Pneumologie 2015; 69(02): 86-88
DOI: 10.1055/s-0034-1391263
Fallbericht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Husten als seltenes Symptom einer Schrittmacherelektrodenperforation[*]

Cough as a Rare Symptom of a Pacemaker Lead Perforation
S. Steiner
1   St. Vincenz KH, Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Int. Intensivmedizin, Limburg/Lahn
,
P. O. Schueller
2   Klinik für Kardiologie und Pneumologie, MEDIAN Klinikum Flechtingen
,
D. Blondin
3   Institut für Diagnostische Radiologie, Städtische Kliniken Mönchengladbach
,
J. Winter
4   Universitätsklinikum Düsseldorf, Klinik für kardiovaskuläre Chirurgie, Düsseldorf
› Author Affiliations
Further Information

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Stephan Steiner
St. Vincenz Krankenhaus
Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Int. Intensivmedizin
Auf dem Schafsberg
65549 Limburg/Lahn

Publication History

eingereicht 24 October 2014

akzeptiert nach Revision 24 November 2014

Publication Date:
14 January 2015 (online)

 

Zusammenfassung

Husten stellt eines der häufigsten Symptome in der pneumologischen Praxis dar. Wir berichten über einen 60-jährigen Patienten, bei dem sich nach Implantation eines Herzschrittmachers ein immer wieder auftretender Husten einstellte. Die weitere Diagnostik zeigte eine Fehllage der ventrikulären Sonde mit Perforation. Nach Revision der Sonde konnte ein komplettes Sistieren der Symptomatik beobachtet werden.

Schlussfolgerung: Schrittmacherdysfunktion und/oder Sondenfehllage sollten als Differenzialdiagnose des Hustens bei Schrittmacherträgern in Betracht gezogen werden.


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Abstract

Cough is a common symptom in respiratory medicine. We report on a 60-year-old patient, who developed cough after pacemaker implantation. Diagnostic work up yielded malposition of the right-ventricular lead with penetration of the myocardium. Revision of the lead resulted in complete cessation of cough.

Conclusion: Pacemaker dysfunction and/or malposition of pacemaker lead should be considered in differential diagnosis of cough after pacemaker implantation.


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Husten ist eines der Leitsymptome von Lungenkrankheiten, kann aber auch im Rahmen unterschiedlichster extrapulmonaler Erkrankungen auftreten. Die Ätiologie des chronischen Hustens, der über eine Dauer von mindestens 8 Wochen definiert ist, bleibt zum Teil, trotz Nutzen sämtlicher zur Verfügung stehender diagnostischer Verfahren, unklar, was zu dem Begriff des idiopathischen chronischen Hustens geführt hat [1] [2]. Erwähnenswert ist, dass es sich dabei um eine Ausschlussdiagnose handelt.

Die Schrittmachertherapie stellt eine Standardtherapie bradykarder Herzrhythmusstörungen mit nur sehr geringer Komplikationsrate dar. Diese bestehen im Wesentlichen aus intraoperativen (Blutung, Perforation mit Perikardtamponade) und frühen postoperativen Komplikationen (Infektion, Nachblutungen in die Schrittmachertasche). Ferner können Stimulationen der Zwerchfelle und der Pektoralismuskulatur auftreten, die zunächst eine Schrittmacherneueinstellung [3] [4], in seltenen Fällen aber auch eine Korrektur der Sondenlage erforderlich machen. Wir berichten über einen 60-jährigen Patienten, der seit der Schrittmacherimplantation über einen „chronischen“ Husten klagte.

Kasuistik

Bei dem 60-jährigen ansonsten gesunden Patienten erfolgte eine DDD-R-Schrittmacherimplantation wegen Brady/Tachykardie-Syndrom intermittierendem Vorhofflimmern und bradykardem Sinusrhythmus. Wenngleich die Sondenplatzierung intraoperativ als schwierig eingestuft wurde, konnten normale Reizschwellen erreicht werden, Muskel- oder Zwerchfellzuckungen traten nicht auf. Etwa 6 Wochen später fand sich im Rahmen der Schrittmacherkontrolle eine Reizschwellenerhöhung im Ventrikel auf 7,5 Volt bei 1,0 ms. Der Patient klagte zudem erstmalig über ständigen Hustenreiz unter DDD-R-Stimulation, daher Umprogrammierung in AAIR Mode, kein Muskelzucken.

Über ein Jahr später erfolgt die stationäre Aufnahme in unserer Klinik. Der Patient klagt über retrosternale Missempfindungen und fühlt sich dadurch beim Atmen „beeinträchtigt“. Unter effektiver DDD-Schrittmacherstimmulation 7,5 Volt bei 1,0 ms (Ventrikel) reproduzierbares „Hüsteln“, auch nach Inhalation von Fenoterol (Berotec®) Dosier-Aerosol. Abgesehen von dem geschilderten zeitlichen Zusammenhang zwischen Schrittmacherimplantation und dem Auftretens des Hustens ergab sich anamnestisch kein Anhalt für dessen Ätiologie, insbesondere wurde kein stattgehabter Infekt angegeben. Die medikamentöse Therapie beinhaltete einen Betablocker, ein Diuretikum, ASS sowie ein Statin. Lange vor Beginn des Hustens wurde bereits ein ACE-Hemmer eingenommen.

Die Bodyplethysmografie ergab normale Atemwegswiderstände bei normaler Atemreserve, eine inhalative Provokationstestung ergab einen Normalbefund, sodass eine bronchiale Hyperreaktivität als Ursache des Hustenreizes ausgeschlossen werden konnte.

Die Echokardiografie zeigte eine abnorme Beweglichkeit der Ventrikelelektrode bei Verdacht auf Perforation. Der Befund konnte in der Computertomografie bestätigt werden ([Abb. 1]). Ein Perikarderguss konnte ausgeschlossen werden. Nach Revision der Sonde kam es zu einem kompletten Sistieren der Hustenanfälle. Diese sind auch nach einer Nachbeobachtungszeit von etwa 5 Jahren nicht mehr aufgetreten.

Zoom Image
Abb. 1a Röntgen-Thorax: Z. n. Anlage eines DDD-Schrittmachers mit Darstellung der Vorhofsonde. Die rechtsventrikuläre Sonde scheint im Bereich der Septums fixiert. b Computertomografie des Herzens: Verdacht auf Perforation der rechtsventrikulären Schrittmachersonde.

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Diskussion

Der vorliegende Fall demonstriert eindrücklich, dass eine Schrittmachersondendislokation bzw. Perforation zu „chronischem Husten“, welcher z. T. auch über viele Wochen toleriert wird, führen kann.

Fehlfunktionen von Herzschrittmachersystemen werden in der Differenzialdiagnose des Hustens häufig nicht berücksichtigt. Ebenso wenig ist bekannt, wie häufig Husten im Rahmen von Schrittmacherfehlfunktionen auftritt. Am häufigsten entsteht dabei ein Hustenreiz im Rahmen des so genannten „Zwerchfellzuckens“, welches durch SM-synchrone Stimulationen des Zwerchfelles über eine zwerchfellnah implantierte Sonde entsteht. Dies ist allerdings überwiegend bei der Implantation von CRT-Systemen (Platzieren einer Sonde zwerchfallnah im Koronarsinus) zu befürchten und wird außerdem intraoperativ überprüft. Im vorliegenden Falle konnte Zwerchfellzucken als Ursache des Hustens ausgeschlossen werden. Ferner kann die rechtsventrikuläre Stimulation zu einer Dyssynchronie oder einer funktionellen Mitralinsuffizienz mit konsekutiver Verschlechterung der Herzleistung führen. Auch dies kann Husten über einen pulmonalen Rückstau induzieren. Das sogenannte „Schrittmachersyndrom“, definiert durch eine Schrittmacher bedingte inadäquate Synchronisation zwischen atrialer und ventrikulärer Kontraktion, stellt eine weitere Ursache eines schrittmacherinduzierten Hustens dar [3] [4]. Eine Übersicht über potenzielle Ursachen eines schrittmacherinduzierten Hustens gibt [Tab. 1].

Tab. 1

Husten nach Schrittmacherimplantation – mögliche Ursachen (Pathomechanismen siehe Text).

Schrittmachersyndrom

Sondenperforation

Lungenstauung durch RV Pacing

funktionelle Mitralinsuffizienz

Zwerchfellzucken

Sondeninfektion mit pulmonaler Embolie

Im vorliegenden Fall kommen verschiedene Differenzialdiagnosen in Betracht. So wäre zunächst auch ein ACE-Hemmer assoziierter Husten denkbar, ein solcher konnte allerdings aufgrund des unmittelbaren Zusammenhanges mit der Schrittmacherstimulation („on-off-Phänomen“) ausgeschlossen werden. Ferner wäre, da die Symptomatik ausschließlich im Rahmen der ventrikulären Stimulation auftrat, prinzipiell auch eine Schrittmacher-induzierte Herzinsuffizienz, bedingt durch rechtsventrikuläre Stimulation mit pulmonaler Stauung und daraus resultierendem Husten denkbar. Unter Berücksichtigung der echokardiografisch normalen linksventrikulären Kontraktion erschien dies allerdings sehr unwahrscheinlich.

In dem berichteten Falle blieb die Genese des Hustens zunächst unklar. Nachdem o. g. Faktoren ausgeschlossen werden konnten, ergab sich unter Berücksichtigung der bildgebenden Diagnostik der Verdacht einer Elektrodendislokation. Aufgrund des Verlaufes und der Beschwerdefreiheit nach Sondenrevision gehen wir mit hoher Sicherheit von einem direkten Auslösen des Hustens durch die perforierte Sonde aus. Dabei ist, nach Durchsicht der Literatur, davon auszugehen, dass der Husten über eine Reizung perikardialer Hustenrezeptoren [2] durch die perforierte Sonde ausgelöst wurde. Anzumerken ist, dass Perforationen im Langzeitverlauf nach Schrittmacherimplantation sehr seltene Komplikationen (< 1 %, [5]) sind, die sowohl asymptomatisch, aber auch fulminant mit Entwicklung einer Perikardtamponade verlaufen können.


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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

* Die Kasuistik wurde im Rahmen des Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie 2010 präsentiert.


  • Literatur

  • 1 Morice AH, McGarvey L, Pavord I. Recommendations for the management of chronic cough in adults. Thorax 2006; 61: i1-i24
  • 2 Kardos P, Berck H, Fuchs KH et al. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zur Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit akutem und chronischem Husten. Pneumologie 2010; 64: 336-373
  • 3 Travill CM, Sutton R. Pacemakersyndrom. An iatrogenic condition. Br Heart J 1992; 68: 163-166
  • 4 Hargreaves M, Channon K. Mechanism of pacemaker induced cough. Br Heart J 1994; 71: 484-486
  • 5 Harcombe AA, Newell SA, Ludman PF et al. Late complications following permanent pacemaker implantation or elective unit replacement. Heart 1998; 80: 240-244

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Stephan Steiner
St. Vincenz Krankenhaus
Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Int. Intensivmedizin
Auf dem Schafsberg
65549 Limburg/Lahn

  • Literatur

  • 1 Morice AH, McGarvey L, Pavord I. Recommendations for the management of chronic cough in adults. Thorax 2006; 61: i1-i24
  • 2 Kardos P, Berck H, Fuchs KH et al. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zur Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit akutem und chronischem Husten. Pneumologie 2010; 64: 336-373
  • 3 Travill CM, Sutton R. Pacemakersyndrom. An iatrogenic condition. Br Heart J 1992; 68: 163-166
  • 4 Hargreaves M, Channon K. Mechanism of pacemaker induced cough. Br Heart J 1994; 71: 484-486
  • 5 Harcombe AA, Newell SA, Ludman PF et al. Late complications following permanent pacemaker implantation or elective unit replacement. Heart 1998; 80: 240-244

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Abb. 1a Röntgen-Thorax: Z. n. Anlage eines DDD-Schrittmachers mit Darstellung der Vorhofsonde. Die rechtsventrikuläre Sonde scheint im Bereich der Septums fixiert. b Computertomografie des Herzens: Verdacht auf Perforation der rechtsventrikulären Schrittmachersonde.