Sportphysio 2014; 02(02): 93-94
DOI: 10.1055/s-0034-1376412
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Publication Date:
20 May 2014 (online)

2. Physiotag auf der FIBO in Köln

Gelebte Interdisziplinarität

Treffen sich drei Physiotherapeuten, ein Sportwissenschaftler und zwei ehemalige Leistungssportler und gestalten zusammen einen interdisziplinären Tag zum Thema Sportphysiotherapie. Was war das? – Der 2. Physiotag auf der FIBO 2014

Die Referenten beziehen sich in ihren Vorträgen aufeinander, ergänzen sich und lernen auch von einander: gelebte Interdiziplinarität. Unter dem Motto „Jetzt erst Recht!“ ließen die drei Referenten Professor Thorsten Kreutz, Georg Supp und Wolfgang Schoch keinen Zweifel an der Effektivität von Sport und Physiotherapie. Krafttraining tut unserem Organismus in jedem Alter gut und es beschert unseren Zellen mehr „Ausdauer“ für ein langes Leben. Thorsten Kreutzs Botschaft an Physiotherapeuten: „Muten Sie auch Ihren alten Patienten Krafttraining zu“.

Selbst vom Läufer-Gen befallen, besteht die Gefahr, seine Lieblingssportart zu glorifizieren. Damit ihm das nicht passiert, arbeitete sich Physiotherapeut und Läufer Georg Supp durch aktuelle wissenschaftliche Literatur. Eindrucksvoll zeigte er, dass Läufer kein höheres Arthrose-Risiko haben als Nichtläufer. Laufen verbessert den Knorpel qualitativ zwar nicht, aber Studien zeigen, dass die Knorpelfläche größer wird. Seine Take-Home-Message: „Laufen trotz Arthrose“ und „Laufen statt Arthrose“, beides macht Sinn.

Wie komplex und patientenzentriert die Reha nach einer Knorpeloperation, konkret einer autologen Chondrozytentransplantation (ACT) verläuft, zeigte Physiotherapeut Wolfgang Schoch an einem Fallbeispiel. Er macht auch deutlich, dass Kassen in der Regel nicht die komplette Reha finanzieren. Physiotherapeuten, sollten ihren Patienten die Spätphase der Reha als Selbstzahlerleistung anbieten. Patienten nehmen dieses Angebot in aller Regel sehr gerne an.

Nach dem Vortrag von Markus Kinkelin, der zeigte, welche komplexen Auswirkungen selektive Muskelschwächen oder –verkürzungen auf das gesamte Muskelzusammenspiel und das Bewegungsverhalten haben können, bestätigte der ehemalige Triathlet und heutige Coach des Triathleten Nils Goerke die Bedeutung des funktionellen Trainings. Ohne differenzierte Befunde würden Sportler oft keine Lösung für ihre Probleme finden. Er machte aber auch auf ein anderes Phänomen, das Beschwerden erzeugt, aufmerksam. Physiotherapeuten würden künftig wohl immer mehr Patienten sehen, die sich nicht mehr schonen, weil sie unbedingt den nächsten Marathon laufen wollen oder sogar an einem Triathlon teilnehmen wollen und sich somit keinen Tag Pause können. Kinkelin selbst kennt die positive Wirkung eines trainingsfreien Tages, den er auch in der Zeit einlegte, in der er beim Iron Man auf Hawaii teilnahm. Frau Dr. Adlkofer, ehemalige Olympia-Seglerin, heute Neurobiologin bestätigte die Kraft des Abschaltens und kreativer Ruhephasen. Adlkofer sieht unsere Unfähigkeit, uns Auszeiten zu nehmen bei gleichzeitiger Reizüberflutung, Stichwort Smartphone, als eine Hauptursache für Burnout-Syndrome. Multitasking ist ein Mythos.

Fazit: Fitness bringt Gesundheit und Wohlbefinden Die Besucher des 2. Physiotags hatten sich richtig entschieden. Für zwei Vortragsblöcke wechselten sie aus den gut besuchten Hallen der FIBO ins Congress-Centrum Nord der Kölnmesse und gingen mit sehr guten Infos zu den Themen Ausdauer, Laufen, Arthrose und trainingsfreie Tage zurück in die Hallen der FIBO.

Die Physiotherapeuten waren 2014 die am stärksten wachsende Besuchergruppe bei der FIBO. Schön, wenn 2015 noch mehr von Ihnen auch den Physiotag besuchen.

Rosi Haarer-Becker, Uwe Harste

E-Mail: Rosi.Haarer-Becker@thieme.de

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Abb. 1 Die FIBO 2014 lockte 116.000 Fachbesucher und Fitness-Fans nach Köln. Abb. 2 Die Messe spiegelte das gesamte Spektrum von Fitness, Wellness und Gesundheit wider. Abb. 3 und 4 Krafttraining tut dem Organismus in jedem Alter gut, deswegen lautet die Botschaft von Thorsten Kreutz an die Physiotherapeuten: „Krafttraining für alle“. Abb. 5 Functional Training war eines der Trendthemen auf der FIBO 2014 und ebenfalls Teil des Vortrags von Markus Kinkelin. Abb. 6 Die drei Referenten des ersten Vortragsblocks Wolfgang Schoch, Professor Thorsten Kreutz und Georg Supp ließen keinen Zweifel an der Effektivität von Sport und Physiotherapie. Abb. 7 Der Trainer Markus Kinkelin, Triathlet Nils Goerke und die ehemalige Olympia-Seglerin Dr. Adlkofer referierten über die positive Wirkung des „Abschaltens“ und betonten, das Multitasking ein Mythos sei. (Fotos: R. Haarer-Becker, FIBO)

Buchtipps

„Pimp up your exercises“ – Übungen steigern und Sportler fordern

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(Foto: Meyer&Meyer)

Dieses Buch liefert abwechslungsreiche Übungen, die nicht unbedingt neu, aber durch die gezeigten Steigerungen in der Praxis gut anwendbar sind. Die Tipps dienen als Ergänzungsmöglichkeit zu den bereits existierenden Übungen, wenn diese keinen Fortschritt mehr bringen, sowie als „Aufpepper“ jeder Trainingseinheit.

Der Autor beschreibt in diesem Buch eine neue Methode, die auf die ganzheitliche Fitness des gesamten Körpers abzielt. Es werden Übungen zur Steigerung der Kraft, Ausdauer und Koordination dargestellt, von denen sowohl Fitnessmuffel als auch fortgeschrittene Kraftsportler, Leistungssportler, Rückenpatienten und Trainer in Sportvereinen oder Fitnessstudios profitieren können. Dies leistet die Vielfalt von Steigerungsmöglichkeiten. Für fast alle Übungen braucht man Hilfsmittel (z. B. Kreisel, Thera-Band, Airex-Kissen, Pezziball, Hanteln sowie ein Ballkissen). Das Ziel dieser Übungen ist es, eine Körperspannung aufzubauen und diese dann unbewusst in den Alltag einzubauen.

90 % des Buches sind mit Übungen gefüllt. Dies ist sehr positiv gegenüber anderen Übungsbüchern. Die Übungen an sich sind abwechslungsreich, klar dargestellt, gut beschrieben und durch die Steigerungsvarianten für jedes Trainingslevel anstrengend. Was fehlt, sind die Angaben zur Dauer oder Anzahl der Wiederholungen. Es heißt, man soll die Übung so lang wie möglich halten. Das liegt dann beim subjektiven Empfinden des Patienten oder Sportlers. Doch erfahrene Sportphysiotherapeuten können damit umgehen. Außerdem fehlen bei den Übungsbeschreibungen Aussagen zur Haltung oder worauf geachtet werden soll, wie z. B. bei den Liegestützen auf die korrekte Haltung der Wirbelsäule. Deshalb brauchen Laien bei den Übungen unbedingt die Anleitung eines Therapeuten. Auch als Hausaufgaben eignen sich die Übungen durch die Hilfsmittel nur bedingt.

Alles in allem ist das Buch eine super Ergänzung für Sportphysiotherapeuten, die neue Anregungen für Übungen brauchen.

Teresa Noth, Physiotherapeutin und erfahrene Gruppentrainerin

Hartmut Humburg:
SMART MUSCLE – Das Training für kräftige und intelligente Muskeln.
Meyer&Meyer Verlag 2013, 198 S., 18,95 €, als E-Book: 14,99 €
ISBN 978-3-89899-797-3

Sportverletzungen – Wissen für Fachleute und ambulante Physiotherapeuten

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(Foto: Spitta Verlag)

Wie der Titel des Buches schon verrät, stellt sich nicht nur jeder Spitzensportler, sondern auch der Breitensportler die Frage nach dem „Aus nach Sportverletzung?“. In dem Buch werden praxistauglich alle Fragen rund um die gängigsten Sportverletzungen und die chronischen Überlastungsschäden besprochen.

Dem Autor gelingt der Spagat zwischen den wichtigsten anatomischen Strukturen, den Verletzungsumständen, der Diagnostik, den eventuellen Operationstechniken und der für uns Therapeuten wichtigen Frage nach der aktuellen Therapie auf evidenzbasierten Daten.

Besonders gelungen sind die Beschreibungen einzelner Geschichten von den Sportverletzungen. Hier findet sich nicht nur der Therapeut, sondern auch der sportverletzte Patient wieder. Er kann praktisch nachlesen, dass auch ein Spitzensportler wie Mario Gomez nach einem Innenbandriss am Knie einige Wochen pausieren muss. Dieses Buch ist kein Fachbuch im klassischen Sinn. Es kommt mit wenig Bildern und Tabellen aus, und die besprochenen Themen verlaufen sich nicht in überflüssigen Details. Dieses Buch vermittelt dem Leser Hintergrundinformationen, sowohl über Sportverletzungen als auch über die immer häufiger vorkommenden chronischen Überlastungsschäden. Es richtet sich nicht nur an Sportphysiotherapeuten und Sportärzte, sondern ist auch für Therapeuten in der täglichen Praxis geeignet. Denn diese Therapeuten behandeln auch die Kreuzbandverletzten und den akuten „Tennisarm“ in der täglichen Praxis.

Durch sein kompaktes Format kann das Buch auch als Nachschlagewerk benutzt werden.

Fazit: Ein sehr gelungenes und kompaktes Buch über Sportverletzungen und chronische Überlastungsschäden, das ich allen Therapeuten in der täglichen Praxis und denjenigen, die mit Sportlern (auch Breitensportlern) und deren Verletzungen zu tun haben, uneingeschränkt empfehlen kann.

Thomas Sprenkel, selbstständiger Physiotherapeut, MT, OMT und Fachlehrer der Akademie für Handrehabilitation (AFH) aus Sögel

Karsten Knobloch:
Aus nach Sportverletzung?
Spitta Verlag 2013, 2. Aufl., 221 S., 29,80 €
ISBN: 9783941964297


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