Laryngorhinootologie 2014; 93(04): 260-261
DOI: 10.1055/s-0033-1354396
Gutachten + Recht
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Cave! Haftung wegen mangelnder Sicherungsaufklärung bei Entlassung aus der stationären Versorgung entgegen ärztlichem Rat

A. Wienke
,
R. Sailer
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Publication Date:
28 March 2014 (online)

Bei der ärztlichen Aufklärung denkt man in erster Linie an die sog. Eingriffs- oder Risikoaufklärung. Danach ist der behandelnde Arzt verpflichtet, dem Patienten die notwendigen Informationen über die mit der jeweiligen Behandlung einhergehenden typischen Risiken und Komplikationsmöglichkeiten zu geben. Das Patientenrechtegesetz hat diese in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze aufgegriffen und in § 630 e des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) niedergelegt. Auch in gerichtlichen Auseinandersetzungen ranken sich die Verfahren meist um Fragen der ärztlichen Risikoaufklärung.

Weniger gerichtlich relevant, aber nicht weniger bedeutsam ist dagegen die sog. Sicherungsaufklärung oder therapeutische Aufklärung. Im Gegensatz zur Risikoaufklärung soll sie den Patienten durch Warn- und Schutzhinweise über sein eigenes therapiegerechtes Verhalten aufklären, um den Therapieerfolg zu sichern. Dazu gehört z. B. der Hinweis, dass nach einer Sedierung die Fahrtüchtigkeit eingeschränkt sein kann oder dass eine bestimmte Diät oder Medikation einzuhalten ist, Wiedervorstellungen zu Nachkontrollen wahrzunehmen sind oder nach der Entlassung aus der stationären Versorgung sich eine Rehabilitationsbehandlung anzuschließen hat und der Patient dazu mit geeigneten Einrichtungen Kontakt aufnehmen soll. Der Gesetzgeber des Patientenrechtegesetzes hat diese Sicherungsaufklärung in § 630 c BGB festgehalten; danach ist der behandelnde Arzt verpflichtet, dem Patienten im Verlauf der Behandlung auch alle nach der Therapie zu ergreifenden Maßnahmen zu erläutern. Gerade bei der Entlassung des Pa­tienten aus der stationären Versorgung greifen regelmäßig die Grundsätze der Sicherungsaufklärung ein. Diese besonderen Sorgfaltspflichten gelten aber unabhängig davon, ob der Patient regelhaft nach ärztlichem Ermessen aus der stationären Versorgung in die weitere ambulante Behandlung entlassen wird; die Sicherungsaufklärung ist auch für den Fall bedeutsam, bei dem der Patient auf eigenen Wunsch und gegen den ärztliche Rat vorzeitig die stationäre Behandlung abbricht und sich selbst entlässt. Welche Anforderungen an die Sicherungsaufklärung in diesen Fällen zu stellen sind und welche Konsequenzen bei Vernachlässigung dieser Pflichten drohen, hat eine wichtige Entscheidung des Oberlandesgericht (OLG) Köln vom 06.06.2012–5 U 28/10 – deutlich gemacht, die wir nachstehend erläutern: