Zentralbl Chir 2016; 141(01): 37-44
DOI: 10.1055/s-0034-1396146
Originalarbeit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Implementierung der perioperativen WHO-Sicherheitscheckliste an einem Klinikum der Maximalversorgung – eine retrospektive Analyse

Implementation of the Perioperative WHO Safety Checklist at a Maximum Care Hospital – A Retrospective Analysis
T. O. Vilz
1   Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Bonn, Deutschland
,
T.-C. Günther-Lübbers
1   Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Bonn, Deutschland
,
B. Stoffels
1   Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Bonn, Deutschland
,
H. Lorenzen
2   Institut für Medizinische Biometrie, Informatik und Epidemiologie, Universitätsklinikum Bonn, Deutschland
,
N. Schäfer
1   Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Bonn, Deutschland
,
J. C. Kalff
1   Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Bonn, Deutschland
,
M. Overhaus
1   Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Bonn, Deutschland
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
27. Februar 2015 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund: In den letzten Jahren kam es weltweit zu einer deutlichen Zunahme von chirurgischen Eingriffen. Perioperativ traten in ca. 10 % der Fälle Komplikationen auf, die Mortalität lag bei etwa 0,5 %, die Hälfte dieser Probleme wurde hierbei als vermeidbar eingestuft. Mit Einführung einer perioperativen Checkliste durch die World Health Organization (WHO) im Jahre 2008 konnte eine signifikante Reduktion der Morbidität und Mortalität erreicht werden. Ziel dieser Studie war es, den Implementierungserfolg der Checkliste an einem Klinikum der Maximalversorgung über einen 3-Jahres-Zeitraum zu untersuchen und mögliche Probleme bei der Umsetzung zu analysieren und zu beheben. Patienten und Methoden: Zu verschiedenen Zeitpunkten (Einführungsphase, 5 Monate, 1 Jahr und 3 Jahre nach Implementierung) wurden insgesamt 358 Operationen untersucht. Zunächst wurden das Vorhandensein und die Bearbeitung der Checkliste sowie mögliche Einflussfaktoren auf die Bearbeitung genauer untersucht. Um mögliches perioperatives Fehlverhalten untersuchen zu können, wurde das Auftreten von 3 in der Literatur zur Patientensicherheit genannten typischen perioperativen Fehlern genauer analysiert. Ergebnisse: Das Vorhandensein der Checkliste verbesserte sich im Laufe der Studie signifikant. Mit Ausnahme der 1. Spalte (auszufüllen von der Stationsschwester) wurde die Prüfliste über die Zeit stetig häufiger von den beteiligten Disziplinen (Anästhesie Pflege, Anästhesist, Operateur) bearbeitet. Insgesamt blieb jedoch insbesondere die „sign-out“-Rubrik des Operateurs am Ende der OP hinter den Erwartungen zurück. Wir konnten im Rahmen der Studie zeigen, dass neben der Zeit nach Implementierung der Ausbildungsstand des Operateurs der wichtigste Einflussfaktor für eine korrekt ausgefüllte Checkliste war. Im Rahmen der Studie wurden 2 Fehlhandlungen aufgedeckt, bei keinem dieser Fälle war eine WHO-Prüfliste vorhanden. Schlussfolgerung: Im Rahmen der Studie konnte deutlich gemacht werden, wie schwierig die Implementierung einer perioperativen Checkliste an einer Klinik der Maximalversorgung ist. Es muss daher jeder beteiligte Mitarbeiter über die Sinnhaftigkeit der Prüfliste aufgeklärt und für den Umgang motiviert werden. Zusätzlich muss eine Sensibilisierung über regelmäßige Fortbildungen, Trainingsveranstaltungen sowie Vorbildfunktion verschiedener Mitarbeiter erfolgen. Ziel muss es sein, die Checkliste zum operativen Alltag zu machen, da sie ein effizientes und einfaches Mittel zur Senkung der Morbidität und Mortalität ist.

Abstract

Background: In recent years there has been a significant increase of surgical procedures worldwide. Perioperative complication occurred in approximately 10 %, mortality was about 0.5 %. Half of these adverse events were considered to have been preventable. With the introduction of a perioperative checklist by the WHO in 2008, a significant reduction of morbidity and mortality could be achieved. The aim of this study was to investigate the success of the implementation process of the checklist at a maximum care hospital over a three-year period and to expose and analyse any occurring issues. Patients and Methods: At various time points (introduction phase, five months, one year and three years after implementation) a total of 358 operations was investigated. First the presence and the handling of the checklist were investigated followed by an analysis of possible influencing factors on the processing. To examine a potential perioperative malpractice, three typical perioperative errors known from the literature on patient safety were analysed. Results: The presence of the checklist improved significantly during the study. With the exception of the first column (signed by ward nurse) the checklist was processed more often among the participants (anaesthesia nurse, anaesthesia physician, surgeon) over the time. However the “sign out” column edited by the surgeon at the end of the operation fell below expectations. In addition to the duration after implementation the level of experience of the surgeon was a relevant factor for a properly completed checklist. During the study a malpractice was found in two cases, a checklist could not be detected.

Conclusion: Within the study we could demonstrate the difficulties of introducing a surgical checklist at a maximum care hospital. Therefore involved nursing or medical staff must be aware of the usefulness of the checklist and should be motivated to use it. In addition, periodical lectures, training courses and role modelling of nursing and medical staff are required. The objective must be to establish the checklist into daily routine as it is a simple and efficient tool to reduce perioperative morbidity and mortality.