Aktuelle Rheumatologie 2013; 38(06): 347
DOI: 10.1055/s-0033-1361144
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Netzwerk Ärzte und Selbsthilfe in der Rheumatologie

Network Doctors and Self-help in Rheumatology
E. Gromnica-Ihle
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Publication Date:
20 December 2013 (online)

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E. Gromnica-Ihle

Das Themenheft „Selbsthilfe“ ist ein Beitrag zur Stärkung des Netzwerkes Ärzte und Selbsthilfe in der Rheumatologie. Auf Betreiben von Ärzten (und Journalisten) wurde die Deutsche Rheuma-Liga 1970 gegründet, um die rheumatologische Versorgung zu verbessern. Professionelle setzten dabei auf das Engagement von Betroffenen. Die Entwicklung der Selbsthilfeorganisation wurde eine Erfolgsstory. Mit über 270 000 Mitgliedern ist die Rheuma-Liga derzeit die stärkste Selbst­hilfeorganisation im Gesundheitswesen. Dabei hat sich die Selbsthilfe emanzipiert und wird von Betroffenen im Ehrenamt getragen. Die Zusammenarbeit zwischen Selbsthilfe und Ärzten wurde stetig fortgesetzt. Sei es vor Ort, durch die direkte Zusammenarbeit zwischen Professionellen und den Arbeitsgemeinschaften der Rheuma-Liga sowie den örtlichen Gruppen ihrer Mitgliedsverbände oder sei es die Zusammenarbeit in den Gremien der ärztlichen und Selbst­hilfe-Organisationen. Vertreter der Selbsthilfe sind in den Vorständen bzw. Beiräten der wissenschaftlichen Gesellschaften präsent und vice versa. Gemeinsame bundesweite Kampagnen, wie die gerade beendete Kampagne „Aktiv gegen den Rheumaschmerz“, die gemeinsam betriebene Rheumastiftung, aus der gegenwärtig eine Stiftungsprofessur für Versorgungsforschung hervorgeht, oder die gegenseitige Beratung bei vielen Projekten, kennzeichnen eine Zusam­menarbeit „auf Augenhöhe“.

Es ist daher nur folgerichtig, dass in diesem Themenheft der Aktuellen Rheumatologie den Lesern wichtige Aspekte aus der Sicht der Selbst­hilfeorganisation sowohl durch Experten aus eigener Betroffenheit, durch Menschen mit langjähriger Leitungserfahung in Selbsthilfe­organisationen und auch durch Wissenschaftler, die die Arbeit der Selbsthilfeorganisation untersuchen, dargestellt werden. Es soll damit ein größerer Einblick in die Tätigkeit der Selbsthilfe mit ihren vielseitigen Facetten ermöglicht werden. Mehr von einander zu wissen, verbessert die Kommunikation.

Gudrun Baseler beschreibt auf der individuellen Ebene, wie sich chronische Erkrankung, ärztlicher Beruf und Engagement im Ehrenamt für die Rheuma-Liga managen lassen. Sie ist Vorbild für viele Betroffene. Ludwig Hammel und Ernst Feldtkeller stellen die vielen Facetten der Arbeit der Deutschen Vereinigung Morbus Bechterew (DVMB) dar und betonen das gute Netzwerk zwischen Selbsthilfe und ärztlichen Beratern. Borgi Winkler-Rohlfing resümiert für die seltene Erkrankung systemischer Lupus erythematodes, dass die bestmögliche Versorgung für Lupus-Patienten nur Patienten, Ärzte und Selbst­hilfe gemeinsam erreichen können. Emma Reil zeigt die Entwicklung der Sklerodermie Selbst­hilfe e. V. auf. Die Unterstützung der Forschung durch die Selbsthilfe hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich die Versorgung von Patienten mit systemischer Sklerose deutlich verbessert hat.

Im Projekt Patient Partners, dargestellt von Karl Cattelaens, wurden auf Initiative der Selbsthilfeorganisation geschulte Patienten in die Ausbildung der Studierenden und die Fortbildung von Hausärzten eingeführt. Sie tragen dazu bei, die Arzt-Patienten-Kommunikation zu verbessern und Interesse für das Fach Rheumatologie zu generieren. Natürlich bedarf eine so große Patientenorganisation auch hauptamtlicher Mitarbeiter. Ursula Faubel untersucht den Mehrwert der Verbindung von Haupt- und Ehrenamtlichen in der Rheuma-Liga. Martin Danner setzt sich juristisch und philosophisch mit der Eigenverantwortung chronisch kranker und behinderter Menschen auseinander. Sein Kredo: Eigenverantwortung kann nur dort eingefordert werden, wo auch Handlungsfreiheit besteht.

Die Beiträge aus der Arbeitsgruppe Borgetto analysieren Serviceangebote der Selbsthilfe. Thieme, H. et al. identifizieren Prädiktoren für die Teilnahme an Gesprächskreisen und Funktiontraining von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen und ziehen daraus Schlussfolgerungen für die Förderung des Nutzens dieser Angebote durch weitere Betroffene. In einer prospektiven Studie gehen Pfingsten, A. et al. den Effekten von Gesprächskreisen und Funktionstraining nach und tragen damit positiv zum vernachlässigten Gebiet der Erforschung der Wirkung der Selbsthilfe bei.

Mit dem Beitrag zur Emanzipation der Patienten sowohl auf der Mikroebene, der direkten Arzt-Patienten-Beziehung, als auch auf der Makroebene, der Wahrnehmung kollektiver Patientenrechte, von Erika Gromnica-Ihle wird das Heft abgerundet.

Ich bedanke mich bei den Autorinnen und Autoren nicht nur für ihre engagierte Arbeit, sondern besonders für ihre gelungenen informativen Beiträge und bei den Herausgebern der Zeitschrift für ihr Interesse am Thema Selbsthilfe.

Erika Gromnica-Ihle