Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8(5): R47-R56
DOI: 10.1055/s-0033-1355615
DuS-Refresher
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kontinuierliches Glukosemonitoring: Aktuelle Daten

Autoren

  • L. Heinemann

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
18. Oktober 2013 (online)

Technik von CGM

Grundlagen

Durch die Entwicklung von Glukosesensoren, die ein kontinuierliches Glukosemonitoring (CGM) ermöglichen, wurde ein lange gehegter Traum verwirklicht und eine neue diagnostische Option in die Diabetestherapie eingeführt. Dabei besteht das CGM-System aus dem eigentlichen Glukosesensor, der bei den aktuell auf dem Markt verfügbaren Systemen mittels einer dünnen Nadel durch die Haut ins subkutane Fettgewebe eingestochen wird und dort für eine Reihe von Tagen verbleibt, sowie einem kleinen Verstärker und Sender (Transmitter), der auf die Haut aufgeklebt wird. Dieser sendet die registrierten Werte an ein handyähnliches Gerät; auf dessen Display werden die aktuellen Messwerte angezeigt. Die Messwerte werden gespeichert und können später zur weiteren Analyse in einen Computer übertragen werden. Die gemessenen Werte müssen durch Messungen der kapillären Blutglukosekonzentration in regelmäßigen Intervallen kalibriert werden.

Das CGM-System besteht aus dem Glukosesensor im subkutanen Fettgewebe, einem Verstärker/Sender auf der Haut und einem Empfänger, der die Werte anzeigt.

Das erste CGM-System, das im Jahr 1999 auf den Markt kam, war für den diagnostischen Einsatz gedacht, d. h. es wurden keine Messwerte unmittelbar angezeigt, sondern diese wurden nur gespeichert und später ausgewertet. In den Jahren danach kamen CGM-Systeme auf den Markt, die für den therapeutischen Einsatz entwickelt wurden und bei denen die aktuellen Messergebnisse direkt angezeigt werden. Auf diesen Einsatz fokussiert dieser Artikel, d. h. der in vielen Fällen auch interessante Einsatz nur als diagnostische Option wird nicht betrachtet.


Weiterentwicklungen

In Deutschland sind CGM-Systeme von drei Herstellern auf dem Markt: Abbott, Dexcom und Medtronic. Praktisch jedes Jahr kommt von einem dieser Hersteller eine neue Gerätegeneration auf den Markt ([Tab. 1]), darüber hinaus werden in den nächsten Jahren neue Hersteller dazukommen. Die Eigenschaften der CGM-Systeme verbessern sich von Generation zu Generation in einem gewissen Ausmaß, insgesamt ist die Leistungsfähigkeit dieser Systeme in den letzten 10 Jahren wesentlich besser geworden. Dies gilt neben der Güte der eigentlichen Glukosemessung auch für die Größe der Systeme und vor allem für deren Handhabbarkeit im Alltag. Vor 30 Jahren war die Durchführung einer kapillären Blutglukosemessung auch eine aufwendige und zeitkonsumierende Prozedur. Bedingt durch die Weiterentwicklungen, die es während dieser Zeit mit den verschiedenen Generationen von Blutzuckermessgeräten gab, werden die heute erreichte Messgüte und die Einfachheit der Handhabung mittlerweile als Standard betrachtet. Interessant sind Ansätze, nicht nur die Güte der eigentlichen Glukosesensoren zu verbessern, sondern durch „Smart Sensor“-Sensoren die Güte der Glukosemessung durch nachgeschaltete Algorithmen signifikant zu optimieren [1].

Die Leistungsfähigkeit und die Handhabbarkeit der CGM-Systeme wurden in den letzten 10 Jahren deutlich verbessert.

Tab. 1

Eigenschaften der aktuell verfügbaren CGM-Systeme.

Guardian® REAL-Time und Paradigm + VEO:
Enlite-Sensor

DexComTM und Animas VibeTM:
G4-Sensor

FreeStyle® Navigator:
Navigator-Sensor II

Stärke der Sensorelektrode

27 Gauge
(= 0,36 mm)

≈ 31 Gauge
(≈ 0,23 mm)

22 Gauge
(= 0,7 mm)

Länge der Sensorelektrode

8,75 mm

13 mm

6 mm

Einstechwinkel

90°

45°

90°

Nutzungsdauer

6 Tage

7 Tage

5 Tage

Zeit von Sensoranlage bis Messbeginn

2 h

2 h

1 h

Kalibrierung

2, 8, dann alle 12 h

2 h (2 ×), alle 12 h

1, 2, 10, 24, 72 h

aktuelle Werte

alle 5 Minuten

alle 5 Minuten

jede Minute

Display-Anzeigen

3, 6, 12, 24 h

1, 3, 6, 12, 24 h

2, 4, 6, 12, 24 h

Daten-Download

möglich

möglich

möglich

Ziel dieses Artikels ist es, die in den letzten Jahren publizierten Studien mit neueren CGM-Systemen (auch in Kombination mit Insulinpumpen) zu betrachten, dies insbesondere vor dem Hintergrund der aktuell laufenden Nutzenbewertung durch das IQWiG (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen), das diese im Auftrag des G-BA (Gemeinsamer Bundesausschuss) durchführt. In Deutschland gibt es durch die Etablierung eines Round Table zum Thema CGM und die Arbeitsgemeinschaft Diabetologische Technologie (AGDT) der DDG aktuell einige Aktivitäten für die rationale Nutzung von CGM: einen standardisierten CGM-Antrag für die Kostenträger und ein firmenunabhängiges CGM-Schulungsprogramm. Dadurch soll im Sinne der betroffenen Patienten eine konstruktive Kommunikation aller an diesem Thema beteiligten Gruppen ermöglicht werden. Argumente sollen inhaltlich diskutiert werden können und nicht als Abblockung dienen.

Der Round Table zum CGM soll in Deutschland für eine rationale Kommunikation aller an diesem Thema beteiligten Gruppen sorgen.


Kombination CGM und Insulinpumpe

Eine diagnostische Option, die ständig Informationen zur aktuellen Stoffwechsellage liefert, wird idealerweise mit einer ebenso flexiblen Insulintherapieform eingesetzt: der kontinuierlichen subkutanen Insulininfusion (CSII) mit einer Insulinpumpe. Daher wurden relativ rasch Kombinationssysteme beider Geräte entwickelt. Bei den ersten „Kombigeräten“ erfolgte nur ein Datentransfer vom Sensor/Verstärker des CGM-Systems auf die Insulinpumpe, was die Notwendigkeit für ein separates Steuergerät für das CGM-System obsolet machte, da die Datenanzeige etc. direkt auf dem Display der Pumpe erfolgte. Bei den aktuellen kombinierten Systemen werden darüber hinaus die Daten in der Pumpe analysiert und diese reagiert in einem gewissen Ausmaß eigenständig. So erfolgt im Falle eines Hypoglykämiealarms, auf den der Nutzer nicht reagiert, eine Basalratenabschaltung (Low Glucose Suspend, LGS) der Insulinpumpe für maximal 2 Stunden. Anschließend wird die Insulinzufuhr automatisch wieder gestartet. In der nächsten Entwicklungsgeneration wird das Glukoseprofil fortlaufend prospektiv analysiert und entsprechende Alarme und Abschaltungen werden schon initiiert, bevor die Glukosekonzentration auf kritische Werte absinkt. Dies sind Schritte auf dem Weg zu einer vollständig automatisierten Steuerung der Insulinzufuhr bei einem „Artificial Pancreas“ (AP).

Bei den aktuellen Kombinationsgeräten aus CGM-System und Insulinpumpe reagiert die Pumpe in gewissem Maße selbstständig auf die vom CGM-System gelieferten Daten.

Der Fokus auf die Kombination von CGM-System mit Insulinpumpe bedeutet nicht, dass die große Gruppe von Patienten, die auf eine konventionelle subkutane Insulintherapie mit Spritzen oder Pens eingestellt ist, nicht auch von der Nutzung von CGM profitieren würde. Allerdings ist die Anzahl von Studien, die sich gezielt mit dieser Art der CGM-Nutzung beschäftigt, eher gering, insbesondere mit neueren Generationen von CGM-Systemen.