Ethik in der Ergotherapie der neurologischen Rehabilitation
Die Bachelorarbeit
Die medizinische Weiterentwicklung verlängert Leben, die Technisierung kompensiert
Krankheiten. Damit geraten Ergotherapeuten, unter anderem in der neurologischen Rehabilitation,
zunehmend in ethisch schwierige Situationen. Zum Beispiel wenn Patienten unter schweren
Erkrankungen leiden, die Therapie verweigern oder wenn die therapeutischen und wirtschaftlichen
Grenzen erreicht sind.
Doris Kramlich sah sich selbst mit ethischen Herausforderungen konfrontiert. Sie wusste,
dass sie mit ihrer Arbeit Zielsetzung, Therapieverlauf und Lebensqualität eines Menschen
mitgestaltet. In ihrer Studie stellte sie sich deshalb der Forschungsfrage, ob Ethik
ein grundlegender Baustein in der Therapieplanung und deren Zielsetzung für Ergotherapeuten
in der neurologischen Rehabilitation darstellt. Hat sie einen fundamentalen Anteil
in Zielsetzung, Therapieplanung und Reasoning-Prozess? Berücksichtigen und erkennen
Ergotherapeuten ethisch relevante Situationen in ihrem Berufsalltag als solche?
Die Ergotherapeutin führte eine allgemeine Befragung zum Thema Ethik durch. Die offenen
und geschlossenen Fragen drehten sich um Wissensstand, Erfahrungen, Ansichten und
Problembewusstsein. 20 Ergotherapeuten im Alter zwischen 20 und 41 Jahren, davon 15
Frauen und fünf Männer, beteiligten sich an der Studie. Alle waren in der neurologischen
Rehabilitation tätig.
Ergebnisse
Doris Kramlich fand heraus, dass ...
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> die Teilnehmer ethische Fragestellungen im Berufsalltag durchaus erkannten.
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> die Befragten über ein lückenhaftes theoretisches Wissen verfügten: Sie konnten
die Begriffe Ethik und Moral nicht eindeutig voneinander differenzieren. Für 85 Prozent
von ihnen war Ethik schwer definier- und interpretierbar.
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> die meisten Zuverlässigkeit, Fachwissen und Empathie als Schlüsselkompetenzen von
Ergotherapeuten ansahen – laut Literatur wichtige Grundlagen für ethisches Urteilen.
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> ethische Fragen besonders in Bezug auf Nahrungsaufnahme und Trinkmenge bei erhöhter
Aspirationsgefahr auftauchten.
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> je mehr Berufserfahrung die Teilnehmer vorweisen konnten, desto souveräner ihr
Umgang mit ethisch relevanten Herausforderungen war.
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> 89,9 Prozent der Befragten einen Fortbildungsbedarf im Bereich der Medizinethik
oder Ethik in der Ergotherapie sahen.
Fazit
Doris Kramlich hält fest, dass ...
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> die ergotherapeutische Herangehensweise und eine hohe Fortbildungsbereitschaft
ein gutes Fundament zur Realisierung ethischer Falldiskussionen im Berufsalltag bilden.
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> Schüler, Studenten und Berufsanfänger das ethische Argumentieren lernen sollten,
um in ethisch relevanten Situationen lösungsführend agieren zu können.
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> die Kombination aus Wissensvermittlung zum Thema Ethik und Supervision durch erfahrene
Kollegen den Umgang mit Patienten optimieren kann.
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> Ergotherapeuten stets ihre Normen und Werte reflektieren sollten, um zu überprüfen,
ob sie den ethischen Standards entsprechen. Dies kann durch Fortbildungen, Falldiskussionen
oder das Nutzen der Leitlinien der Ethikkommissionen geschehen.
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> Ergotherapeuten ihre Erfahrungen mit ethischen Falldiskussionen verstärkt dokumentieren
und in Studien untersuchen sollten.