Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2013; 20(03): 140
DOI: 10.1055/s-0033-1348137
DFR-Mitteilungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Sehr verehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,

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Publication Date:
19 June 2013 (online)

 
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    vor wenigen Wochen ist eine Erweiterung der Meldepflicht nach dem Infektionsschutzgesetz in Kraft getreten, darüber möchte ich Sie kurz informieren. Mit Wirkung ab 29. März 2013 sind vom behandelnden Arzt Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod folgender übertragbarer Krankheiten namentlich an das Gesundheitsamt zu melden (§ 6 Abs.1 Nr. 1 IfSG):

    • Mumps

    • Pertussis

    • Röteln einschließlich Rötelnembryopathie

    • Varizellen

    Eine entsprechende Meldepflicht für die dazugehörigen Erreger besteht für die untersuchenden Labore (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 IfSG). Näheres, unter anderem die neuen Meldeformulare, sind im Internet, www.rki.de.

    Unter derselben Rubrik (‚Infektionsschutz‘) finden Sie zahlreiche Merkblätter für Ärzte, viele davon in den letzten Wochen neu aufgelegt oder aktualisiert, zu reisemedizinisch relevanten Krankheiten.

    In ihrem Reisefeuilleton vom 12. Mai 2013 tituliert die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: "Was kommt nach dem Abitur? Feiern auf Ibiza? Oder Arbeiten im Waisenhaus in Asien? Reiseveranstalter bieten beides an. Doch nicht alle haben dabei Gutes im Sinn." Im Artikel wird unter anderem die Projects Abroad kritisch betrachtet, die Freiwilligendienste in 27 Ländern auf der ganzen Welt organisiert und 2012 fast 10 000 Reisen verkauft hat, zum Beispiel 2 Wochen Waisenhaus in Kambodscha für 699 Euro (ohne Flugkosten). Neben der Frage, wer an diesem ‚Waisenhaus-Tourismus‘ verdient, bleibt die Sorge, wer diesen jungen Leuten eine angemessene reisemedizinische Versorgung hat zukommen lassen. Sollten wir, vielleicht gemeinsam mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst, einen Zugang zu den Abschlussklassen der Sekundarstufen II suchen, um wenigstens eine erste Information über länderspezifische Gesundheitsrisiken zu vermitteln? Gut 7000 leisten ihren Freiwilligendienst über nicht kommerzielle Organisationen. Es bleibt jedenfalls die Hoffnung, dass die Studie unserer Kollegin Ute Lambertz (s. Homepage der DFR) zur Verbesserung der Versorgungssituation beiträgt.

    Im Eröffnungsvortrag der 3. Nationalen Impfkonferenz, die am 19./20. Mai in München stattfand, hat Georg Marckmann, Professor für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin, TU München, grundsätzliche Aussagen zum Impfen als gesamtgesellschaftliche Verantwortung getroffen. Nur wenn Maßnahmen zur Steigerung der Durchimpfung auch als wesentlicher Beitrag zur Herdenimmunität, und damit um ein öffentliches Gut, begriffen würden, könnten Menschen, die selbst keinen ausreichende Immunität aufbauen können, geschützt werden. Individuelle Entscheidungen für oder gegen eine Impfung könnten zu keinem sozialen Optimum führen. Neben einem klar definierten und damit legitimierten Verfahren sei die ‚konsistente Anwendung ethisch gut begründeter inhaltlicher Entscheidungskriterien‘ erforderlich. Marckmann nennt 5:

    1. Güte der Impfung (Wirksamkeit und Sicherheit)

    2. Gesundheitlicher (Netto-)Nutzen für die Zielpopulation

    3. Schutz vulnerabler Gruppen

    4. Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung

    5. Ökonomische Auswirkungen

    Spannend und nicht ausdiskutiert sei die Frage, inwieweit unter ethischen Gesichtspunkten eine Impfpflicht gerechtfertigt wäre.

    Ich wünsche Ihnen etwas Zeit, über den einen oder anderen Hinweis nachzudenken und grüße Sie herzlich aus Stuttgart

    Ihr
    Günter Schmolz

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    Prof. Dr. Günter Schmolz
    Stuttgart

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    Prof. Dr. Günter Schmolz
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