Z Gastroenterol 2013; 51(8): 723-724
DOI: 10.1055/s-0033-1350328
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Prof. Dr. med. Guido Gerken

Kongresspräsident der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten 2013 Prof. Dr. med. Guido Gerken Congress President of the German Society of Digestive and Metabolic Diseases 2013
M. P. Manns
Further Information

Publication History

Publication Date:
16 August 2013 (online)

Es ist mir eine besondere Freude und eine Ehre, einen langjährigen Kollegen, Freund und Weggefährten, Herrn Prof. Dr. med. Guido Gerken, als Kongresspräsidenten 2013 der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) vorzustellen. Guido Gerken wurde am 7.8.1952 in Mendig in der Eifel, Kreis Mayen – Koblenz, im Bundesland Rheinland Pfalz, geboren. Er besuchte wie der amtierende Präsident der DGVS, Professor Dr. Markus Lerch, das Gymnasium in Andernach/Rhein und studierte von 1971 – 1977 Humanmedizin an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Er promovierte am dortigen Institut für Geschichte der Medizin mit dem Thema „Zur Entwicklung des klinischen Arzneimittelversuchs am Menschen im 19. und 20. Jahrhundert“. Von 1977 – 1981 erwarb er zunächst eine breite klinische Ausbildung an kommunalen Krankenhäusern in Innerer Medizin, aber auch Anästhesie und Chirurgie, bevor er sich 1981 als wissenschaftlicher Mitarbeiter der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universität Mainz unter Leitung von Herrn Prof. Dr. med. Dr. med. vet. Dr. h. c. K.-H. Meyer zum Büschenfelde, FRCP („MzB“), anschloss. 1987 erhielt er die Anerkennung als Facharzt für Innere Medizin und 1991 die Schwerpunktbezeichnung Gastroenterologie. Zuvor bereits wurde er zum Oberarzt an der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik ernannt. Wissenschaftlich beschäftigte er sich mit der Pathophysiologie chronisch entzündlicher Leberkrankheiten. Der Verfasser dieses Portraits hatte das Vergnügen, 10 Jahre lang gemeinsam mit Guido Gerken das Labor in Mainz zu teilen. Neben der gemeinsamen Beforschung der Autoimmunhepatitis innerhalb des Sonderforschungsbereichs SFB 311 „Immunpathogenese“ (Sprecher: zunächst Prof. Dr. Paul Klein, anschließend Prof. Karl Hermann Meyer zum Büschenfelde) widmete sich Guido Gerken im weiteren Verlauf zunehmend den Virushepatitiden, vor allem der Hepatitis B. Früh entstanden wegweisende Arbeiten zur molekularen Diagnostik der Hepatitis B in Kollaboration mit Mitgliedern der Mainzer Klinik, aber auch auswärtigen Kollaborationspartnern wie mit Wolfram Gerlich in Göttingen und vor allem Christian Brechot, Direktor der Abteilung für Molekularbiologie und Hepatocarcinogenese am Institut Pasteur und Hospital Necker in Paris, wo er einen längeren Forschungsaufenthalt absolvierte. Christian Brechots Labor war damals absolut erste Adresse und er selbst Generalsekretär der European Association for the Study of the Liver (EASL). Er wurde später u. a. Präsident des INSERM, der größten Forschungsförderinstitution für biomedizinische Forschung in Frankreich, dann Vizepräsident des Pharmakonzerns Merieux und ab 1.10.2013 wird Prof. Christian Brechot der neue Direktor des Instituts Pasteur in Paris, eines der bedeutendsten Forschungsinstitutionen der Welt. Seit dieser Zeit hat Guido Gerken diese internationalen Kontakte gepflegt und auch ein intensives Interesse an der Erforschung der Hepatocarcinogenese entwickelt, gepaart mit seiner Expertise für klinische Studien, deren Vorliebe sich bereits bei der Wahl des Themas seiner Doktorarbeit widerspiegelt. Kurz nach Rückkehr aus Paris habilitierte sich Guido Gerken 1990 mit dem Thema „Die Bedeutung der Polymerasekettenreaktion (PCR) für die Charakterisierung Hepatitis-B-Virus assoziierter Lebererkrankungen“ bei „MzB“ an der Universität Mainz. 1995 – 1998 folgten die Jahre als leitender Oberarzt, welche seine erfolgreichen Mainzer Jahre abrundeten, bis er dann 1998 den Ruf auf eine C4-Professur für Innere Medizin, verbunden mit der Leitung der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, am Zentrum für Innere Medizin der Universität Duisburg – Essen annahm. Seine Forschungen wurden kontinuierlich von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert, in Mainz u. a. von 1991 – 1998 als Projektleiter im SFB 311. In den Mainzer Jahren ist noch die Ernennung zu apl. Professor und die Funktion des Sekretärs der Deutschen Arbeitsgemeinschaft zum Studium der Leber (GASL) und der Arbeitsgemeinschaft für Gastroenterologie Rheinland-Pfalz (GARP) zu erwähnen. In Essen begann dann eine sehr erfolgreiche Zeit als Klinikdirektor. Mehrere Jahre hatte Herr Gerken darüber hinaus auch die Funktion des geschäftsführenden Direktors des Zentrums Innere Medizin inne, eine Funktion, die Herr Gerken seit 2007 kontinuierlich ausübt. Eine von seinem Vorgänger Harald Goebell, 1990 selbst Präsident der DGVS, zunächst auf die Erforschung entzündlicher Darmkrankheiten ausgerichtete Essener Klinik wurde von Guido Gerken kontinuierlich auf die Erforschung der Leber und ihrer Erkrankungen ausgerichtet. Kurz vor seinem Dienstantritt war Herr Prof. Dr. Dr. h. c. Christoph Broelsch als Direktor der Chirurgischen Klinik in Essen berufen worden. Er hatte bereits begonnen, das bereits etablierte Essener Lebertransplantationsprogramm auszubauen, vor allem auch seiner besonderen Kompetenz entsprechend mit einem Schwerpunkt auf dem Gebiet der Leberlebendspende. Essen entwickelte sich nicht zuletzt durch die Leistungsstärke des hepatologischen Partners Gerken zum größten Lebertransplantationsprogramm in Deutschland und eines der größten in Europa und der Welt. Die besondere Expertise in der Leberlebendspende führte zur Einrichtung der DFG geförderten Klinischen Forschergruppe KFO 117 „Optimierung der Leberlebendspende“ (Initiator und erster Sprecher Prof Dr. Dr. h. c. C. Broelsch). In die Leitung dieser KF0 117 war G. Gerken zunächst als stellv. Sprecher und in der 2. Förderperiode 2005 – 2008 als Sprecher eingebunden. Neben der besonderen Expertise in der Leberlebendspende hat Guido Gerken seine besondere Expertise für die Durchführung klinischer Studien einfließen lassen. So wurden wichtige Studien zur Hepatitis B und C Reinfektion nach Lebertransplantation durchgeführt. G. Gerken hat darüber hinaus weitere leistungsstarke wissenschaftliche Arbeitsgruppen an seiner Klinik etabliert, so z. B. zur Immunpathogenese entzündlicher Leberkrankheiten, zur Apoptoseforschung und zum akuten Leberversagen. Es wurde eine zunächst auf Nordrhein-Westfalen konzentrierte und jetzt bundesweit ausgebaute Internetplattform für das akute Leberversagen aufgebaut. Eine multizentrische Forschergruppe zum akuten Leberversagen unter Führung des Essener Zentrums ist in Vorbereitung.

Seinem ausgleichenden und besonnenen Charakter entsprechend und basierend auf seinem breiten klinischen Wissen hat Guido Gerken neben seinem eigenen Forschungsschwerpunkt „Leber“ und dem Schwerpunkt Transplantationsforschung andere Bereiche der Gastroenterologie und Hepatologie zur Blüte geführt, wie z. B. Arbeitsgruppen zu entzündlichen Darmkrankheiten und zur gastrointestinalen Endoskopie. Essen ist ein überregional ausgewiesenes Zentrum der diagnostischen und therapeutischen interventionellen Endoskopie, herausragend sind dabei die Beiträge der Essener Klinik zu den Gallengangskomplikationen nach Lebertransplantation – gerade heute eine besondere Herausforderung und ein besonders aktuelles Thema.

Seit Jahren hat sich Guido Gerken außerordentlich für die ärztliche Weiterbildung engagiert. Er war Begründer des Zertifizierungskursus Hepatologie der DGVS, Initiator des Refresherkursus zur Facharztweiterbildung Innere Medizin in Wiesbaden (DGIM) und Essen (BDI) sowie Mitveranstalter des BDI-Weiterbildungskurses Gastroenterologie in Essen.

In der heutigen Zeit wird vor allem in der Wissenschaftspolitik und von Forschungsförderorganisationen sehr viel von Translationsforschung gesprochen und diese auch gefordert und gefördert. Viele Wissenschaftler erheben daher für sich und ihre Forschung den Anspruch auf Translationsforschung, wenige können diesem Anspruch aber gerecht werden. Es genügt nicht gute Grundlagenwissenschaftler organisatorisch in einer Klinik anzusiedeln und deren „Output“ dann als klinische oder translationale Forschung zu bezeichnen. Gerade in der heutigen Zeit, in der die Kompetition für die DFG-geförderten Forschungsstipendien durch Kliniker nachlässt, entwickelt sich der häufig geforderte „Physician Scientist“ zur „Mangelware“. Immer weniger Ärzte oder Ärztinnen wollen sich der Doppelbelastung von klinischer und gleichzeitiger patientenorientierter wissenschaftlicher Tätigkeit am Patienten aussetzen. Guido Gerken ist ein Musterbeispiel eines Translationsforschers, eines echten „Physician Scientist“.

Aus meiner eigenen subjektiven Sicht möchte ich noch die äußerst aktive und loyale Zusammenarbeit mit seiner gesamten Klinik am Aufbau des Kompetenznetzes Hepatitis „Hep-Net“ und der Deutschen Leberstiftung hinweisen. Der Vollständigkeit wegen soll auch das wissenschaftliche Lebenswerk in Zahlen ausdrückt werden. Nahezu 400 Originalpublikationen, zusätzlich reichlich Übersichten, Editorials etc.; etwa 2000 Impactfaktoren, 10 000 Zitierungen – 26 Zitierungen pro Artikel –, ein durchschnittlicher Impactfaktor von 5,0 und ein Hirsch-Index von 54 verlangen Respekt. Darüber hinaus ist Herr Gerken Mitglied zahlreicher Editorial Boards bedeutender Zeitschriften und wurde mit mehreren wissenschaftlichen Preisen ausgezeichnet. Auch die Wahl zum 1. Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Universitärer Gastroenterologen, AUG e. V., von 2004 – 2009 zeigt seine Wertschätzung im Kollegenkreis.

Guido Gerken kann auf bisher 15 Jahre sehr erfolgreicher Tätigkeit als Klinikdirektor zurückblicken, zahlreiche seiner Mitarbeiter sind auf leitende Positionen berufen worden. Er ist Mitglied wichtiger wissenschaftlicher Fachgesellschaften, die Sekretärsfunktion der GASL wurde bereits erwähnt, aber auch die Präsidentschaft der NRW Gesellschaft für Gastroenterologie und der Rheinisch-Westfälischen Internistengesellschaft (RWGIM) soll nicht unerwähnt bleiben; er ist auch außerordentliches Mitglied der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Nach seinem Engagement in zahlreichen Kommissionen der DGVS ist seine Kongresspräsidentschaft der DGVS eine logische Konsequenz. Ich bin sicher, wir können uns auf eine sehr erfolgreiche, aber auch inhaltlich sehr spannende Jahrestagung der DGVS zusammen mit ihrer Sektion für Gastrointestinale Endoskopie und der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) freuen – die „Viszeralmedizin 2013“ in Nürnberg.

Michael P. Manns

Hannover, im Juli 2013

Zoom Image
Guido Gerken