Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8(4): 286-288
DOI: 10.1055/s-0033-1350375
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Mechanismen der subklinischen Inflammation in der Entstehung des Typ-2-Diabetes

Mechanisms of Subclinical Inflammation in the Development of Type 2 Diabetes
C. Herder
1   Institut für Klinische Diabetologie, Deutsches Diabetes-Zentrum, Leibniz-Zentrum für Diabetesforschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
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Publication Date:
29 August 2013 (online)

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Subklinische Inflammation

Die globale Zunahme der Prävalenz des Typ-2-Diabetes in den letzten 2 Jahrzehnten lässt auf einen wichtigen pathogenetischen Einfluss von Lebensstilfaktoren und Umwelt schließen. Die in epidemiologischen Studien identifizierten Risikofaktoren umfassen ein weites Spektrum, das von der Ernährung über körperliche Aktivität, Rauchverhalten, psychosoziale Belastung, Depression, Schlafstörungen, sozioökonomischen Status bis zu Umweltbelastungen wie Feinstaub reicht. Wenn man die Frage untersucht, wie diese so verschiedenartigen Faktoren das Diabetesrisiko beeinflussen und ob es Mechanismen gibt, die sie miteinander verbinden, stellt man fest, dass allen Risikofaktoren gemeinsam ist, dass sie subklinische Inflammationsprozesse auslösen können ([Abb. 1]) [1].

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Abb. 1 Lebensstil-, Umwelt- und genetische Faktoren beeinflussen den Aktivierungsgrad von Zellen des Immunsystems und somit auch die Freisetzung von pro- und antiinflammatorischen Immunmediatoren. Eine geringgradige, aber chronische Erhöhung insbesondere der Konzentrationen proinflammatorischer Zytokine im Blut beeinträchtigt die Funktionen verschiedener Zelltypen, Gewebe und Organe, was zur Entwicklung des Typ-2-Diabetes sowie seiner Komplikationen und Komorbiditäten beiträgt.

Für die „subklinische Inflammation“ existiert keine Definition, die auf objektiven und absolut messbaren Kriterien beruht. Im Allgemeinen wird mit dem Begriff der subklinischen Inflammation im Kontext mit Krankheiten wie dem Typ-2-Diabetes ein Zustand beschrieben, der sich in der geringgradigen Erhöhung verschiedener Immunmediatoren im Blut im Vergleich zum Blut gesunder Kontrollpersonen äußert, ohne dass klassische Entzündungssymptome vorhanden sind. Diese Immunmediatoren umfassen immunologisch aktive Proteine oder Lipidverbindungen, die nicht nur von Zellen des Immunsystems freigesetzt werden, sondern auch aus anderen Geweben stammen, in denen eine lokale Entzündung vorhanden ist. Dazu gehören z. B. das Fettgewebe und die Leber, die bei Adipositas durch vermehrte Einlagerung von Triglyzeriden und durch die Infiltration von Zellen des Immunsystems (Leukozyten) charakterisiert sind.

Im Unterschied zu physiologischen Entzündungsreaktionen, die zumeist lokal begrenzt sind und transient sind, stellt die subklinische Inflammation einen Zustand dar, der nicht durch eine kurzzeitige, sondern durch eine chronische Erhöhung von Immunmediatoren im Blut gekennzeichnet ist. Dies beruht auf der Tatsache, dass auch die Risikofaktoren, die diese subklinische Inflammation induzieren, über einen längeren Zeitraum präsent sind und dass die Immunaktivierung diese Risikofaktoren nicht abschwächen oder gar eliminieren kann, sondern stattdessen zur Entwicklung des Typ-2-Diabetes und anderer Erkrankungen beiträgt.