Z Gastroenterol 2014; 52(8): 1009-1011
DOI: 10.1055/s-0033-1362639
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Kapselendoskopie – Dünndarm endlich GKV-Leistung!

Horst Hohn
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Publication Date:
15 August 2014 (online)

Seit dem 1.Juli ist es soweit: Die Videokapselendoskopie (VKE) des Dünndarms ist endlich eine Leistung, die im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) abgebildet wird. Dies wurde am 26.6.2014 von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) gemeldet. Vorangegangen war ein Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) vom November 2010 und die Ratifizierung durch das Bundesamt für Gesundheit im Januar 2011. Von 2011 bis 2013 mussten zunächst die genauen Qualitätskriterien zur Zulassung, Betrieb und Genehmigung der neuen Kassenleistung erarbeitet werden, bevor der Bewertungsausschuss sich des Themas im Herbst 2013 endlich annehmen konnte. Nachdem es so aussah, dass eine Bewertung erst im Herbst 2014 stattfinden würde, ist es sehr überraschend, dass jetzt schon zum 1.7.2014 eine Abrechnung mittels EBM-Ziffer erfolgen kann. Dabei sind die Zulassungs- und Kontrollverfahren in den lokalen kassenärztlichen Vereinigungen (KV) noch keineswegs komplett umgesetzt.

EBM-Ziffer und Honorierung

Es war schon früh klar, dass es für die Durchführung und Auswertung der VKE zwei Ziffern geben wird. Mit Spannung erwarteten wir hingegen die genaue Bewertung. Die Kapselgruppe des bng war zwar nicht direkt in die Bewertung involviert, konnte aber in Sachfragen ausführlich beraten.

Es gibt Gebührenordnungspositionen (GOP) für Kinder und für Erwachsene, die allerdings gleich vergütet werden. Untersuchungen bei Kindern werden mit der GOP 04 528, bei Erwachsenen mit der GOP 13 425 (1139 Punkte) abgerechnet. Für die Auswertung wurden die GOP 04 529 und die GOP 13 426 (2435 Punkte) aufgenommen. Die Vergütung erfolgt extrabudgetär, und zwar ohne Mengenbegrenzung und zu festen Preisen. Die Durchführung der Untersuchung wird mit ca. 155 Euro, die Auswertung mit etwa 247 Euro vergütet. Die VKE wird also insgesamt mit 362 Euro honoriert. Die Kosten für die Untersuchungskapsel sind darin nicht enthalten. Ob damit kostendeckend gearbeitet werden kann, wird die Praxis zeigen.


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Materialkosten

Für die Materialkosten gibt es bisher keine Abrechnungsziffer und keine allgemeingültige Regelung. Denkbar ist ein direktes Abrechnungsverfahren. Sicher ist, dass die Kapsel nicht über Sprechstundenbedarf abgerechnet werden kann, da dieser Posten nicht in den SSB-Vereinbarungen steht (müsste nachverhandelt werden). Es muss also eine Sachkostenabrechnung erfolgen. Das ist in jeder KV anders geregelt. Manche Kassenärztliche Vereinigungen haben dafür Pseudoziffern, in anderen (z. B. in Rheinland Pfalz) gibt es keine Regelung, d. h. man muss die Sachkosten direkt bei der jeweiligen Versicherung des Patienten zur Erstattung einreichen. (So, wie man das z. B. für Dilatationsballons o.ä. macht.) Auch hier muss man bei der jeweiligen KV nachfragen.


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Indikationsstellung

Im G-BA Beschluss wurde die Indikation zur VKE des Dünndarms definiert. Die QS-Vereinbarungen führen diese weiter aus. Zusammengefasst liegt eine Indikation vor, wenn

  • entweder eine rezidivierende oder persistierende Blutungsanämie vorliegt und andere extraintestinale Ursachen ausgeschlossen sind und / oder

  • eine okkulte oder ouverte GI-Blutung vorliegt

und die vorangegangene Diagnostik (Gastroskopie und Koloskopie), die nicht älter als drei Monate sein sollte, keine Blutungsquelle aufzeigte. Sowohl die Indikation als auch die Vordiagnostik muss dokumentiert werden bzw. nachweisbar sein.


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Was hat sich zum 1.7.2014 geändert?

Mit dem Inkrafttreten des Beschlusses zum 1.7.14 kann die Leistung ausschließlich nur noch mittels der GOP des EBM abgerechnet werden. Einzelanträge an die Krankenkassen entfallen ebenso wie die Erstattung nach GOÄ. Die Hersteller der Praxissoftware werden einige Zeit brauchen, um die Ziffern zu implementieren. Sobald dies geschehen ist, kann dann die Leistung nachgetragen oder mit der nächsten Abrechnung nachgereicht werden.


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Zulassungsverfahren

Die Durchführung und Auswertung der VKE ist genehmigungspflichtig. Es wird ein Zulassungsverfahren geben. Wer zugelassen wird, ist in der Qualitätssicherungsvereinbarung Dünndarm-Kapselendoskopie der KBV, die auch zum 1.7.2014 in Kraft tritt, genau beschrieben. Grundsätzlich werden nur Fachärzte für Innere Medizin und Gastroenterologie sowie Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin mit der Zusatzweiterbildung Kinder-Gastroenterologie zugelassen werden. Es gibt aber Übergangsregelungen. In der Übergangsregelung wurden besonders Internisten ohne Schwerpunkt und Gastroenterologen berücksichtigt, die Kapselendoskopie bis dato durchgeführt haben.


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Wichtig: es gibt ein Übergangsverfahren!

Internisten ohne die Schwerpunktbezeichnung Gastroenterologie, die bisher Kapselendoskopien durchgeführt haben, müssen innerhalb von sechs Monaten, also im 2.Halbjahr 2014, den Antrag auf Zulassung stellen, um in den Genuss der Übergangsregelung zu kommen! Ab dem 1.1.2015 gibt es dann keine Zulassung mehr für Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung. Die Übergangsfrist gilt auch für Gastroenterologen, allerdings haben diese ab dem 1.1.15 weiterhin die Möglichkeit, nach Erwerb der fachlichen Voraussetzungen (s. u.) zugelassen zu werden. Innerhalb dieser Übergangsfrist können die Voraussetzungen für die Zulassung nachgewiesen werden. Internisten ohne Schwerpunkt, die bisher VKE durchgeführt haben, müssen einen Nachweis über die bisherige Leistungserbringung in vorgeschriebener Anzahl und Qualität vorlegen (25 Auswertungen in den letzten 2 Jahren).

Außerdem gilt bei der Antragsstellung im Übergangsverfahren: Bis zur Entscheidung über die Zulassung darf die VKE nach Antragstellung auf Genehmigung direkt bis zu zwölf Monate abgerechnet werden! Nach Eingang eines negativen Bescheides erlischt diese vorläufige Zulassung mit sofortiger Wirkung. Damit soll eine Unterbrechung der Leistungserbringung durch Genehmigungsverfahren vermieden werden. Internisten mit der Schwerpunktbezeichnung Gastroenterologie können unabhängig der Übergangsfrist jederzeit den Antrag auf Genehmigung stellen. Die Gastroenterologen, die bereits vor dem 1.7.2014 VKE durchgeführt haben, fallen ebenfalls unter die Übergangsregelung (s. o.).


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Fachliche Voraussetzungen

  • Genehmigung VKE (nur Gastroenterologen)

    • Für die Applikation (Durchführung) der VKE: Selbständige Indikationsstellung und Applikation von fünf Kapseln zur Dünndarm-Kapselendoskopie-Untersuchung, ggf. unter Anleitung, innerhalb von einem Jahr vor Antragstellung der Genehmigung sowie Erfahrungen in der Auswertung von Dünndarm-Kapselendoskopien durch selbständig durchgeführte Auswertungen unter Anleitung oder Teilnahme an einem von der Kassenärztlichen Vereinigung anerkannten Kapselendoskopiekurs.

    • Für die Auswertung: Nachzuweisen sind Auswertungen von mindestens 25 Dünndarm-Kapselendoskopie-Untersuchungen unter Anleitung eines zur Weiterbildung befugten Facharztes

  • Übergangsregelung (Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung sowie Gastroenterologen)

    • Für die Applikation: Selbstständige Indikationsstellung und Applikation von mindestens 12 Dünndarm-Kapselendoskopien

    • Für die Auswertung: Auswertung von mindestens 25 Dünndarm-Kapselendoskopie-Untersuchungen des Dünndarms, davon mindestens zehn mit Fragestellung obskurer Blutung in den letzten zwei Jahren vor Antragstellung.

Mit dieser Regelung sollen alle Internisten, die bisher die Untersuchung durchgeführt haben, auch die Möglichkeit erhalten, die Zulassung zu bekommen. Es zählen Untersuchungen bis zur Antragstellung. Mit einem geeignetem Kurs, der es ermöglicht unter Anleitung eines weiterbildungsermächtigten Gastroenterologen Kapselvideos auszuwerten, kann die fehlende Anzahl der Untersuchungen kompensiert werden. Der bng bietet hierzu die Kapselkurse des Kapselclubs an.


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Kapselkurse

Für niedergelassene Gastroenterologen kann es schwierig werden, die geforderten 25 Auswertungen unter Anleitung eines weiterbildungsberechtigten Arztes zu erreichen. Die Kapselkurse des Kapselclubs, an denen der bng mit beteiligt ist und der von der bng-Service GmbH angeboten wird, gibt hierzu die Möglichkeit. Im Rahmen des zweitägigen Kurses werden 20 Kapselvideos unter der Anleitung erfahrener Kapselendoskopeure ausgewertet und nach erfolgreichem Abschluss des Kurses durch die Ausbilder des Kapselkurses, die weiterbildungsberechtigt sind, bescheinigt. Infos zum Inhalt der Kurse bietet das Curriculum im Anhang. Nach der Zulassung wird eine jährliche Kontrolle ähnlich wie bei der Koloskopie über den Erhalt der Zulassung entscheiden.


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Zusammenfassung

Zusammengefasst steht uns endlich eine EBM-Ziffer zur Abrechnung der VKE bei der Indikation „obskure GI-Blutung“ zur Verfügung. Die Leistung ist in den ersten zwei Jahren extrabudgetär. Die Leistungserbringung ist genehmigungspflichtig. Es gibt eine wichtige Übergangsregelung von sechs Monaten, die ab dem 1.7.2014 begann und mit dem 31.12.2014 endet. Die jeweilige lokale KV muss den Bescheid jetzt umsetzen und ein Procedere zur Abrechnung der Materialkosten anbieten. Für alle, die die Untersuchung bisher durchgeführt haben oder durchführen wollen gilt: möglichst bis zum 31.12.14 Antrag auf Genehmigung stellen! Informationen zu den Kapselkursen bietet die bng-Service GmbH an. Hier können die kostenpflichtigen Kurse auch direkt gebucht werden. bng-Mitglieder erhalten einen Rabatt.


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