Hintergrund: Zur antimikrobiellen Therapie von Patienten mit schwerer Sepsis bzw. septischem Schock
lagen bis vor kurzem keine Ergebnisse aus prospektiven randomisierten, kontrollierten
Therapiestudien vor. Grund hierfür war, dass diese Patienten aufgrund der sepsisbedingt
hohen Letalitätsraten in den Zulassungsstudien neuer antimikrobieller Substanzen bisher
ausgeschlossen wurden. Unumstritten ist, dass eine frühzeitige und gezielte antimikrobielle
Therapie, definiert als die Verwendung von mindestens einem Wirkstoff mit In-vitro-Aktivität
gegen den isolierten Erreger, mit einer erniedrigten Sterblichkeit einhergeht. Der
inkrementelle Nutzen einer Kombinationstherapie ist dabei umstritten. Die Rationale
für eine Kombinationstherapie beruht auf den folgenden potenziell vorteilhaften Mechanismen:
i) erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass der Erreger auf einen der Kombinationspartner
sensibel ist; ii) potenzielle immunmodulatorische Wirkung des Kombinationspartners,
und iii) additive oder sogar synergistische antimikrobielle Wirkung der Kombination
(d. h. schnellere Abtötung der Erreger).
Retrospektive Daten: Kumar et al. [[1]] untersuchten in einer retrospektiven multizentrischen Beobachtungsstudie auf Intensivstationen
von 28 Krankenhäusern 4662 Patienten mit kulturpositivem bakteriellen septischen Schock,
welche entweder eine Kombinations- oder eine Monotherapie erhalten hatten. Aus den
Daten wurden insgesamt 1223 matched pairs gebildet. E. coli (30,5 vs. 31,6 %), Klebsiella spp. (11,8 vs. 11,4 %), Streptococcus pneumoniae (je 11,5 %) und Staphylococcus aureus (11,4 vs. 10,5 %) wurden am häufigsten nachgewiesen. In dieser Analyse zeigte eine
antiinfektive Kombinationstherapie gegenüber einer Monotherapie deutliche Vorteile
in der 28-Tage-Letalität (29 vs. 36 %; OR: 0,77; 95 %-CI: 0,67–0,88; p = 0,0002).
Der Vorteil einer Kombinationstherapie war sowohl bei gram-positiven, als auch bei
gram-negativen Bakterien nachzuweisen, jedoch nur bei solchen Patienten, die ein β-Laktamantibiotikum
in Kombination mit einem Aminoglykosid, Fluorchinolon, Makrolid oder Clindamycin erhalten
hatten. Die Kombinationstherapie war mit einer reduzierten Intensiv- (35 vs. 29 %;
OR: 0,75; 95 %-CI: 0,63–0,92;
p = 0,0006) und Krankenhaus-Letalität (54 vs. 46 %; OR: 0,69; 95 %-CI: 0,59–0,81;
p < 0,0001) assoziiert. Die antiinfektive Kombinationstherapie war darüber hinaus
mit einer höheren Rate an beatmungsfreien (10 vs. 17 d, p = 0,008) und katecholaminfreien
Tagen (23 vs. 25 d, p = 0,007) bis zum Tag 30 der Intensivtherapie assoziiert.
Metaanalyse: In einer Metaanalyse unter Einschluss von 62 überwiegend observationellen Studien
wurde die Wirksamkeit einer Kombinationstherapie bei Patienten mit Sepsis, schwerer
Sepsis oder septischem Schock untersucht [[2]]. Die gepoolten Daten zeigten über alle Patienten (n = 8504) keinen Vorteil einer
initialen Kombinationstherapie auf (OR: 0,86; 95 %-CI: 0,71–1,03; p = 0,094). Bei
Niedrig-Risiko-Patienten war sogar ein erhöhtes Risiko zu versterben nachweisbar.
Jedoch zeigte die Analyse einen deutlichen Vorteil für eine Kombinationstherapie im
Vergleich zur Monotherapie, wenn das Risiko zu versterben mehr als 25 % betrug (OR
0,54; 95 %-CI: 0,45–0,66; p < 0,001). Insbesondere Patienten mit septischem Schock
profitierten von einer Kombinationstherapie (OR: 0,49; 95 %-CI: 0,35–0,70; p < 0,0001).
MAXSEP-Studie: Ziel der MAXSEP-Studie [[3]] war, den Einfluss einer Kombination aus Meropenem und Moxifloxacin (1 × 400 mg)
im Vergleich zu einer Monotherapie mit 3 × 1 g Meropenem auf die Organfunktion von
Patienten mit schwerer Sepsis und septischem Schock zu prüfen. Eine Therapiedauer
von 7 bis maximal 14 Tagen wurde empfohlen. Die Organfunktion wurde mittels des SOFA
(= Sequential Organ Failure Assessment)-Score bewertet. Primäres Ziel der Studie war
der mittlere SOFA-Score über die Dauer des Intensivaufenthaltes, maximal jedoch über
14 Tage. Die wichtigsten sekundären Ziele waren die 28-Tage- und 90-Tage-Letalität.
Insgesamt wurden im Zeitraum vom 16. Oktober 2007 bis zum 23. März 2010 600 Patienten
eingeschlossen. 551 Patienten – 392 mit septischem Schock, 159 mit schwerer Sepsis
– waren für die Wirksamkeitsanalyse auswertbar. Die häufigsten zugrundeliegenden Infektionen
waren Pneumonien und intraabdominelle Infektionen. Bei 183 Patienten (33 %) waren
die vor Therapie entnommenen Blutkulturen positiv, mit E. coli und Staph. aureus als häufigste Erreger. Pneumokokken wurden nur aus 2,2 % der Blutkulturen isoliert,
Pseudomonas species mit 1,6 % noch seltener. Die Therapie wurde in beiden Gruppen innerhalb von 0,8 h
bzw. 0,7 h nach Studieneinschluss begonnen. Die Behandlungsdauer betrug im Mittel
8 Tage. Hinsichtlich des primären Ziels – mittlerer SOFA-Score – gab es keinen Unterschied
zwischen den Gruppen (8,3 vs. 7,9 Punkte; p = 0,36). Auch die 28- und die 90-Tage-Letalität
unterschieden sich nicht (23,9 % vs. 21,9 %; p = 0.58 und 35,3 % vs. 32,1 %; p = 0,43).
Die Dauer des Aufenthaltes auf der Intensivstation bzw. im Krankenhaus, die klinischen
und mikrobiologischen Erfolgsraten, die Zahl beatmungs-, dialyse- und antibiotikafreier
Tage sowie die Rate
unerwünschter Ereignisse waren in beiden Gruppen vergleichbar.
Die Ergebnisse der MAXSEP-Studie zeigen, dass bei kritisch kranken Patienten mit schwerer
Sepsis und septischem Schock, die ein geringes Risiko für Infektionen mit resistenten
gram-negativen Erregern (inkl. Nonfermenter wie Pseudomonas aeruginosa) haben, eine kalkulierte Monotherapie mit Meropenem mit einem ähnlichen Outcome assoziiert
ist wie eine Kombinationstherapie aus Moxifloxacin und Meropenem. Dieses Ergebnis
entspricht den Daten von Kumar et al., die aufzeigen, dass die Kombination eines Carbapenems
mit einem Fluorchinolon oder Aminoglykosid das Outcome nicht verbessert.
Es ist jedoch nicht auszuschliessen, dass eine Kombinationstherapie mit Moxifloxacin
bei Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie und septischem Schock, bzw. in einem
Setting mit hohen Resistenzraten bei gram-negativen Erregern oder bei Einsatz eines
weniger breiten β-Laktamantibiotikums einer Monotherapie überlegen sein.