PPH 2014; 20(05): 238
DOI: 10.1055/s-0034-1390250
Szene
Brunos Welt
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kaffee peppt

Bruno Hemkendreis
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Publication Date:
23 September 2014 (online)

Liebe Regine, lieber André, vielen Dank für die Grüße!

Nach meiner Rückkehr aus dem Urlaub wurde mir auf einer Station ein Kaffee angeboten. Dann stellte die nette Kollegin jedoch fest, dass die Kanne mit dem Aufkleber „Personalkaffee“ leer war. Aber es sei noch ganz viel Patientenkaffee übrig, der sei gar nicht so schlecht, meinte sie. Sie hatte Recht – und ich trinke ohnehin lieber etwas schwächeren Kaffee, damit mein essentieller Tremor nicht so auffällt.

Während ich den Kaffee trank, wurde eine Patientin entlassen. Sie verließ die Station bepackt mit zwei großen, weißen Plastiktüten mit dem Aufdruck „Patienteneigentum“. Ich musste sofort an Euren Gruß denken und darüber sinnieren, was wohl in der Tüte sei; und ob eigentlich die Patientenrechte in die gleiche Kategorie gehören würden.

Dabei erinnerte ich mich an folgende Begebenheit: Vor einigen Jahren kontaktierte ich wegen einer starken Erkältung eine Hausärztin, die, während ich meine Symptome schilderte, wortlos eine Spritze aufzog. Ich fragte sie dann, ob die für mich gedacht und was darin sei.

Sie antwortete: „Das ist eine Grippeimpfung für Sie!“. Ich erwiderte, dass ich einerseits doch gerne gefragt würde, ob ich eine Impfung möchte, andererseits solle man meines Wissens während eines akuten Infekts nicht impfen. Daraufhin geriet sie völlig außer sich: Sie habe nicht jahrelang Medizin studiert, um sich von einem Laien sagen zu lassen, was sie zu tun und zu lassen habe. Dann forderte sie mich auf, ihre Praxis umgehend zu verlassen.

Ich habe mich gefragt, ob die Patientenrechte sich eigentlich mit den Menschenrechten decken – eventuell nur auf dem Papier?

Aber zurück zum Kaffee, denn im Hinblick auf ihn ist in Zukunft zu befürchten, dass das neue Pauschalierende Entgeltsystem für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) mit den degressiven Vergütungen dazu führen könnte, dass die Qualität des Patientenkaffees mit zunehmender Verweildauer abnimmt.

Man muss keinen Kaffeesatz lesen, um voraussagen zu können, dass, wenn der bisherige feste Pflegesatz abgeschafft wird, auch der Kaffeesatz nicht verschont bleiben wird. Vielleicht soll das ja auch Neuroleptika sparen, weil doch Koffein Adenosinrezeptoren blockiert und es dadurch indirekt zu einer vermehrten Ausschüttung von Dopamin kommt.

Eventuell wird es gar keinen Patientenkaffee mehr geben, sondern qualitativ abgestuften beziehungsweise verdünnten „Fallgruppenkaffee“ bis hin zur untersten Stufe, dem Muckefuck (französisch Mocca faux für falschen Kaffee) für chronisch erkrankte und Langzeit-Patienten. Diese werden sich ja dann für die Kliniken nicht mehr lohnen.

Das heißt, spätestens nach einer Verweildauer von 32 Tagen haben die Kliniken den Kaffee auf.

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