit durch konventionelle lokale Therapiemaβnahmen nicht adäquat kontrolliert werden kann, wird eine systemische Behandlung erforderlich. Wir berichten über eine 78-jährige Patientin, die unter einem schweren psoriasiformen chronischen Handekzem über mehrere Jahre gelitten hat. Die Vorbehandlung beinhaltete topische Kortikosteroide, Fototherapie (308 nm-Excimer-Laser) und Acitretin. Letztlich führte eine Therapie mit 2 Zyklen Alitretinoin (Toctino®) und topischer Erhaltungstherapie mit Tacrolimus 0,1 % zu einer lang anhaltenden Remission.
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Abstract
The management of chronic handeczema is often a challenge for the dermatologists. When the disease cannot be controlled by conventional topical therapeutical measures, then a systemic treatment is needed.
We describe the case of a 78-year-old patient who developed over several years a severe chronic psoriasis-like eczema of the hands. The treatment first applied comprised topical steroids, phototherapy (Excimer-Laser 308 nm) and systemic retinoids. Eventually, the treatment with two Alitretinoin (Toctino®)-courses and topical maintenance-therapy with Tacrolimus 0.1 % led to a long-lasting remission.
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Kasuistik
Einleitung
Die Therapie des schweren chronischen Handekzems verlangt eine vielschichtige Vorgehensweise, wobei oftmals lokale Maβnahmen mit systemischer Behandlung kombiniert werden müssen. Meistens ist das Therapie-Management langwierig und erfordert engmaschige Kontrollen und Umstellungen.
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Anamnese
Die 78-jährige Patientin hat sich in unserer Praxis mit seit 4 Jahren zunehmenden erythemato-squamösen, mit von quälendem Pruritus und brennenden Sensationen begleiteten Hautveränderungen an den Händen vorgestellt. Soziale wie auch Haushaltsaktivitäten der Patientin waren dadurch wesentlich eingeschränkt. Anamnestisch bestand eine allergische Konjunktivitis sowie Sensibilisierungen auf Birken-Pollen, Tierhaare und Schimmelpilze.
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Erstbefund
Generalisierte Xerodermie. Erythemato-squamöse, hyperkeratotische, von tiefen, teilweise blutigen Rhagaden durchzogene Hautveränderungen insbesondere der Handinnenflächen und der Fingerkuppen ([Abb. 1]). Psoriasiforme Effloreszenzen an Handrücken, Handgelenken volar, Ellenbogen und Fuβrücken.


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Untersuchungsergebnisse
Einfach positive Typ-IV-Sensibilisierung im Epikutantest auf Colophonium und Kokosnussdiethanolamid. Mykologische Diagnostik negativ. Eine histologische Untersuchung wurde auf Wunsch der Patientin aus Sorge vor weiteren alltäglichen Einschränkungen nicht durchgeführt.
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Therapie und Verlauf
Eine Lokaltherapie mit Clobetasol 0,05 % und Salicylsäure 5 % sowie konsequente Hautschutz- und duftstofffreie Basishautpflegemaßnahmen wurden eingeleitet. Aufgrund der Therapieresistenz unter reiner Lokaltherapie und weiterhin quälendem Pruritus führten wir eine sehr erfolgreiche UV-Fototherapie mit dem 308 nm-Excimer-Laser durch. Nach einem Jahr kam es im zeitlichen Zusammenhang mit familiären Problemen zu einem starken Lokalrezidiv des Handekzems. Eine unter der Vorstellung einer möglichen Langzeitremission eingeleitete Therapie mit Acitretin 0,3 mg/kg KG/d mussten wir nach zwei Monaten aufgrund eines belastenden Effluviums und für die Patientin unerträglicher mukokutaner Xerose abbrechen.
Als vermutlich nebenwirkungsärmere Alternative haben wir dann eine Therapie mit Alitretinoin (Toctino®)-Tbl. 30 mg einmal täglich, in Kombination mit Clobetasol 0,05 %-Salbe und für den raschen Wirkungseintritt überlappend mit 308 nm-Excimer-Lasertherapie (2 × wöchentlich) eingeleitet. Der erste therapeutische Alitretinoin-Zyklus ging über 6 Monate und führte zu einem raschen Rückgang der Läsionen, sodass das topische Glukokortikosteroid durch Tacrolimus (Protopic®)-Salbe 0,1 % ersetzt wurde, obwohl noch diskrete erythemato-squamöse Läsionen palmar mittig persistierten ([Abb. 2]). Als unerwünschte Reaktionen traten kurzzeitig temporär Kopfschmerzen und Schwindel auf.


Nach einmonatiger, rein lokaler Erhaltungstherapie kam es zu einer neuen stressbedingten Exazerbation, die einen zweiten Toctino-Zyklus mit der selben Dosierung erforderlich machte. Bereits nach einem Monat war die Patientin klinisch komplett erscheinungsfrei und ohne Pruritus. Zur Stabilisierung haben wir die systemische Behandlung über 3 Monate durchgeführt. Bei der letzten Kontrolluntersuchung, eineinhalb Jahre nach Ende der Alitretinoin-Therapie unter einer „proaktiven Erhaltungstherapie“ [1] mit Tacrolimus-Salbe 0,1 % 2 × pro Woche, zeigte sich die Haut der Hände ohne Befund ([Abb. 3])


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Diskussion
Das chronische Handekzem stellt wegen seines negativen Einflusses auf die Lebensqualität, sowohl beruflich als auch privat, ein wichtiges gesellschaftliches Gesundheitsproblem dar. Obwohl im Laufe der Jahre zahlreiche Therapieoptionen etabliert wurden, bleibt die Behandlung des schweren chronischen Handekzems häufig problematisch, unbefriedigend und kostenintensiv.
52 % der Handekzeme werden als berufsbedingt eingestuft, womit das berufsgetriggerte Handekzem seit vielen Jahren an der Spitze der Berufskrankheiten steht [2]. Auch in den beruflich unabhängigen Fällen können Handekzeme zu Funktionseinschränkungen und psychischen Belastungen führen, da die Hand ein wichtiges Kommunikationsorgan ist.
Bei der Entstehung des Handekzems spielen oftmals multiple Faktoren eine Rolle. Unsere Patientin wies mit allergischer Konjunktivitis, generalisierter Xerodermie und stressbedingten Exazerbationen eine atopische Diathese auf. Zusätzlich bestanden Typ-IV-Sensibilisierungen auf Colophonium und Kokosnussdiethanolamid sowie eine psoriatische Diathese.
Die Behandlung hat sich an dem Stufenkonzept beim schweren chronischen Handekzem orientiert [3]. Zusätzlich zum Hautschutz und einer konsequenten Basispflege wurde eine topische Therapie mit hochpotenten Glukokortikosteroiden (Clobetasol-Salbe 0,05 %) sowie eine hochwirksame topische UV-Therapie mit dem 308nm-Excimer-Laser eingeleitet.
Trotz der bei unserer Patientin angewendeten kombinierten Behandlung kam es zu Rezidiven. Aufgrund der für die Patientin nicht tolerablen Acitretin-Nebenwirkungen konnten wir letztlich mit Alitretinoin 30 mg pro Tag erfolgreich therapieren.
Als zugelassene therapeutische Methode für das chronische Handekzem steht Toctino® seit November 2008 zur Verfügung. Der genaue Wirkungsmechanismus ist noch unbekannt. Im Vergleich zu anderen Retinoiden, die spezifische Agonisten der RAR- oder RXR-Rezeptoren sind, bindet sich Alitretinoin an beide Rezeptorfamilien. Die in der ekzematösen Haut generierten CXCR3-Liganden und CCL20-Chemokine werden von Alitretinoin heruntergeregelt. Auβerdem supprimiert Alitretinoin die Zytokin-aktivierten Leukozyten und die Antigen-präsentierenden Zellen [4].
Unsere Behandlung bestand aus einem 6-monatigen und erneut 3-monatigen Zyklus, mit einer täglichen Dosis von 30 mg. Der schnell eingetretene erscheinungsfreie Zustand blieb unter einer proaktiven Wochenend-Erhaltungstherapie mit Tacrolimus-Salbe 0,1 %, bis zu der letzten Kontrolle, 18 Monate nach systemischem Therapieende bestehen.
Die Effizienz und Sicherheit eines zweiten Toctino-Zyklus bei der Behandlung des chronischen Handekzems wurde in einer Folgestudie der BACH-Zulassungsstudie untersucht, wobei 80 % der Patienten mit rezidivierendem Handekzem nach dem ersten Toctino-Zyklus von einer zusätzlichen Besserung bis zur kompletten Abheilung der Läsionen profitiert haben [4].
Die systemische Therapie mit Alitretinoin hat in unserer Kasuistik gleichzeitig eine sehr gute Wirksamkeit bei akzeptablen Nebenwirkungen und einer langen, anhaltenden Remission gezeigt. Ein zweiter Behandlungszyklus scheint bei Bedarf eine Optimierung des Hautzustands zu bringen. Als Erhaltungstherapie können topische Calcineurin-Inhibitoren proaktiv, ohne das Risiko einer Hautatrophie, erfolgreich angewendet werden.
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Interessenkonflikt
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Literatur
- 1 Wollenberg A, Retamo S, Girolomoni G et al. Proactive Treatment of Atopic Dermatitis in Adults with 0,1 % Tacrolimus Ointment. Allergy 2008; 63: 742-750
- 2 Diepgen TL, Andresen KE, Brandao FM et al. Hand Ekzema Classification: a Cross Sectional, Multicenter Study of the Aetiology and Morphology of Hand Ekzema. British Journal of Dermatololgy 2009; 160: 353-358
- 3 Diepgen TL, Elsner P, Schliemann S et al. Guideline on the Management of Hand Ekzema ICD-10 Code: L20. L23. L24. L25. L30. Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft 2009; 7 (Suppl. 03) 1-15
- 4 Bissonette R, Diepgen TL, Elsner P et al. Redefining Treatment Options in Chronic Hand Eczema. Journal of the European Academy of Dermatology and Venerology 2010; 24 (Suppl. 03) 1-20
Korrespondenzadresse
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Literatur
- 1 Wollenberg A, Retamo S, Girolomoni G et al. Proactive Treatment of Atopic Dermatitis in Adults with 0,1 % Tacrolimus Ointment. Allergy 2008; 63: 742-750
- 2 Diepgen TL, Andresen KE, Brandao FM et al. Hand Ekzema Classification: a Cross Sectional, Multicenter Study of the Aetiology and Morphology of Hand Ekzema. British Journal of Dermatololgy 2009; 160: 353-358
- 3 Diepgen TL, Elsner P, Schliemann S et al. Guideline on the Management of Hand Ekzema ICD-10 Code: L20. L23. L24. L25. L30. Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft 2009; 7 (Suppl. 03) 1-15
- 4 Bissonette R, Diepgen TL, Elsner P et al. Redefining Treatment Options in Chronic Hand Eczema. Journal of the European Academy of Dermatology and Venerology 2010; 24 (Suppl. 03) 1-20





