ergopraxis 2014; 7(01): 16-18
DOI: 10.1055/s-0034-1365850
wissenschaft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart - New York

Internationale Studienergebnisse


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10 January 2014 (online)

 

Chronische Erkrankungen – Betätigung als Bewältigungsstrategie

Betätigung hilft Menschen dabei, chronische Gesundheitsprobleme aufzudecken, zu erklären, zu steuern und zu bewältigen. Das untersuchte die Ergotherapeutin Carolynne White mit ihren beiden Kolleginnen an der Monash-Universität in Frankston, Australien.

16 chronisch erkrankte Menschen zwischen 25 und 65 Jahren nahmen jeweils an zwei halbstrukturierten Interviews teil. Darin beschrieben sie, was tägliches Handeln für sie bedeutet. Die Aussagen lieferten eine Kernbotschaft: Betätigung befähigt Menschen mit chronischen Erkrankungen, ihr Leben zu bewältigen. Sie erfüllt dabei vier verschiedene Funktionen: Erstens hilft sie betroffenen Menschen, ihre Gesundheitsprobleme aufzudecken. Das heißt, erkrankte Menschen erkennen gesundheitliche Veränderungen daran, dass sie Handlungen nicht mehr wie gewohnt ausführen können.

Zweitens trägt Betätigung dazu bei, Gesundheitszustände und Symptome zu erklären. So führen Menschen mit chronischen Erkrankungen ihre Gesundheitsprobleme oft auf konkrete Erfahrungen oder Verhaltensweisen zurück, zum Beispiel auf ungesunde Ernährungsgewohnheiten oder traumatische Erlebnisse. Drittens können Betroffene ihren Gesundheitszustand festigen und ihr Identitätsgefühl stärken, wenn sie bestimmte Aktivitäten wieder aufnehmen können. Viertens hilft das tägliche Handeln den Betroffenen dabei, ihre Gesundheitsprobleme zu bewältigen. Statt aufzugeben, suchen sie nach Möglichkeiten, um trotz ihrer Einschränkungen ein erfülltes Leben zu führen. Dazu passen sie Aktivitäten an oder entdecken neue Betätigungsfelder und -ziele. Ein Studienteilnehmer plante zum Beispiel eine Karriere als Anwalt, weil er diesen Beruf auch im Rollstuhl ausüben kann.

Den Forschern zufolge sollten Ergotherapeuten berücksichtigen, wie sich chronische Gesundheitsprobleme auf das tägliche Handeln und Identitätserleben ihrer Klienten auswirken. Durch eine klientenzentrierte Vorgehensweise können sie betroffene Menschen dazu befähigen, erfolgreich an ihrer Umwelt zu partizipieren und ein erfülltes Leben zu führen.

dawo

AOTJ 2013; 60: 20–29


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Risiken in der Psychiatrie – Aggressionen und andere Risiken verringern

In psychiatrischen Einrichtungen gibt es immer wieder besondere Situationen, die ein spezifisches Risikomanagement erfordern. Dazu gehören psychiatrische Symptome, Behandlungsfehler und Therapieabbrüche sowie das aggressive und selbstzerstörerische Verhalten von Klienten. Zu diesem Ergebnis gelangten die Psychologen Dr. Matthias Briner von der ETH Zürich und Prof. Dr. Tanja Masner von der Universität Freiburg in der Schweiz.

Die Forscher führten elf Experteninterviews durch und ließen die Resultate anschließend von vier weiteren Experten in einer Fokusgruppe diskutieren. Alle Studienteilnehmer hatten sich entweder auf das Risikomanagement in der Psychiatrie oder auf die Sicherheit psychiatrischer Klienten spezialisiert. Sie kamen zu dem Schluss, dass sich viele Risiken in psychiatrischen Kliniken von anderen Bereichen der Gesundheitsversorgung unterscheiden. Die Experten führen dies auf die Besonderheiten psychischer Erkrankungen zurück, die oft mit wiederholten Klinikaufnahmen, fehlender Krankheitseinsicht und aggressivem Verhalten der Klienten einhergehen. Aggressive Verhaltensweisen gefährden dabei nicht nur die Klienten, sondern auch das Klinikpersonal. Dieses Risiko lässt sich aus Sicht der Befragten verringern, indem die Betreuungskräfte spezifische Assessments einsetzen und Schulungen in Aggressionsmanagement erhalten. Eine mögliche Gefahrenquelle sehen die Experten in psychiatrischen Symptomen wie Suizidalität oder Gewalttätigkeit. Ihre Erfahrung zeigt, dass solche problematischen Verhaltensweisen dann besonders häufig auftreten, wenn die Betroffenen gegen ihren Willen in der Klinik untergebracht sind. Ein weiteres Risiko besteht in Behandlungsfehlern, zu denen sexuelle Kontakte zwischen Personal und Patienten, Fehldiagnosen und Nebenwirkungen von Medikamenten gehören. Dieses Risiko verschärft sich aus Sicht der Experten, wenn die Behandlungsteams unzureichend über Therapiefehler diskutieren und jede Berufsgruppe andere Ziele verfolgt. Vorzeitige Therapieabbrüche oder Flucht stellen ein zusätzliches Problem im psychiatrischen Setting dar.

Die Ergebnisse der Studie können Verantwortliche darin unterstützen, das klinikeigene Risikomanagement zu optimieren und auf die besonderen Risiken in psychiatrischen Kliniken abzustimmen.

dawo

BMC Health Serv Res 2013; 13: 44


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Kunst, Musik und Tanz – Symptome einer Tumorerkrankung reduzieren

Zu den Kreativtherapien (KT) zählen die Kunst-, Musik-, Tanz- und Bewegungstherapie. Die Angebote unterstützen Klienten mit Krebserkrankungen, Symptome wie Angst, Depression oder Schmerzen zu bewältigen und eine höhere Lebensqualität zu erfahren. Das fanden Forscher um Dr. Timothy W. Puetz heraus, Gesundheitswissenschaftler an den National Institutes of Health in Maryland, USA.

In ihrer systematischen Übersichtsarbeit werteten die Wissenschaftler 27 randomisierte kontrollierte Studien (RCT) mit 1.576 an Krebs erkrankten Menschen aus und führten homogene Daten in einer Metaanalyse zusammen. Die Studien hatten sie zuvor in elektronischen Datenbanken wie PubMed, Web of Science oder PsycInfo recherchiert. Den Ergebnissen zufolge kann eine Kreativtherapie psychische Symptome wie Angst und Depression reduzieren, Schmerzen verringern und die Lebensqualität betroffener Klienten verbessern. Auf das sogenannte Fatigue-Syndrom scheint sie hingegen keinen Einfluss zu nehmen. Interessanterweise bewältigen Menschen mit Krebserkrankungen ihre Angst besser, wenn therapeutische Laien, welche die Forscher nicht näher definieren, die Behandlung anbieten. Schmerzen reduzieren sich effektiver, wenn die Gruppentherapie stationär erfolgt oder nur Klienten mit ähnlichem Krankheitsbild mit einbezieht. Dabei hält die erzielte Schmerzreduktion langfristig an, während andere Effekte bereits in den Follow-up- Untersuchungen nachlassen.

Die Ergebnisse sind nur bedingt aussagekräftig, da die Studien methodische Schwächen aufweisen. Die Forscher sehen einen großen Bedarf an qualitativ hochwertigen RCT-Studien, die geeignete Assessments nutzen und wesentliche Informationen über die Interventionen und den Forschungsprozess vermitteln.

dawo

JAMA Intern Med 2013; 173: 960–969


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