Als kleines Dankeschön für ein perfektes Teamplay Frau Professor Alef gewidmet.
Beschrieben wurde der portosystemische Shunt (PSS) als eine vaskuläre Anomalie beim Hund erstmals
1949. Aufgrund des vermehrten Auftretens der Erkrankung bei bestimmten Rassen und
sogar Familien geht man
von einer Erbkrankheit aus. Dieser Annahme entspricht auch die Definition [[22]], wenngleich der Erbgang noch nicht 100 %ig nachgewiesen wurde. Es wird von einer
komplexen
autosomalen Vererbung ausgegangen [[15]]. So wird in einzelnen Studien
[[26], [27]] von einer 36-fach erhöhten
Wahrscheinlichkeit bei Yorkshire Terriern ausgegangen. Einzelne Zuchtversuche mit
2 Elterntieren, die an
einem PSS erkrankt waren, ergaben jedoch nur gesunde Nachkommen [[26]]. Die
Studie [[26]] wurde allerdings nicht mit letzter Konsequenz weitergeführt,
weshalb die Aussagekraft kritisch bewertet werden sollte. Ähnliche Aussagen gibt es
zur Prävalenz beim
Irischen Wolfshund [[23], [24], [28]], weshalb in einigen Ländern der Zuchtverband bei diesen Hunden die Kontrolle
der Ammoniakwerte vor der Zuchtzulassung im Plasma empfiehlt [[18]]. Neben
den schon genannten Rassen tritt die Erkrankung unter anderen auch bei Cairn Terriern
[[29]], Norfolk Terriern, Maltesern und Australian Cattle Dogs gehäuft auf [[25]], nach Meinung der Autoren auch bei Retrievern, Hovawarts, Rauhaardackeln,
West Highland White Terriern und Zwergschnauzern. Auch bei Mischlingen tritt die Erkrankung
auf, wenngleich
scheinbar deutlich seltener als bei Rassehunden [[17]]. Eine
Geschlechtsdisposition scheint nicht vorzuliegen [[19]].
Einteilung
Es gibt verschiedene Formen des PSS, wobei sich eine einfache Unterteilung in intra- und extrahepatische
Formen für das Besitzergespräch bewährt hat. Kleine Hunderassen erkranken eher an einem
extrahepatischen
Shunt, große Rassen, wie zum Beispiel der Irische Wolfshund, an einem intrahepatischen
Shunt. Generell wird
von einem Verhältnis von ca. 2 : 1 zwischen extra- und intrahepatischem Shunt ausgegangen
[[5], [17]].
Rasseprädisposition – portosystemischer Shunt
-
Australian Cattle Dog [[25]]
-
Cairn Terrier [[29]]
-
Hovawart [[15]]
-
Irischer Wolfshund [[23], [24],
[28]]
-
Malteser [[25]]
-
Norfolk Terrier (eigene Daten)
-
Rauhaardackel [[15]]
-
Retriever [[15]]
-
West Highland White Terrier (eigene Daten)
-
Yorkshire Terrier [[15], [26]]
-
Zwergschnauzer [[15]]
Klinisches Bild
Nur wenige klar definierte Erkrankungen können sich so unterschiedlich präsentieren
wie der PSS. Es gibt
Tiere, die über viele Jahre weitgehend symptomlos sind und dann nur zufällig durch
eine lange
Nachschlafphase nach einer Zahnsanierung auffallen, aber auch Patienten, die sich
direkt nach der
Futterumstellung als Welpe mit typischem Drangwandern präsentieren. Gerade diese Vielfalt
und Varianz der
Symptome macht es aus der Sicht der Autoren nicht immer leicht, an einen PSS zu denken.
In den letzten Jahren scheint sich das Erkrankungsbild geändert zu haben, was aber
auch an der erhöhten
Sensibilität der Tierärzte für diese Erkrankung liegen mag. So ist der subjektive
Eindruck der Autoren, dass
vor einigen Jahren die neurologischen Symptome (Drangwandern nach der Futteraufnahme,
Kopf gegen die Wand
drücken) am häufigsten vorkamen, jetzt aber unspezifische Symptome wie eine erhöhte
Wasseraufnahme und
erhöhter Urinabsatz auffälliger sind.
Vereinfacht kann man die Symptome in 3 Gruppen einteilen:
-
zentralnervös
-
gastrointestinal
-
urologisch
Zentralnervöse Symptome
Die Auffälligkeiten des ZNS reichen von Lethargie, episodischem Auftreten einer Belastungsintoleranz,
Ataxie, Kopf an die Wand pressen, Orientierungslosigkeit, temporärer Blindheit, Verhaltensänderung,
Allotriophagie, extremer Salivation, Drangwandern, Anfällen bis hin zum Koma [[14], [15], [24], [25]].
Für das Auftreten der Symptome, die häufig auch als hepatoenzephales Syndrom bezeichnet werden,
ist wohl maßgeblich der erhöhte Gehalt von Ammoniak im Plasma verantwortlich. Dieser
entsteht zum großen
Teil durch den bakteriellen Eiweißabbau im Kolon. Physiologischerweise wird das Ammoniak
in der Leber
nahezu vollständig aus dem Blut entfernt und zu Harnstoff umgebaut. Durch die Umgehung
der Leber infolge
des PSS gelangt das Ammoniak stattdessen in den großen Blutkreislauf und somit auch
ins Gehirn. Ammoniak
ist exzitotoxisch und mit einer erhöhten Freisetzung von Glutamat (hauptexzitatorischer
Transmitter im
Gehirn), und somit mit einer Überaktivierung von Glutamatrezeptoren, assoziiert. Desweiteren
sind mehr
als 20 verschiedene Substanzen, wie z. B. Tryptophan, Glutamin, Gammaaminobuttersäure,
aromatische
Aminosäuren, kurzkettige Fettsäuren bei Patienten mit PSS im Blut erhöht. Diese können
die neuronale und
Astrozytenfunktion beeinflussen. Vollständig ist der Wirkungsmechanismus aber noch
nicht geklärt [[14]].
Gastrointestinale Symptome
Zu den gastrointestinalen Symptomen muss man neben Erbrechen und Durchfall [[7], [14]] auch das Zurückbleiben von
Wachstum [[15]] und Entwicklung dazuzählen.
Ursächlich für die verzögerte Entwicklung der Hunde ist die massiv reduzierte Durchblutung
der Leber. Das
Organ erhält physiologisch ca. 70 % des Blutflusses und 50 % des Sauerstoffs aus der
Pfortader. Durch das
Vorliegen eines PSS reduziert sich der Gesamtblutfluss der Leber, je nach Ausprägung
des Shunts, auf
weniger als 50 % [[7], [14]]. Dies führt
nicht nur zu einer Einschränkung der Entgiftungsfunktion, sondern auch dazu, dass
die Leber sich nicht
adäquat entwickelt. Als Konsequenz sind die Hunde häufig kleiner als die nicht erkrankten
Wurfgeschwister
und behalten mitunter auch ihr „Welpenfell“ [[1]] (▶ Abb.
[
1
]). Diese Entwicklungsstörung ist somit indirekt als Symptom des GIT
zu werten.
Abb. 1
Größenvergleich zweier Wurfgeschwister: Deutlich sichtbar der enorme Unterschied zwischen
dem
an einem portocavalen Shunt erkrankten rechten Tier und dem gleichaltrigen Geschwistertier.
Der
Größenunterschied war 8 Monate nach dem erfolgreichen Verschluss nicht mehr auffällig.
(© Ingmar Kiefer)
Mitunter lehnen die betroffenen Tiere das klassische Hundefutter ab – ob dies nur
zufällig geschieht oder
einen Schutzmechanismus darstellt, bleibt fraglich. Sekundär können weitere gastrointestinale
Symptome
durch die häufig recht stark ausgeprägte Allotriophagie auftreten. Auch Ulzera im
Gastrointestinaltrakt
können auftreten, spielen klinisch jedoch eher selten eine Rolle.
Urologische Symptome
Relativ häufig zeigen Tiere mit einem PSS eine ausgeprägte Polyurie/Polydipsie (PU/PD) [[14], [15]].
Ursächlich für die primär auftretende PU ist das Fehlen des Harnstoffgradienten im
Tubulussystem. Dieser
Gradient ist maßgeblich für die Rückresorption des Primärharns verantwortlich. Fehlt
der Harnstoff,
erfolgt eine mangelhafte Konzentration des Urins, was dann als Ausgleich sekundär
zu einer vermehrten
Wasseraufnahme führt. Bedingt durch den erhöhten Ammoniakspiegel kommt es zum Ausfallen
von
Ammoniumuraten, die sich häufig sonografisch als diffuse Verkalkungen in den Nieren oder als
Harngrieß in der Blase zeigen können. Je nach Ausprägung kann es aber auch zu soliden
Nierenbecken- und Harnblasensteinen kommen, die in der Regel in der Projektionsradiografie
nicht
darstellbar sind. Sekundär führen diese zu Entzündungen bis hin zur Hämaturie.
Labordiagnostik
Es gibt zahlreiche Veränderungen, die labordiagnostisch auf das Vorliegen eines PSS
hindeuten. Vorab muss
jedoch darauf hingewiesen werden, dass kein Befund einen Shunt sicher ausschließt,
was den Umkehrschluss
zulässt, dass im Zweifelsfall immer eine eindeutige Bildgebung erforderlich ist.
Typischerweise zeigen Tiere mit einem PSS
-
einen Harnstoffwert deutlich unterhalb des Referenzbereichs und
-
einen Ammoniakwert deutlich oberhalb des Referenzbereichs (meist deutlich über 120 µmol/l)
[[14], [15]].
Doch auch wenn der Ammoniakwert normal ist, kann ein PSS vorliegen [[13],
[14]]. Ebenso ist es nicht möglich, eine Korrelation zwischen dem
Ammoniakwert und den klinischen Symptomen herzustellen.
Gallensäurenstimulationstest
Der Gallensäurenstimulationstest hat sich in der Shuntdiagnostik etabliert. Der Test
überprüft die
Leberfunktion, wobei der Ablauf je nach Schule unterschiedlich ist. Am einfachsten
erscheint die
Durchführung unter der Anwendung eines Cholezystokinetikums:
-
Bestimmung des Gallensäurenbasalwerts
-
anschließende Gabe des Cholezystokinetikums Ceruletid
-
nach 30 min: Bestimmung des Gallensäurenstimulationswerts
Da Ceruletid nur noch schwierig zu beschaffen ist, kann die Entleerung der Gallenblase
alternativ durch
eine fettreiche Reizmahlzeit (zum Beispiel a/d-Diät, evtl. zusätzlich mit einem Ei
vermengt, andere
Autoren nutzen kommerzielle Leberdiäten) ausgelöst werden [[6]]. Auch die
Stimulation mit einer proteinreichen Diät kann in Einzelfällen zu Problemen führen.
Da der Patient auf
die Reizmahlzeit deutlich langsamer als auf die Injektion reagiert, erfolgt die Bestimmung
der
stimulierten Werte je nach Literaturstelle [[6], [15], [11]] erst nach 90–120 Minuten.
Die Referenzwerte differieren je nach Labor, als physiologisch gelten üblicherweise:
Beim Shuntpatienten können die Stimulationswerte weit über 100 mmol/l [[14], [15]] liegen. Erhöhte Werte weisen auf eine eingeschränkte
Leberfunktion hin. Beim jungen Hund ist dieses häufig Folge eines PSS, kann aber auch
andere Ursachen (z.
B. Leberfibrose, Zirrhose, chronische Hepatitis) haben. In einer australischen Studie
aus dem Jahr 1995
wurden erhöhte Gallensäuren bei Maltesern beschrieben, die Ursache ist jedoch unbekannt.
Bei einem Teil
der Tiere wurden Leberbiopsien durchgeführt, jedoch keine Portografie. Da auch Malteser
zu den häufig
betroffenen Rassen gehören, kann weder ein PSS noch eine mikrovaskuläre Dysplasie
sicher ausgeschlossen
werden.
Ammoniaktoleranztest
Der früher häufiger durchgeführte Ammoniaktoleranztest [[21]]
(Applikation einer definierten Menge Ammoniak) wird zurzeit als sehr problematisch
angesehen, da dieser
beim Shuntpatienten zu erheblichen neurologischen Ausfällen, im schlimmsten Fall auch
zum Tode, führen
kann. Dies gilt auch für Patienten, die weitgehend klinisch unauffällig sind.
Weitere Parameter
Neben diesen vergleichsweise spezifischen Parametern zeigt sich die eingeschränkte
Leberfunktion in einer
Vielzahl von veränderten Werten, die alle einzeln nicht spezifisch sind. In Kombination
erhärten sie
jedoch die Verdachtsdiagnose. Dies zeigt sich zum Beispiel in einem oft reduzierten
Serumgesamteiweiß, der sich sowohl aus einem erniedrigten Albumingehalt als auch durch eine
erniedrigte Gammaglobulinfraktion ergibt.
Im Gegensatz dazu sind die Werte von Aspartat-Aminotransferase (AST), Alanin-Aminotransferase
(ALT) und
Bilirubin meist im Referenzbereich. In der Literatur [[15]] wird die
alkalische Phosphatase (AP) beim Patienten mit PSS mitunter als deutlich erhöht beschrieben.
Im Patientengut der Autoren waren die Werte meist im Referenzbereich bzw. nur marginal
erhöht.
Der Cholesterinwert ist bei den Shuntpatienten häufig erniedrigt. Zusätzlich zeigen die
Tiere mitunter eine moderate Hypoglykämie. Hämatologisch sind eine milde Anämie und eine
Mikrozytose nachweisbar.
Aufgrund der Fehlfunktion der Leber haben fast alle Shuntpatienten labordiagnostisch
nachweisbare
Gerinnungsstörungen. Erstaunlicherweise spielen diese klinisch – auch bei den chirurgischen
Eingriffen – keine Rolle.
Wertvoll kann der Nachweis von Ammoniumuraten im Urin sein, der Nichtnachweis schließt aber den
PSS nicht aus.
Bildgebende Diagnostik
Radiografie
Vergleichbar mit der Labordiagnostik ist der Nachweis des PSS in der Projektionsradiografie
nicht
möglich, es können jedoch weitere Hinweise gewonnen werden. So hat ein Großteil der
Hunde eine sehr
kleine Leber [[14], [15]], sodass der
Magen weit in den rippengestützten Anteil der Bauchhöhle verlagert ist (▶ Abb.
[
2
]). Auch zeigen die Tiere häufig eine Renomegalie. Die schon
beschriebenen Blasen- oder Nierensteine lassen sich in der Regel in der Projektionsradiografie
nicht
nachweisen. In seltenen Fällen sind sie durch eine Kalziumverschmutzung sichtbar.
Oft findet man auch
Fremdkörper in dem Magen-Darm-Trakt als Zeichen der Allotriophagie.
Abb. 2
Laterolaterales Röntgenbild eines 8 Monate alten Dackels. Durch den gasgefüllten Magen
wird
die extrem kleine Leber noch deutlicher. Die Renomegalie kann in diesem Bild nur erahnt
werden.
(© Ingmar Kiefer)
Sonografie
Etwas sensitiver ist die sonografische Diagnostik [[9], [10], [16]]. Auch hier muss zwischen dem
eindeutigen Nachweis des Shuntgefäßes und den sekundären Hinweisen unterschieden werden.
In einer
retrospektiven Auswertung des eigenen Patientenguts haben die Autoren sonografisch
100 % (Goldstandard
war die jejunale Portografie) der intrahepatischen Shunts (▶ Abb.
[
3
], ▶ Abb.
[
4
]) und 76 % der
extrahepatischen Shunts eindeutig diagnostiziert. Diese Werte decken sich auch mit
den in der Literatur
gemachten Angaben [[20]].
Abb. 3
Sonografie-Darstellung der Leber eines 6 Monate alten Hovawarts. Das Tier wird in
Rücklage
untersucht, ventral stellt sich ein mgr. Aszites dar. Die Leber zeigt sich vermehrt
reflexreich und
mit nur wenigen Gefäßen. Die beiden kreisrunden Strukturen stellen den intrahepatischen
Shunt dar.
(© Ingmar Kiefer)
Abb. 4
Darstellung eines intrahepatischen Shunts mit dem amplitudenkodierten Doppler. Die
Darstellung des intrahepatischen Shunts gelingt meist schon im B-Bild, der Doppler
zeigt jedoch den
Blutfluss besser an. Dabei spielt es keine Rolle, ob mit dem klassischen Farbdoppler
oder dem
amplitudenkodierten Doppler gearbeitet wird.
(© Ingmar Kiefer)
Sekundäre Hinweise wie das Fehlen der Portalverzweigung, die kleine Leber, Turbulenzen
in der V. cava,
die Vergrößerung der Nieren und der Milz, Nachweise von Kristallen im Nierenparenchym
und von Kristallen
in der Harnblase sind als weitere Verdachtsmomente zu werten und sollten den Untersucher
kritisch über
eine weitere Bildgebung nachdenken lassen.
Eine Besonderheit stellen hier die Harnkristalle dar. Die meisten Kristalle in der Harnblase
zeigen sonografisch ein ausgeprägtes Sedimentationsverhalten. Ammoniumurate hingegen
sedimentieren nur
sehr langsam und zeigen ein Art „Schwebeverhalten“, wodurch sie meist sonografisch
relativ sicher von
anderen Kristallarten unterschieden werden können (▶ Abb.
[
5
]).
Abb. 5
In der Blase dieses Dackels stellt sich der Ammoniumuratgrieß in seiner typischen
Art dar.
Der Grieß zeigt eine Tendenz zur Flotation und das typische „Glitzern“.
(© Ingmar Kiefer)
Zusammenfassend gilt für die Sonografie, dass der eindeutige Nachweis des Shunts zwar
beweisend, der
negative Befund jedoch nicht ausschließend ist.
Ammoniumurate lassen sich durch ihr „Schwebeverhalten“ sonografisch relativ sicher
von anderen
Kristallarten unterscheiden.
Szintigrafie
Die lange Zeit im angloamerikanischen Bereich propagierte rektale Szintigrafie erscheint
den Autoren
nicht mehr zeitgemäß. Bei diesem Verfahren wird rektal ein Radionuklid verabreicht
[[8]]. Dieses wird über die Darmmukosa resorbiert und sollte sich physiologisch
zunächst in der Leber und dann erst im Herzen anreichern. Beim Vorliegen eines PSS
reichert sich das
Nuklid gar nicht oder deutlich schwächer in der Leber an [[2]]. Das
Verfahren erscheint den Autoren jedoch relativ aufwendig und die Aussagekraft aufgrund
der schlechten
örtlichen Auflösung unzureichend. Gleiches gilt auch für die Szintigrafie nach Injektion
in die Milz.
Splenoportografie
Als Alternative zur jejunalen Portografie hat sich die sogenannte Splenoportografie
etabliert. Das
Verfahren wurde zunächst sehr kritisch bewertet, weil es häufig nach der Blindpunktion
der Milz zu
erheblichen Blutungen gekommen ist. Um dies zu vermeiden, wurde dann für eine Splenoportografie
(wie bei
einer jejunalen Portografie) das Abdomen eröffnet und das Kontrastmittel unter Sichtkontrolle
in die Milz
appliziert. Da der Aufwand jedoch nahezu identisch zur jejunalen Portografie ist,
erschien auch diese
Modifikation wenig sinnvoll. Erst mit dem Einzug der Sonografie in die Kleintiermedizin
hat sich das
Verfahren als echte Alternative behauptet.
Mithilfe der Sonografie wird die Injektionsnadel sicher in der Milz platziert, bevor
das nicht ionische,
wasserlösliche jodhaltige Kontrastmittel (zum Beispiel Imeron® 300 oder Solutrast®
250) in die Milz unter Durchleuchtungskontrolle injiziert wird. Der Weg des Kontrastmittels
wird über die
V. lienalis zur V. portae und je nach Verlauf genau wie bei der jejunalen Portografie
verfolgt und
aufgezeichnet (▶ Abb.
[
6
], ▶ Abb.
[
7
]). Mittels Subtraktionsangiografie (bei der nur das fließende
Kontrastmittel dargestellt wird) kann der Verlauf noch deutlicher sichtbar gemacht
werden, da die
Darstellung der Umgebung (Leber, Darm usw.) unterdrückt wird. In einer Vergleichsstudie
zur jejunalen
Portografie mit 43 Patienten hat sich das Verfahren als sehr genau erwiesen. Lediglich
bei einem
Patienten gab es einen Unterschied in der Aussage, der durch einen zu klein gewählten
Durchleuchtungsausschnitt verursacht wurde (eigene Daten). Die für die Diagnostik
benötigte Narkose ist
in der Regel sehr kurz (der Vorgang dauert weniger als 10 Minuten) und kann z. B.
mit Propofol erhalten
werden.
Abb. 6
Physiologisches Portogramm im laterolateralen Strahlengang. Die Nadel wurde perkutan
unter
sonografischer Kontrolle in die Milz platziert und dann unter Durchleuchtung das Kontrastmittel
appliziert. Die Verzweigung der Portalgefäße ist sehr gut erkenntlich.
(© Ingmar Kiefer)
Abb. 7
Bei dieser Splenoportografie fließt das Kontrastmittel direkt über einen portocavalen
Shunt
in die V. cava caudalis ab, in der Leber nehmen keine Gefäße Kontrastmittel auf. Ein
geringer Teil des
Kontrastmittels ist in die freie Bauchhöhle ausgetreten.
(© Ingmar Kiefer)
Der Diagnostiker sollte trotzdem kritisch überlegen, bei welchem Patienten er diese
Methode anwendet. Die
Splenoportografie erscheint bei Patienten, die relativ sicher einen PSS haben, wenig
sinnvoll, da für die
anschließende Therapie in der Regel das Abdomen eröffnet werden muss (Ausnahme Coilimplantation).
In
diesen Fällen kann daher direkt eine jejunale Portografie durchgeführt werden. Bei
Patienten, die
höchstwahrscheinlich keinen PSS aufweisen, erscheint den Autoren die Splenoportografie
sehr zweckmäßig,
da sie schnell und einfach durchzuführen ist.
Computertomografie
Mit dem Einzug von schnellen mehrzeiligen Computertomografen (CT) hat sich eine weitere
Alternative zur
Diagnostik des PSS ergeben [[4], [12]].
Hierbei gibt es mehrere Möglichkeiten, die Untersuchung durchzuführen, was nicht unerheblich
von der
Ausstattung des Tomografen abhängt. Die Untersuchung sollte gestartet werden, wenn
das Kontrastmittel
nach der periphervenösen Applikation am stärksten in der Portalvene anflutet (▶ Abb.
[
8
], ▶ Abb.
[
9
]). Die
einfachste, aber auch ungenaueste Methode ist die Schätzung des richtigen Untersuchungszeitpunkts
anhand von Erfahrungswerten. Da die portalvenöse Phase im Gegensatz zur arteriellen Phase
vergleichsweise lang ist [[3]], funktioniert das Verfahren zwar, bringt
aber nicht immer auswertbare Bilder. Die Anflutung des Kontrastmittels ist von Parametern
wie
Patientengröße, Herzfrequenz usw. abhängig, sodass diese zur Ermittlung des richtigen
Untersuchungszeitpunkts in die Berechnung miteinbezogen werden sollten. Im Allgemeinen
funktioniert diese
Methode sehr gut, bei einzelnen Ausreißern kommt es aber dazu, dass der richtige Untersuchungszeitpunkt
verpasst wird [[3]].
Abb. 8
Ein Portoazygosshunt im Maximum-Intensitätsprotokoll in einer lateralen Rekonstruktion
(Schichtdicke 4 mm). Die typische Schleife des Azygosshunts lässt sich in dieser Art
der Darstellung
sehr gut nachvollziehen.
(© Ingmar Kiefer)
Abb. 9
Identischer Patient in einer koronaren Darstellung, jedoch etwas weiter ventral, weshalb
nun
die Aorta nicht mehr im Bild ist, jedoch auch die V. cava caudalis und beide Nieren
mit Kontrastmittel
angereichert sind.
(© Ingmar Kiefer)
Alternativ dazu wird ein kleiner Kontrastmittel-Testbolus appliziert und gemessen, wie lange der
Testbolus braucht, bis er in der V. portae maximal anflutet [[31], [32], [33]]. Anschließend wird dann der
eigentliche Untersuchungsbolus injiziert und die Untersuchung mit der gemessenen Verzögerung
gestartet.
Die zurzeit modernste Methode ist das Bolustracking [[3]]. Bei
diesem Verfahren wird eine Region of Interest (ROI) in der V. portae positioniert
und eine Schwelle
definiert, meist 100 Hounsfield-Einheiten. Nach Applikation des Kontrastmittels misst
der Tomograf
sekündlich den Wert in der ROI und löst die eigentliche Untersuchung nach Erreichen
des Schwellenwerts
aus. Dies führt dazu, dass man den Zeitpunkt der optimalen Kontrastierung der V. portae
sicher trifft.
Durch den Einsatz weiterer Bildverarbeitungstechniken kann dann der Shuntverlauf noch
deutlicher und
sogar in 3D in allen Ebenen dargestellt werden.
Es muss kritisch darüber nachgedacht werden, inwieweit das Verfahren sinnvoll eingesetzt
wird,
insbesondere, weil auf den Besitzer erhebliche Kosten zukommen. Die Vorteile des Verfahrens
liegen jedoch
auf der Hand: Es kostet wenig Zeit und man erhält nicht invasiv eine sehr genaue Vorstellung
über Größe
und Verlauf des Shunts. Mit diesen Informationen kann der Chirurg mit dem Besitzer
noch einmal über
Prognose und Risiko sprechen. Dieser hat dann die Möglichkeit, zum Beispiel bei arteriovenösen
Fisteln
oder komplizierten intrahepatischen Shunts, auf die Operation zu verzichten oder auf
eine andere
Therapieform umzuschwenken. Die CT gilt in der Shuntdiagnostik als sehr sicher, vorausgesetzt
die
Diagnostik wird technisch korrekt durchgeführt.
Jejunale Portografie
Die jejunale Portografie gilt nach wie vor als die exakteste Methode zur Diagnostik
des PSS [[14], [30]]. Nach dem Eröffnen des Abdomens
wird eine Jejunalschlinge vorgelagert und in eine Jejunalvene ein venöser Zugang gelegt.
Unter
Durchleuchtungskontrolle wird anschließend das Kontrastmittel appliziert und so der
Shuntverlauf
dargestellt (▶ Abb.
[
10
], ▶ Abb.
[
11
].).
Abb. 10
Portoazygosshunt nach Applikation über eine Jejunalvene. Auch hier zeigt sich die
typische
Schleife des Shunts. Mit der jejunalen Portografie wird in der Regel das Portogramm
am
kontrastreichsten dargestellt.
(© Ingmar Kiefer)
Abb. 11
Gleicher Shunttyp im dorsoventralen Strahlengang. Auch hier kann die für diese Shuntart
typische Schleife erkannt werden.
(© Ingmar Kiefer)
Die Diagnostik kann direkt zur Therapie eingesetzt werden und gegebenenfalls die Therapie
(Einengung des
Gefäßes) auch direkt kontrolliert werden (▶ Abb.
[
12
]).
Sollte das Tier jedoch keinen PSS haben, ist der Aufwand für das Tier unverhältnismäßig
groß.
Abb. 12
Blick auf den OP-Situs eines portocavalen Shunts. Der Faden liegt bereits um das
Shuntgefäß und engt dieses partiell ein. In einer 2. Operation wurde dann das Gefäß
vollständig
verschlossen.
(© Ingmar Kiefer)
Zusammenfassung
Zusammenfassend bietet einzig die Bildgebung einen sicheren Nachweis, ob ein PSS vorliegt.
Solange nicht
durch eine Portografie bewiesen ist, dass der Patient keinen Shunt hat, sollte diese
Differenzialdiagnose
nach wie vor als möglich angesehen werden.
Welche Methode gewählt wird, hängt letztlich von den Ergebnissen der Voruntersuchungen
ab. Sonografisch ist
der positive Nachweis des Shunts beweisend, der negative jedoch überhaupt nicht ausschließend.
Geht es
darum, bei einem Patienten einen durch die Voruntersuchungen unwahrscheinlichen Shunt
sicher auszuschließen,
erscheinen Splenoportografie und CT sinnvoll. Geht es darum, sich einen genauen Überblick
(so nicht vorher
möglich) über die Art des PSS zu machen, erscheint die CT die Modalität der Wahl.
Wenn Patienten aufgrund
der Klinik und Voruntersuchungen (z. B. sonografischer Nachweis) sehr sicher einen
Shunt haben und dieser
auch sicher operiert werden soll, so führt kein Weg an der jejunalen Portografie vorbei.