Z Orthop Unfall 2014; 152(2): 152-160
DOI: 10.1055/s-0034-1368210
Knochenersatz
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Knochenersatzmaterialien – Grundlagen und klinischer Nutzen

Bone Substitutes – Basic Principles and Clinical Applications
P. Garcia
1   Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Münster
,
D. Franz
2   DRG Research Group, Universitätsklinikum Münster
,
M. Raschke
1   Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Münster
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Publication Date:
23 April 2014 (online)

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Zusammenfassung

Zur Behandlung von Knochendefekten und Pseudarthrosen wird regelhaft eine Transplantation von autologem Knochen durchgeführt. Alterativ hierzu werden zunehmend verschiedene Arten von Knochenersatzstoffen verwendet. Hierzu zählen sowohl synthetische als auch aufgearbeitete Materialien von menschlichen Spendern (allogen) oder tierischen Ursprungs (xenogen). Die im Vergleich zu Arzneimitteln niedrigeren Hürden zur klinischen Zulassung haben zu einer schier unüberschaubaren Anzahl verschiedener Knochenersatzstoffe geführt. Die klinische Studienlage zur Verwendung der einzelnen Materialien ist extrem spärlich und erlaubt keine evidenzbasierte Entscheidungsfindung für einzelne Materialien und spezifische Indikationen. Für eine rationale Entscheidung zum Einsatz von Knochenersatzstoffen ist daher das Verständnis für die grundlegenden biologischen Eigenschaften der verschiedenen Materialien eine wichtige Voraussetzung. In diesem Beitrag wird auf die biologischen Eigenschaften und die komplexe z. T. uneinheitlich verwendete Nomenklatur der Knochenersatzstoffe eingegangen. Prinzipiell kann hier zwischen osteogenen, osteoinduktiven und osteokonduktiven Materialeigenschaften unterschieden werden. Die meisten Knochenersatzstoffe, insbesondere die synthetischen, dienen primär als Matrix, auf der neuer Knochen gebildet werden kann, und besitzen fast ausschließlich osteokonduktive Eigenschaften. Durch Besiedlung dieser osteokonduktiven Knochenersatzstoffe mit osteoinduktiven Wachstumsfaktoren und osteogenen Zellen entstehen sog. Composite-Materialien mit verbesserten knochenbildenden Eigenschaften. Bei der klinischen Anwendung ist die Qualität des Empfängerlagers für das spätere Ergebnis von entscheidender Bedeutung. Als Voraussetzung für eine erfolgreiche Transplantation gelten eine Infektfreiheit, ein intakter Weichteilmantel, vitale Knochenenden und eine mechanisch stabile Umgebung. Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, sollte in Abhängigkeit von der Lokalisation und der Größe eines knöchernen Defekts eine Implantation von Knochenersatzstoffen erwogen werden. Die häufigsten Indikationen zur Verwendung von Knochenersatzstoffen betreffen die Wirbelsäule, metaphysäre Defekte und kortikale Segmentdefekte im Bereich der Diaphysen. In der vorliegenden Übersichtsarbeit sollen die klinischen Vorteile und Limitierungen von Knochenersatzstoffen für häufige Indikationen anhand der vorliegenden Literatur dargestellt und diskutiert werden.

Abstract

Treatment of bone defects and non-unions frequently requires the transplantation of autologous bone. As an alternative, different kinds of bone substitutes have been used more often during the past years. These bone substitutes include synthetic materials, just as well as processed materials from human donors (allogen) or animals (xenogen). The relatively low hurdles in the approval process, compared to pharmaceutical drugs, have led to an almost unmanageable amount of different kinds of bone substitutes. Due to sparse clinical studies, evidence-based decisions for a specific product or a specific indication are hardly possible. Therefore, a deeper knowledge about basic properties of different bone substitutes is needed for a rational clinical decision. The present review aims to clarify the sometimes confusing nomenclature of bone substitutes and discuss their different biological properties. Generally, bone substitutes can be discriminated in osteogenic, osteoinductive and osteoconductive materials. The great majority of bone substitutes and especially synthetic materials serve as a matrix for bone growth and therefore possess mainly osteoconductive properties. The combination of these osteoconductive materials with osteogenic cells or osteoinductive growth factors, leads to composite materials with higher bone forming potential. Clinically, the quality and vitality of the recipient bone defect is of great importance. As a prerequisite for successful transplantation of bone substitutes or autologous bone, the recipient bone defect should be mechanically stable, free of infection with vital bone ends and intact soft tissue coverage. Bone defects in the spine, methaphyseal defects after trauma/tumour and diaphyseal segmental defects are typical indications for the application of bone substitutes. Unfortunately, the current literature does not allow concrete recommendations for specific bone substitutes or specific clinical indications. However, this review aims to discuss clinical benefits and limitations of bone substitutes for frequent indications to help clinicians in their decision making process.