Drug Res (Stuttg) 2014; 64(S 01): S18-S19
DOI: 10.1055/s-0033-1358035
Symposium der Paul-Martini-Stiftung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hepatitis A, B, C, D, E – Welche Therapieoptionen für wen?

M. Manns
Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, Medizinische Hochschule Hannover
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Michael P. Manns
Medizinische Hochschule Hannover
Carl-Neuberg-Straße 1
30625 Hannover

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Publication Date:
25 November 2014 (online)

 

    Die Virus-Hepatitiden werden von sehr unterschiedlichen Erregern verursacht, die mit HAV, HBV, HCV, HDV und HEV abgekürzt werden.

    Die Therapie viraler Hepatitiden hat sich in den letzten 15 Jahren kontinuierlich verändert und erfährt aktuell mit der Einführung Interferon-freier Therapien für die Hepatitis C eine erneute Revolution. Hier werden kurz die wesentlichen Entwicklungen der letzten Jahre zusammengefasst.

    Hepatitis A: Die Hepatitis A ist eine akute, in der Regel selbstlimitierte Erkrankung, die nicht spezifisch antiviral behandelt wird. Sollte es zum akuten Leberversagen kommen, erfolgt die Behandlung wie beim Leberversagen anderer Genese. Es gibt eine effektive aktive Impfung gegen Hepatitis A, die als Indikationsimpfung bei Risikopersonen und bei Reisenden in Risikogebiete, z. B. tropische Länder, eingesetzt wird.

    Hepatitis B: In den letzten Jahren wurden gut etablierte Leitlinien zur Behandlung der Hepatitis B publiziert, die auch weiterhin Gültigkeit besitzen (DGVS: Cornberg et al., Z Gastroenterol 2011; EASL: J of Hepatology 2012). Grundsätzlich werden zwei verschiedene Behandlungskonzepte unterschieden: Zum einen kann durch potente HBV-Polymeraseinhibitoren eine effektive Hemmung der Virusreplikation erreicht werden, wobei die Resistenzentwicklung mit den hochpotenten Substanzen Entecavir und Tenofovir praktisch kein Problem mehr darstellen. Allerdings benötigen die meisten Patienten aktuell eine lebenslange Therapie; eine Beendigung der Nukleos(t)idanalogatherapie ist derzeit nur in Ausnahmefällen möglich. In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass eine erfolgreiche Langzeittherapie der Hepatitis B mit einer Rückbildung von frühen Leberzirrhosen und einer Reduktion der Bildung eines hepatozellulären Karzinoms assoziiert ist. Weiterhin kann eine Therapie mit PEG-Interferon alfa für ein Jahr in Erwägung gezogen werden. Damit ist eine zeitlich limitierte Therapie möglich, zudem ist bei einigen Patienten nicht nur eine HBV-DNA-Reduktion, sondern sogar ein Verlust des nachweisbaren Oberflächenproteins des Virus HBsAg ein realistischer klinischer Endpunkt, was einer serologischen und auch klinischen Ausheilung entspricht. Zukünftige Herausforderungen betreffen die Entwicklung einer personalisierten Therapie der chronischen Hepatitis B durch die Kombination beider Therapiekonzepte. Als eine vielversprechende Methode zur Individualisierung der Behandlungsdauer wird die quantitative HBsAg-Messung diskutiert,weitere Biomarker werden entwickelt. Hoffnungsvolle innovative Medikamente zur Stimulation der angeborenen Immunität („innate immunity“) – wie z. B. Toll Like Rezeptor-Agonisten (TLR-7) – und der erworbenen Immunität („adaptive immunity“) wie z. B. therapeutische Impfstoffe oder auch Inhibitoren der Aufnahme des Hepatitis-B-Virus in die Leberzelle sind in frühen Phasen der klinischen Entwicklung.

    Hepatitis C: Mit der Entwicklung zahlreicher neuer direkt antiviraler Medikamente (sog. DAAs) ist eine neue Epoche in der Therapie der chronischen Hepatitis C angebrochen. Im Jahre 2011 hatte die Einführung der Triple-Therapie von PEG-Interferon alfa, Ribavirin und einem der beiden Proteaseinhibitoren Telaprevir oder Boceprevir bereits eine erste deutliche Verbesserung der Heilungschancen auf um die 70 % hervorgebracht. Allerdings ist die Wirkung dieser Proteaseinhibitoren an den gleichzeitigen Einsatz von Interferon und Ribavirin gebunden und sie sind mit einer zum Teil ausgeprägten Toxizität verbunden. Im Januar 2014 ist nun ein hochpotenter nukleotidischer Polymeraseinhibitor (Sofosbuvir) gegen HCV zugelassen worden, der in Kombination mit Ribavirin erstmals eine Interferon-freie Therapie zumindest für die HCV-Genotypen 2 und 3 sowie im Falle einer Interferon-Kontraindikation bei verlängerter Therapiedauer auch für andere Genotypen ermöglicht. Im Laufe des Jahres 2014 wurden weitere direkt-antivirale Substanzen zugelassen: Im Mai der erste Proteaseinhibitor der 2. Generation Simeprevir und im August der erste NS5A-Inhibitor Daclatasvir, was die therapeutischen Möglichkeiten weiter verbessert hat. Anfang 2015 werden dann zwei neue Kombinationstherapien in Deutschland erwartet, die eine Ausheilung der HCV-Infektion bei fast jedem Patienten innerhalb von 3 bis maximal 6 Monaten Therapie ohne Interferone ermöglichen wird (vgl. mehrere aktuelle Arbeiten im NEJM und Lancet). Es handelt sich einerseits um die Kombination eines HCV-Proteaseinhibitors (Paritaprevir) – geboostert mit Ritonavir – mit einem NS5A-Inhibitor (Ombitasvir) sowie einem nicht nukleosidischen Polymeraseinhibitor (Dasabuvir) plus Ribavirin oder andererseits um die Kombination des nukleosidischen Polymeraseinhibitors Sofosbuvir mit einem NS5A-Inhibitor (Ledipasvir). In Japan ist inzwischen mit der Kombination von Daclatasvir mit dem Proteaseinhibitor Asunaprevir eine weitere interferonfreie Therapie für Genotyp 1b zugelassen, weitere Länder werden folgen. Die Hepatitis-C-Therapie erfährt somit einen dramatischen Umbruch. Es lohnt sich nun im besonderen, HCV-Infizierte durch Screeningprogramme zu identifizieren, damit die langfristig HCV-assoziierte Morbidität und Mortalität verhindert werden kann.

    Hepatitis D: Die chronische Hepatitis D gilt als die schwerste Form der chronischen Virushepatitis, da im Verlauf ein besonders hohes Risiko für Leberzirrhose und Leberzellkarzinome zu verzeichnen ist. Die Hepatitis D kann nur als Koinfektion mit der Hepatitis B auftreten. Die einzige wirksame Therapieoption ist PEG-Interferon alfa. Eine große Studie des Kompetenznetzes Hepatitis hat hier aktuell gezeigt, dass etwa ein Drittel der Patienten von einer Therapie von bis zu 2 Jahren profitieren. Die optimale Inferferon-basierte Therapiedauer liegt wahrscheinlich bei 1 Jahr. Kombinationstherapien mit HBV-Nukleotid- oder Nukleosidinhibitoren wie Adefovir und Tenofovir scheinen keinen zusätzlichen Nutzen zu haben.

    Hepatitis E: HEV-Infektionen sind in Deutschland wahrscheinlich sehr viel häufiger als bisher angenommen, da zoonotische Übertragungen zum Beispiel durch Verzehr von nicht ausreichend erhitztem Schweinfleisch möglich sind (Pischke et al., Dtsch. Ärzteblatt, 2014). Während bei immunkompetenten Personen eine HEV-Infektion in der Regel zur klinisch unauffälligen Serokonversion oder zu einer akuten, selbstlimitierenden Hepatitis führt, wurden in den letzten Jahren zahlreiche Fälle einer chronischer HEV-Infektion, assoziiert mit progressiver Lebererkrankung, bei verschiedenen Kohorten von immunsupprimierten Personen wie zum Beispiel Organtransplantierten beschrieben. Eine Ribavirinmonotherapie ist effektiv und sollte 3 bis 5 Monate durchgeführt werden (Pischke et al., Liver International 2013). Vor 2 Jahren wurde in China ein Impfstoff gegen Hepatitis E zugelassen, welcher allerdings in Europa bisher nicht verfügbar ist. HEV-Infektionen sind ganz aktuell auch mit neurologischen Symptomen und dem Auftreten von Guillain-Barré-Syndromen assoziiert worden.

    Der Autor dankt Prof. Dr. Heiner Wedemeyer und Dr. Svenja Hardtke, Hannover, für die Unterstützung bei der Abfassung des Abstracts.


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